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1. Geltung
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Keine Konfliktvermeidung auf Kompetenzebene
Die Anwendung einer Kollisionsnorm setzt zunächst die Gültigkeit der kollidierenden Normen voraus,[105] insbesondere müssen diese kompetenzgemäß erlassen sein. Angesichts der kaum bestehenden exklusiven Kompetenzzuweisung im Verhältnis zwischen Union und Mitgliedstaaten kommt einer solchen vorrangigen[106] „Konfliktvermeidung kraft Kompetenzausscheidung“[107] indes – anders als etwa im Verhältnis zwischen Bundes- und Landesrecht[108] – kaum Relevanz zu.[109] Für Unionsrechtsakte gilt dies zudem deshalb, weil diese nach der Rechtsprechung des EuGH eine Gültigkeitsvermutung trifft und der EuGH sich das Verwerfungsmonopol vorbehält.[110]
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Ausschließliche und geteilte Zuständigkeiten
Im Hinblick auf mitgliedstaatliche Regelungen wird allerdings teilweise angenommen, dass diese ohne Kompetenzgrundlage erlassen und damit ungültig sind, wenn sie in einen Bereich ausschließlicher (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 AEUV) oder geteilter (konkurrierender) (Art. 2 Abs. 2 i. V. m. Art. 4 Abs. 1 und 2 AEUV) Zuständigkeit der Union fallen, sofern und soweit die Union von dieser Kompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat.[111] Richtig ist, dass den Unionskompetenzen insoweit – für die ausschließlichen Zuständigkeiten – per se[112] bzw. – für die geteilten Zuständigkeiten – jedenfalls durch ihre Inanspruchnahme eine Sperrwirkung beizumessen ist. Richtigerweise hat jedoch auch in diesem Bereich keine mit einer Kompetenzaufgabe verbundene, echte Kompetenzübertragung der Mitgliedstaaten stattgefunden,[113] sodass die Gültigkeit des nationalen Rechts unberührt bleibt.[114] Auf dieser Grundlage erlassene Rechtsnormen werden jedoch abstrakt – unabhängig von einem inhaltlichen Widerspruch im Einzelnen – unanwendbar.[115] Man kann insoweit von einem kompetenzhierarchischen[116] oder bereichsspezifischen Vorrang sprechen.