Читать книгу Die Entdeckung des Nordpazifiks - Gudrun Bucher - Страница 23
Оглавление8 ZUFALLSFUND MIT FOLGEN
Fischhaken wurden auf Hawaii üblicherweise aus Perlmutt, Hundeknochen, menschlichen Knochen, Walzähnen, Schildkrötenpanzern oder Holz angefertigt. Manchmal dienten aber auch Hundezähne, Vogelknochen sowie Waloder Schweineknochen als Rohmaterial zu ihrer Herstellung. Man unterscheidet zusammengesetzte Angelhaken von solchen, die aus einem Stück bestehen. Für die beiden Angelhaken Oz 225 und Oz 226 wurde Perlmutt verarbeitet und mit einem Widerhaken versehen. Oz 227 ist aus Knochen gefertigt mit einem geraden Schenkel, an dessen Außenseite direkt unter der Spitze sich ein Widerhaken befindet. Die beiden Angelhaken Oz 228 und Oz 229 bestehen aus zwei Knochenstücken, die mit einer Schnur aus Pflanzenmaterial zusammengebunden sind. Der Widerhaken befindet sich jeweils auf der inneren Seite des Hakens. Angeln war eine von vielen Methoden des Fischfangs auf den Inseln des Hawaii Archipels. Fische wurden aber auch mit Speeren, Fallen oder Netzen gefangen. Da es nur zu vorher festgelegten und eingeschränkten Zeiten des Jahres gestattet war, bestimmte Fischarten zu fangen, konnten sich die Bestände nach der Phase des intensiven Fangs wieder erholen. Fischfang war die Arbeit von Spezialisten po’e lawai’a, die ihre Kenntnisse und Fähigkeiten der Herstellung von Fangwerkzeug nur innerhalb der eigenen Familie weitergaben.
Haushaltsgegenstände von Hawaii sind in den Sammlungen des 18. Jahrhunderts nur spärlich vertreten. Die fünf Angelhaken in der Göttinger Sammlung gehen auf die dritte Reise von James Cook zurück und stammen damit aus der Zeit vor den ersten Kontakten mit Europäern. Insgesamt wurden von dieser Reise etwa 25 Angelhaken mitgebracht, die weltweit auf verschiedene Museen verteilt sind.
Es muss doch einen nördlichen Seeweg geben!
Die europäische Entdeckung Hawaiis und die Erkundung der amerikanischen Nordwestküste sind eng mit der Suche nach dem nördlichen Seeweg vom Atlantik zum Pazifik, entlang der amerikanischen Nordküste, der sogenannten Nordwestpassage verbunden. Gelehrte, Kaufleute und Seefahrer waren gleichermaßen von der Vorstellung einer nördlichen Durchfahrt besessen. Die Abkürzung zu den Gewürzinseln und nach China musste einfach existieren! Seitdem Spanien und Portugal im Vertrag von Tordesillas im Jahr 1494 die Welt unter sich aufgeteilt hatten, suchten die aufstrebenden Seemächte England und die Niederlande nach der Nordroute, da ihnen die Wege um Kap Hoorn oder um das Kap der Guten Hoffnung durch Spanien bzw. Portugal versperrt waren. Aber selbst für Spanien bot die Nordwestpassage einen Anreiz: Würde Spanien die Passage vor Großbritannien finden, bedeutete dies nicht nur einen Zugewinn an Prestige, sondern das spanische Königreich besäße dann mit der Magellanstraße und der Nordwestpassage zwei Zugänge zu den fernöstlichen Reichtümern. Die Rivalität zwischen England und Spanien bestand schon lange. Bereits während der Regierungszeit der englischen Königin Elisabeth I. (1558–1603) war der spanische Anspruch auf die westliche Küste Amerikas nicht unangefochten geblieben, wie die Weltumsegelung von Francis Drake in den Jahren 1577–1580 zeigte. Als Korsar plünderte er im Auftrag der Königin spanische Schiffe vor der Küste Südamerikas und drang, bevor er sich auf den Rückweg nach England begab, so weit wie möglich nach Norden vor. Seinen nördlichsten Punkt an der amerikanischen Küste taufte er „New Albion“.
England suchte zunächst von der Atlantikseite aus nach der Passage und tastete sich langsam von der Hudson Bay über Land nach Westen vor. In Konkurrenz dazu fanden vergleichbare französische Aktivitäten statt. Aufgrund zweier Berichte aus dem 16. und 17. Jahrhundert vermutete man den pazifischen Eingang zur Nordwestpassage viel zu weit südlich, nämlich zwischen 47° und 60° Nord (vgl. Olson 2004, S. 2, Williams 2002, S. 132, Gough 2012, Bucher 2013). Da alle Versuche ergebnislos blieben, erwog man im 18. Jahrhundert, von der pazifischen Seite aus nach der Nordwestpassage zu suchen. Und kein anderer Seefahrer schien geeigneter für diese Aufgabe zu sein als James Cook.
James Cook sucht nach der Nordwestpassage …
So kam es, dass Cook – kaum zurück von seiner zweiten Weltumsegelung (1772–1775) – den Auftrag annahm, nach der Nordwestpassage zu suchen. Da es sich während seiner zweiten Reise bewährt hatte, mit zwei Schiffen unterwegs zu sein, wurden dem berühmten Kapitän auch für die Suche nach der Nordwestpassage zwei der robusten Frachtschiffe aus Whitby zur Verfügung gestellt: Die generalüberholte Resolution sowie ein ähnliches Schiff, das neu gekauft wurde und den Namen Discovery erhielt. Leider war die Überholung der Resolution nicht so gründlich erfolgt, wie es nötig gewesen wäre, was Cook ein paar Jahre später zum Verhängnis wurde …
Streit mit Gelehrten würde es auf dieser dritten Reise zumindest nicht geben, denn Cook hatte dafür gesorgt, dass keine an Bord waren. Zu sehr hatten die Auseinandersetzungen mit Johann Reinhold Forster und seinem Sohn Georg an seinen Nerven gezerrt. Aber auf Bilder wollte man dennoch nicht verzichten, so erhielt ein junger Künstler die Chance seines Lebens: John Webber (s. Kap. 12) wurde als Expeditionsmaler engagiert.
Im Juli 1776 begann James Cooks dritte große Expedition, die ihn zunächst zu den schon bekannten Inseln der Südsee führte. Aufgrund verschiedener Verzögerungen konnte er mit seinem eigentlichen Auftrag, der Suche nach dem „Hintereingang“ zur Nordwestpassage, erst Ende 1777 beginnen.
Auf dem Weg Richtung Norden kam am 24. Dezember 1777 plötzlich Land in Sicht: eine unbewohnte Insel, der Cook den Namen „Christmas Island“ gab und die Gelegenheit bot, Weihnachten mit Delikatessen wie frischem Fisch und Schildkröten zu feiern.
… und findet stattdessen Hawaii
Da Eile geboten war, hielt Cook sich nicht lange auf „Christmas Island“ (heute Kiritimati, Line Islands) auf. Am 18. Januar 1778 stieß die Expedition erneut auf Land, das auf keiner Karte verzeichnet war, möglicherweise aber bereits zweihundert Jahre zuvor von Juan Gaetano gesichtet wurde, als dieser in spanischen Diensten den Pazifik durchquerte. Für die Bewohner der Inseln hatte erst die Entdeckung durch Cook gravierende Folgen und für den berühmten Kapitän sollte der neue Archipel zum Schicksal werden. Cook taufte die Inselgruppe nach seinem Förderer, dem ersten Lord der Admiralität, Earl of Sandwich „Sandwich Islands“, das heutige Hawaii. Cook sichtete zunächst die Inseln O’ahu, Kaua’i und Ni’ihau. Als er sich am östlichen Ende von Kaua’i befand und sich zu fragen begann, ob diese Inseln, wie Christmas Island unbewohnt seien, kamen ihm Menschen in Booten entgegen und geleiteten ihn zur Mündung des Flusses Waimea. Mit Verblüffung registrierte er, dass er sich mit den auf Tahiti und Tonga erlernten Worten einigermaßen verständigen konnte. Mit Hawaii hatte Cook die nördliche Spitze des polynesischen Dreiecks entdeckt. Neuseeland und die Osterinsel als die anderen zwei Spitzen des Dreiecks waren bereits bekannt. Vermutlich war Hawaii zwischen 700 und 800 nach Christus von den Marquesas bzw. den Gesellschaftsinseln aus besiedelt worden.
An der Mündung des Waimea ankerte Cook für einige Tage und legte einen zweiten mehrtägigen Stopp vor der Insel Ni’ihau ein. Da er bereits ein gesamtes Jahr hinter dem ursprünglichen Zeitplan lag, setzte Cook die Fahrt schon am 2. Februar 1778 nach Norden fort, merkte sich die Inseln aber als möglichen Ort für eine Überwinterung.