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1.6 Es ist nicht alles Gold, was glänzt

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Geographische Spekulationen und wirtschaftlicher Ehrgeiz waren die Kennzeichen der drei Reisen von Martin Frobisher (1535–1594) in den Jahren 1576, 1577 und 1578. Mit jeder neuen Expedition traten geographische Entdeckungen gegenüber den wirtschaftlichen Interessen mehr und mehr in den Hintergrund. Frobishers erster Versuch, die Nordwestpassage zu finden, wurde weitgehend von der Company of Cathay finanziert. Insgesamt 18 Investoren brachten 875 Pfund zusammen und ließen davon zwei Schiffe eigens für die Suche nach der nördlichen Route Richtung China bauen. Die beiden Dreimaster Gabriel und Michael (ca. 20 bzw. 25 Tonnen und eine Besatzung von 15 Mann) wurden von einer Pinasse (ca. 10 Tonnen, 4 Mann Besatzung) begleitet. Die Expedition wurde mit den modernsten verfügbaren Karten ausgestattet, darunter Mercators Weltkarte aus dem Jahr 1569 und Ortelius’ Weltatlas von 1570. Im Juni 1576 waren die Vorbereitungen abgeschlossen und Frobishers Suche nach der nordwestlichen Durchfahrt konnte beginnen (Abb. 1.3, Farbtafel).

Leider sind die Instruktionen für Frobishers erste Reise nicht erhalten geblieben, aber vermutlich lautete seine Aufgabe, die Straße von Anián zu erreichen, die auf 60° N eingezeichnet war – zumindest war dies der Kurs, den Frobisher verfolgte. Frobisher oblag das Oberkommando über die Expedition. Jedes der Schiffe hatte einen eigenen Kapitän: Christopher Hall kommandierte die Gabriel und Owen Griffyn die Michael.

Am 11. Juni 1576 kam Land in Sicht. Das, was Frobisher sah, hielt er für das Frisland der Brüder Zeno, tatsächlich handelte es sich aber um die Südspitze Grönlands. Als die drei Schiffe die Davisstraße überquerten, gerieten sie in einen heftigen Sturm, dem die Pinasse mitsamt Crew zum Opfer fiel (Williams 2009, S. 18). Die beiden verbliebenen Schiffe verloren sich aus den Augen. Die Michael kehrte am 1. September nach London zurück und berichtete dort, die Gabriel sei verschollen.

Frobisher hatte jetzt nur noch ein einziges Schiff, dennoch gab er nicht auf. Er erreichte die Ostküste Grönlands etwas nördlich von Cape Farewell, hielt das Land aber für Frisland auf der fiktiven Karte von Nicolo Zeno. Mit vier Männern versuchte Frobisher in einem Boot an Land zu rudern, aber sie fanden keine geeignete Stelle für ihren Landgang, obwohl sie mehrfach versuchten, die „monstrous great islands of ise which lay dryving all alongst the coast therof“2 zu durchdringen (Stefansson 1971, S. cv). Da Nebel aufkam, ließen sie von ihrem Vorhaben ab, fuhren nach Süden und gerieten in einen Sturm, der beinahe zum Verlust von Schiff und Mannschaft führte. Frobisher wollte sein Vorhaben aber unter keinen Umständen aufgeben, er war bereit: „rather to make a sacrifice onto God of his lyfe than to return home without the discovery of Kathay except by compulsion of extreme force and necesity“3 (zit. nach Stefansson 1971, S. cv). Am 28. Juli sah er erneut Land, das er für Labrador hielt. Frobisher hatte den Eindruck, sich am Eingang einer großen Wasserstraße zu befinden, und nannte die Landspitze südlich davon Elizabeth’s Foreland. Es handelte sich dabei um Resolution Island am Eingang zur Hudsonstraße (Williams 2009, S. 18). Christopher Hall untersuchte eine der vorgelagerten Inseln (Little Hall Island), auf der er einen Brocken schwarzen Gesteins fand. In der Hoffnung, es könne sich um Seekohle handeln, nahm er es mit an Bord, was zu weitreichenden Konsequenzen in der Zukunft führen sollte (Williams 2009, S. 18).

Frobisher untersuchte die Bucht hinter den Inseln, die er für eine Straße hielt, nämlich für die gesuchte Passage zum Pazifik. Er nannte sie nach sich selbst Frobisherstraße (heute Frobisher Bay). Nachdem sie 150 Meilen hineingefahren waren, sichteten sie Feuer sowie weitere Zeichen menschlicher Aktivitäten. Sie gingen an Land, um zu schauen, was dort war. Von einem Hügel aus sah Frobisher Männer in kleinen Lederbooten auf sie zukommen (Williams 2009, S. 20). So kam es zu einer Begegnung mit Inuit, die in den Augen der Crew asiatisch aussahen und damit bestätigten, dass sie tatsächlich in Asien waren und es auf der Westroute erreicht hatten. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein bis zu den Reichtümern Chinas. Es kam zur vorsichtigen Annäherung, zwischen den Inuit und den Engländern und zum Austausch von Geschenken. Ein Inuk schien zuzustimmen, als Lotse fungieren zu wollen, um den Fremden zu zeigen, wie sie zum offenen Meer gelangen würden, das man, hatte man die Straße hinter sich gelassen, in zwei Tagen erreichen könne. Das Beiboot brachte den Inuk an Land, damit er sein Kajak holen könne. Fünf Mann von Frobishers Besatzung waren im Boot mit der Anweisung, unter keinen Umständen an Land zu gehen, aber als sie um eine Landspitze ruderten, gerieten sie außer Sicht. Was dann geschah ist nicht bekannt. Offenbar landeten sie freiwillig oder gezwungenermaßen und wurden von den verbliebenen Engländern nie wieder gesehen. Die Stelle, wo sie verschwunden waren, wurde Five Men’s Sound genannt und die Geschichte ihrer vermeintlichen Entführung wurde als Beispiel der Hinterlist und Blutrünstigkeit der Eskimo angesehen (Williams 2009, S. 20).

Nach dem Verschwinden seiner fünf Männer nahm Frobisher eine Geisel. Als ein Inuk sich dem Schiff in seinem Kajak näherte, um Handel zu treiben, wurde er mitsamt Kajak aus dem Wasser gehievt. Es kam nicht zum erhofften Austausch, so dass Frobisher sich entschied, seine Geisel mit nach England zu nehmen, als Beweis dafür, dass er ein entferntes, fremdes Land besucht hatte. Er war nur noch 20 Meilen vom Ende der Bucht entfernt gewesen, was er aber nicht wusste. Da seine Crew nun fünf Mann weniger zählte, das Beiboot fehlte und es anfing zu schneien, entschloss er sich, nach England zurückzukehren (Williams 2009, S. 21).

Ende September 1576 erreichte die Gabriel die Orkneyinseln und am 6. Oktober segelte Frobisher die Themse hinauf. Man war sehr erfreut und erstaunt, da man die Gabriel nach der Rückkehr der Michael bereits als verloren betrachtet hatte. Frobisher war zwar nicht durch die Passage gesegelt, hatte aber mit der von ihm entdeckten Straße doch zumindest ihren Eingang gefunden. Frobisher war der gefeierte Held, es wurden Porträts von ihm und Michael Lok, dem Hauptfinanzier und Fürsprecher der Expedition, angefertigt, sowie ein kleineres von Hall und dem entführten Inuk, der aber kurz nach der Ankunft in England starb (Williams 2009, S. 21) (Abb. 1.4, Farbtafel).

Freudig wurde Frobishers Bericht in London aufgenommen und man glaubte sich dem Ziel, der nördlichen Durchfahrt, jetzt sehr nahe. Da man die Passage schon fast für gefunden hielt, stand fest, dass es eine weitere Reise geben würde, um zu vollenden, was man so erfolgreich begonnen hatte. Bei den Planungen zeigte sich deutlich, dass wirtschaftliche Interessen die geographischen ausgestochen hatten. Das Stück Stein, das Hall von Little Hall Island mitgebracht hatte, wurde von mehreren Erzprüfern für wertlos gehalten, einer aber war der Ansicht, dass die Probe Gold enthalte. Das führte dazu, dass die Suche nach der Nordwestpassage in den Hintergrund trat und eine Expedition in Begleitung eines Schiffes Ihrer Majestät und finanziert von offiziellen Geldgebern entsandt wurde, um mehr von diesem Erz zu holen. Erkenntnisgewinn musste zugunsten des Profits in den Hintergrund treten und damit war die Triebfeder für die zweite Reise eine rein ökonomische.

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