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b) Sekundärrecht
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Verordnungen
Für Verordnungen liegt die Möglichkeit einer unmittelbaren Anwendbarkeit durch die in Art. 288 Abs. 2 S. 1 AEUV angeordnete „allgemeine Geltung“ und ihren Charakter als Rechtsvorschriften, die in den Mitgliedstaaten ohne Transformation gesetzesgleich wirken, auf der Hand.[78] Gleichwohl kommt es auch hier auf den konkreten Inhalt der Verordnung, insbesondere die hinreichende Bestimmtheit, an.[79] Neben der Möglichkeit der unmittelbaren Anwendbarkeit im vertikalen ist auch jene im horizontalen Verhältnis allgemein anerkannt.[80]
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Richtlinien I
Grundsätzlich abzulehnen ist demgegenüber die unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien, die (vgl. Art. 288 Abs. 3 AEUV) dem nationalen Gesetzgeber, im Sinne von Subsidiarität, Rücksichtnahme auf nationale Rechtsstrukturen und Verhältnismäßigkeit, hinsichtlich der Art und Weise („Wie“) der Erreichung des unionsrechtlich vorgegebenen Ziels („Ob“) einen Spielraum belassen und ihrem Wesen (zweistufiger Rechtsakt) nach auf mitgliedstaatliche Umsetzung ausgerichtet sind.[81] Individuelle Rechtspositionen werden hier grundsätzlich durch den nationalen Umsetzungsakt vermittelt. Der EuGH geht jedoch – mit Billigung des BVerfG[82] – davon aus, dass Richtlinienbestimmungen nach Ablauf der Umsetzungsfrist[83] ausnahmsweise unmittelbar anwendbar sind, soweit sie erstens hinreichend genau und unbedingt sind, sodass sie im Einzelfall ohne weitere Umsetzungsmaßnahme angewandt werden können[84], und zweitens nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in nationales Recht umgesetzt wurden.[85] So kann eine Umsetzungsnachlässigkeit oder -verweigerung der Mitgliedstaaten sanktioniert werden. Um Mitgliedstaaten keinen Vorteil durch ihre Säumigkeit zu verschaffen, wird eine unmittelbare Anwendbarkeit jedoch nur zugelassen, wenn sie sich nicht belastend für die Bürgerin bzw. den Bürger auswirkt.[86] Einer unmittelbaren Anwendbarkeit steht es freilich nicht entgegen, wenn sich mittelbar-reflexartig aus der Anwendung einer Richtlinie gegenüber einer staatlichen Stelle negative Folgen für Dritte ergeben.[87]
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Richtlinien II
Eine unmittelbare Drittwirkung unter Privaten (horizontale unmittelbare Anwendbarkeit) ist für nicht ordnungsgemäß umgesetzte Richtlinien sehr umstritten, wird aber von der h. M., insbesondere der Rechtsprechung, zutreffend verneint.[88] Diese Unterscheidung ergibt sich zwar noch nicht aus dem Wortlaut des Art. 288 Abs. 3 AEUV.[89] Entscheidend ist aber, dass die benachteiligende Anwendung einer Richtlinie auf eine natürliche oder juristische Person, an die sich die Richtlinie nicht originär wendet und die zudem auf ihre Umsetzung keinerlei Einfluss hat, rechtsstaatlichen Bedenken begegnet.[90] Diese lassen sich auch nicht mit dem Verweis beseitigen, dass Private bloß so gestellt werden, wie sie bei einem unionsrechtskonformen Verhalten des Mitgliedstaates stünden.[91] Auch der Sanktionsgedanke gegenüber dem säumigen Staat lässt sich hier für eine unmittelbare Wirkung nicht fruchtbar machen. Durch die Verneinung einer horizontalen Drittwirkung sind Private gleichwohl nicht schutzlos gestellt. Kompensatorische Funktion kommt regelmäßig einem weiten Staatsbegriff und damit einem weiten Anwendungsbereich der vertikalen Konstellation,[92] der richtlinienkonformen Auslegung[93] und dem unionsrechtlichen Staathaftungsanspruch[94] zu.[95]
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Beschlüsse, Empfehlungen, Stellungnahmen
Für individualgerichtete Beschlüsse der Union legt Art. 288 Abs. 4 AEUV ihre unmittelbare Anwendbarkeit im vertikalen Verhältnis nahe.[96] Für staatengerichtete Beschlüsse lassen sich Parallelen zur Richtlinie bilden: Für eine unmittelbare Anwendbarkeit zulasten des Staates kommt es im Einzelfall darauf an, ob eine Umsetzungsfrist verstrichen ist und die Beschlussvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind.[97] Eine unmittelbare Anwendbarkeit in der horizontalen Konstellation ist auch hier abzulehnen.[98] Empfehlungen und Stellungnahmen fehlt es gemäß Art. 288 Abs. 5 AEUV an der Verbindlichkeit und damit auch an der inhaltlichen Unbedingtheit. Ihnen kann daher jedenfalls für sich genommen keine unmittelbare Anwendbarkeit zukommen.[99]