Читать книгу Handbuch des Verwaltungsrechts - Группа авторов - Страница 305

a) Absoluter Vorrang des Unionsrechts

Оглавление

28

Absoluter Vorranganspruch

Die EU nimmt für ihre eigene Rechtsordnung einen absoluten, umfassenden und unbegrenzten Vorrang vor dem mitgliedstaatlichen Recht in Anspruch. So kommt etwa auch unionsrechtlichem Sekundärrecht Vorrang vor mitgliedstaatlichen Verfassungsbestimmungen zu.[137] Diese Position hat der EuGH wohl schon im Urteil van Gend & Loos, im Anschluss an die Rechtsauffassung der Kommission, vertreten.[138] Allerdings bestand erst im Urteil Costa/ENEL[139], dem „inneren Selbstgründungsakt“[140] der EU (bzw. früheren EWG/EG), die Notwendigkeit, diese Position auch explizit zu machen.

29

Effektivität als Begründungsfolie

Der EuGH reagierte mit diesem Akt beherzter Rechtsfortbildung[141] auf ein bis dahin erhebliches Umsetzungsdefizit des europäischen Rechts.[142] Zur Begründung verweist er darauf, dass die Mitgliedstaaten durch ihre Zustimmung zu den Europäischen Verträgen einen Teil ihrer Hoheitsrechte an die Union übertragen und eine eigene, autonome Rechtsordnung begründet haben.[143] Diese Unabgeleitetheit der Unionsrechtsordnung mag notwendige Bedingung für einen Vorranganspruch sein, hinreichend ist sie jedoch nicht.[144] Für Verordnungen verweist der EuGH weiter auf den heutigen Art. 288 Abs. 2 EUV und die dort angeordnete „allgemeine Geltung“.[145] Abseits von Verordnungen verbleibt zur Begründung aber allein der Verweis des EuGH darauf, dass nur ein einheitlicher Vorrang die Funktionsfähigkeit der Union, die gleichmäßige Umsetzung in allen Mitgliedstaaten und damit auch die „Gleichheit vor dem (europäischen) Gesetz“[146] sicherstellt.[147] Dieses Argument ist in der Sache plausibel. Es ist indes nicht zwingend, aus diesem systeminternen Argument einen Anspruch auf einen rechtsordnungsübergreifenden Vorrang vor dem mitgliedstaatlichen Recht herzuleiten.[148] In der Theorie verbleibt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Einschätzung des EuGH nicht zu teilen und das Verhältnis in der nationalen Rechtsordnung anders zu regeln.[149] Bei Lichte besehen erweist sich der durch die Union postulierte Vorrang somit eher als pragmatisch motiviert (Funktionsfähigkeit der EU) denn als dogmatisch fundiert.[150]

Handbuch des Verwaltungsrechts

Подняться наверх