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b) Einschränkung der Haushaltsausnahme für Internet und soziale Medien

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Der EuGH schränkt die Haushaltsausnahme ein, wenn und soweit der persönlich/familiäre Bereich überschritten wird und personenbezogene Daten grundsätzlich unbeschränkt auf einer Webseite, in Printmedien oder sozialen Netzwerken veröffentlicht werden. Konkret entschieden hat der EuGH im Fall Lindqvist, dass die Haushaltsausnahmen keine Anwendung findet, wenn eine Katechetin personenbezogene Daten auf ihrer Webseite veröffentlicht, die mit der Webseite ihrer Kirchengemeinde verbundenen ist.63 Im Fall Satamedia hat der EuGH entschieden, dass die Veröffentlichung von Steuer- und Einkommensinformationen konkret benannter Personen aus öffentlich zugänglichen Quellen durch eine juristische Person in regionalen Printmedien nicht der Haushaltsausnahme unterfällt.64 Mit dem Urteil Buivids hat der EuGH entschieden, dass die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts nicht durch die Haushaltsausnahme ausgeschlossen ist, wenn Handyvideos von polizeilichen Vernehmungen auf Online-Videoportalen (konkret: www.youtube.com) veröffentlicht werden.65 Gelegentlich wird auch das EuGH-Urteil im Fall Zeugen Jehovas dieser Rechtsprechung zugeordnet, auch wenn es hier nicht um einen Online-Kontext geht, sondern um die Anwendbarkeit des Datenschutzrechts und die Unanwendbarkeit der Haushaltsausnahme für Tätigkeiten einer Religionsgemeinschaft, konkret „Verkündungstätigkeiten von Tür zu Tür“.66

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Die Rechtsprechung des EuGH bezieht sich auf die Wortgleiche Regelung der Haushaltsausnahme in der DSRl. Eine Fortsetzung dieser Rechtsprechung ist weder nach dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO zwingend, noch aus Gründen des Betroffenenschutzes erforderlich. Gegen unberechtigte Veröffentlichungen personenbezogener Daten durch Private sind Betroffene nämlich angemessen nach den Maßstäben des allgemeinen Zivil- und Strafrechts geschützt.67 Teilweise wurde daher bezweifelt, ob der EuGH mit Inkrafttreten der DSGVO noch an seiner Rechtsprechung festhalten würde.68 Spätestens mit dem EuGH-Urteil Buivids69 ist jedoch davon auszugehen, dass die Kriterien des EuGH zur Einschränkung der Haushaltsausnahme auch künftig angewendet werden. Diese Rechtsprechung des EuGH ist damit für die Rechtspraxis genauso verbindlich wie problematisch. Damit wird nämlich das gesamte Anforderungsregime der DSGVO für Private anwendbar. Vor dem Tweet von Fotos einer privaten Feier müsste danach wohl eine Information gemäß Art. 13 DSGVO erfolgen und für die Nutzung von Instagram – auch im privaten Kontext – müsste sich der Nutzer wohl Gedanken über den Abschluss einer Vereinbarung über die Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28 DSGVO oder die gemeinsame Verantwortlichkeit gemäß Art. 26 DSGVO und die Kontrolle der technisch-organisatorischen Maßnahmen machen.

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Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des EuGH stellt sich die Frage, welche Sachverhalte öffentlicher medialer Kommunikation durch Private nicht mehr von der Haushaltsausnahme erfasst sind, sodass auf sie das Datenschutzrecht insgesamt Anwendung findet. Für den Betrieb von Webseiten und damit ggf. verbundene Veröffentlichungen personenbezogener Daten besteht wegen der klaren Entscheidung in dem EuGH-Urteil Lindqvist70 wenig Anlass zur Diskussion. Hier findet das Datenschutzrecht Anwendung. Relevant ist aber die Anwendung der Haushaltsausnahme auf andere Formen der Kommunikation im Internet, konkret in sozialen Medien wie Facebook, Instagram, Twitter oder YouTube. Dazu wird vertreten, die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten in sozialen Netzwerken sei von der Haushaltsausnahme erfasst, wenn sie sozial beherrschbar sei, weil der Empfängerkreis definiert und begrenzt sei, etwa weil sich diese nur an „Freunde“ aus dem engeren sozialen Umfeld richte.71 Gegen diese Ansicht sprechen damit einhergehende Abgrenzungsschwierigkeiten, also konkret die Frage, wann ein Empfängerkreis nicht mehr definiert und begrenzt ist.

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Andere wollen daher die Grundsätze des EuGH-Urteils Lindqvist72 revidieren und Veröffentlichungen in sozialen Medien grundsätzlich der Haushaltsausnahme unterstellen und damit vom Anwendungsbereich des Datenschutzrechts ausnehmen.73 Für diese Ansicht spricht die erkennbare Intention des europäischen Gesetzgebers, der die Haushaltsausnahme in Kenntnis der technischen Ausgestaltung des Internets und sozialer Netzwerke ausdrücklich auf Online-Tätigkeiten und Tätigkeiten in sozialen Netzwerken erstreckt hat.74 Deutlich wird das aus dem Vergleich mit dem Entwurf des Parlaments in dem noch eine vermittelnde Position angelegt war, indem die Haushaltsausnahme gelten sollte, wenn der Kreis der Empfänger voraussichtlich begrenzt ist. Diese Fassung wurde aber gerade nicht verabschiedet.75 Dieser Ansatz vermeidet auch problematische rechtliche Konsequenzen, die sich daraus ergeben, dass in der Konsequenz der Einschränkung der Haushaltsausnahme Anforderungen des Datenschutzrechts und der Datenschutz-Organisationspflichten systemwidrig in den persönlich/familiären Bereich erstreckt werden. Der Ansatz überzeugt also inhaltlich, kann vor dem Hintergrund des insoweit eindeutigen EuGH-Urteils Buivids,76 praktisch jedoch keinen Bestand haben. Danach sind Veröffentlichungen auf YouTube nämlich gerade nicht von der der Haushaltsausnahme erfasst und fallen in den Anwendungsbereich der DSGVO. Das ist insofern konsequent, als Veröffentlichungen auf YouTube und in anderen sozialen Netzwerken ähnlich wie Veröffentlichung auf einer Webseite im Fall Lindqvist77 unbeschränkt öffentlich zugänglich sein können.

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Zweckmäßig und vor dem Hintergrund der praktischen Probleme der Erstreckung des Anwendungsbereichs der DSGVO in den Bereich privater Datenverarbeitung geboten ist daher eine klare und den Anwendungsbereich der Haushaltsausnahme möglichst erhaltende Anwendung von Art. 2 Abs. 2 lit c DSGVO für soziale Medien unter gleichzeitiger Berücksichtigung der EuGH-Urteile Lindqvist78 und Buivids.79 Für Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken kann daher mit der Art.-29-Datenschutzgruppe zunächst festgehalten werden, dass die DSGVO natürlich auf Betreiber von sozialen Medien Anwendung findet und auf Nutzer, wenn diese soziale Medien zu gewerblichen Zwecken nutzen.80 Insofern ist einzig der objektiv erkennbare Zweck der Nutzung ausschlaggebend. Für die Nutzung zu privaten Zwecken gilt die Haushaltsausnahme, soweit objektiv erkennbar ein privater Zweck verfolgt wird, z.B. der Post eines Fotos von einer privaten Feier. Eine Rückausnahme ist nur dann zu machen, wenn der Empfängerkreis völlig unbegrenzt ist und über den Nutzerkreis des sozialen Netzwerks hinaus frei im Internet abrufbar ist.

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