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Personelle Verflechtungen: von Hawaii nach Sibirien
ОглавлениеDas Wissen um die Vorstöße von rivalisierenden Staaten und Expeditionen verband viele der Entdeckungsreisen miteinander. Verknüpfungen zwischen den einzelnen Reiseunternehmungen gab es auch auf personeller Ebene. Nicht nur bestand die Equipe auf diesen Schiffen und Landexpeditionen aus Angehörigen verschiedenster Staaten, also aus bunt zusammen gewürfelten Mannschaften. Manche Personen nahmen sowohl an Britischen wie auch Russischen Entdeckungsreisen teil. So war beispielsweise der Engländer Joseph Billings (1758–1806) auf der 3. Reise von James Cook (1776–1780) dabei, die im Auftrag der Britischen Admiralität stattfand: Auf dieser Fahrt wurde eigens der Nordpazifik bereist und ein schiffbarer Weg, der den Nordpazifik mit dem Atlantik verbindet, die sogenannte Nordwestpassage, gesucht. Wetterbedingt blieb dieser Vorstoß ergebnislos. Aufgrund der bei dieser Reise gewonnenen Expeditionserfahrung übertrug die Zarin Katharina II. Joseph Billings die Leitung einer russischen wissenschaftlichen Expedition zur weiteren Erkundung des Nordpazifiks. Diese fand von 1785–1794 statt und diente vor allem der Kartographierung der Tschuktschen-Halbinsel, der Beringstraße, der Inselkette der Aleuten und der Westküste Alaskas. Der Amerikaner John Ledyard (1751–1789) war ebenfalls auf der dritten Cookschen Weltreise mit dabei gewesen. Danach trampte er abenteuerlustig von St. Petersburg bis nach Jakutsk, das fast 5.000 Kilometer östlich von Moskau liegt. Dort stieß er auf die Expedition von Joseph Billings und schloss sich ihr für kurze Zeit an.
Selbst zwei Deutsche nahmen als Matrosen an der dritten Reise von James Cook teil: Johann Heinrich Zimmermann (1741–1805) und der nur wenig bekannte Barthold Lohmann (Uhlig 2004:128). Der aus Wiesloch (Baden-Württemberg) stammende Zimmermann war von Beruf Gürtler und heuerte als Matrose auf der Discovery an. Er führte während der Reise Tagebuch über seine Erfahrungen und Erlebnisse, trotz striktem Verbot der britischen Admiralität. Persönlich ermuntert durch Georg Forster, der an der zweiten Reise Cooks (1772–1775) teilgenommen hatte, veröffentlichte er seine eigentlich unerlaubten Aufzeichnungen nach seiner Rückkehr. Auf dieser dritten Weltreise kam bekanntlich James Cook ums Leben. Zimmermann, selbst nicht Augenzeuge der tragischen Ereignisse auf Hawaii im Februar 1779, hielt das fest, was ihm andere Mitglieder der Mannschaft berichtet hatten. Die Autorin Gudrun Bucher gibt Einblick in die aufschlussreichen Aufzeichnungen dieses deutschen Seemanns. Zimmermann nahm später an einer Reise nach Indien teil, seine geplante Teilnahme an einer Expedition in den Nordpazifik scheiterte aufgrund von Kriegsereignissen und finanziellen Schwierigkeiten des Organisators.
Während Deutschland nicht direkt an den Vorstößen des 18. Jahrhunderts in die Südsee und den Hohen Norden beteiligt war, so gab es dennoch eine Reihe von internationalen Beziehungen, sei es von Herrscherhäusern, sei es von Wissenschaftlern, die an der Erforschung bislang unbekannter Gebiete und der politischen und wirtschaftlichen Expansionen Europas direkt und indirekt mitwirkten. Dafür gab es berühmte Beispiele wie die bereits genannten Naturforscher Johann Reinhold und Georg Forster auf der 2. Weltumsegelung von James Cook (1772–1775) oder den Arzt Carl Heinrich Merck, der an der von Katharina II. von Russland in Auftrag gegebenen Billings-Expedition zur Erforschung der nordostsibirischen Küste, der pazifischen Inseln und Alaskas teilgenommen hatte. Ein weiterer bekannter Deutscher, Gerhard Friedrich Müller (1705–1783), nahm als Historiker von 1733–1743 an der Zweiten Kamtschatka-Expedition teil (Bucher 2002). Auch auf dieser Ebene zeigt sich, wie vielfältig verwoben die Vorstöße unterschiedlicher europäischer Staaten in bis dahin unbekannte und weit voneinander entfernt liegende Gebiete waren.