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b) Flexibilitätsreserven

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Art. 4 Abs. 2 EUV als Einfallstor?

Zuletzt hat der EuGH kleine Flexibilitätsreserven aufgezeigt. Insbesondere hat der Gerichtshof mehrfach betont, dass die Union die nationale Identität gemäß Art. 4 Abs. 2 EUV achte.[151] Dies kann ein unionsrechtlich eröffnetes Einfallstor für mitgliedstaatliche Besonderheiten sein, denen in der einzelfallbezogenen Abwägung Vorrang gegenüber dem Dogma der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts[152] eingeräumt werden kann.[153] So anerkannte der EuGH etwa das Adelsaufhebungsgesetz als Teil des österreichischen Republikprinzips[154] und begriff Regelungen zum Schutz der Amtssprache[155] und zur innerstaatlichen Kompetenzverteilung[156] als Teile nationaler Identität im Sinne des Art. 4 Abs. 2 EUV. Zuletzt billigte er eine Abweichung von der zur wirksamen Vollziehung des Unionsrechts eigentlich gebotenen Nichtanwendung nationaler Verjährungsregeln, da damit ein Verstoß gegen das – in der italienischen Verfassung verankerte und sodann als Grundsatz des Unionsrechts vom EuGH internalisierte – Gesetzmäßigkeitsprinzip als Grundprinzip des Strafverfahrens im Raum stand.[157] Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Rechtsprechungslinie einer mitgliedstaatlichen margin of appreciation[158] – rechtlich eine produktive Verarbeitung des mitgliedstaatlichen Rechts innerhalb des Unionsrechts,[159] in der Sache freilich durchaus eine partielle Zurücknahme des Vorranganspruchs[160] – fortsetzen wird.

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