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1.1 Italiener in englischen Diensten

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Die Motivation zur Suche nach einer nördlichen Durchfahrt war also zunächst eine rein wirtschaftliche. So wundert es auch nicht, dass die frühen Expeditionen meist von Konsortien verschiedener Kaufleute finanziert wurden, die sich einen gewissen Profit aus den Reisen erhofften.

Giovanni Caboto (um 1450–1498) stammte aus Genua und hatte ähnlich wie Kolumbus die Idee, auf der Westroute – allerdings weiter nördlich als Kolumbus – zu den Gewürzinseln vorzudringen. Weder in Italien noch in Spanien oder Portugal fand er Unterstützung für seinen Plan. Darum trug er, zwei Jahre nachdem Kolumbus glaubte, Westindien entdeckt zu haben, dem englischen König Heinrich VII. sein Anliegen vor und schaffte es, ihn für seine Ideen zu begeistern. Heinrich VII. stellte ihm einen Schutzbrief aus, der ihn ermächtigte: „to sail to all parts, regions and coasts of the eastern, western and northern sea, under our banners, flags and ensigns …“1. Er änderte seinen Namen in John Cabot und begann mit den Vorbereitungen. Finanzielle Unterstützung erhielt er von Kaufleuten aus Bristol. Im Mai des Jahres 1497 war es so weit. John Cabot stach mit einem kleinen Schiff namens Matthew (50 Tonnen) und einer Crew von 18 Mann in See. Vermutlich war sein Sohn, Sebastian Cabot, mit an Bord. Von dieser Reise ist bedauerlicherweise keine direkte Quelle in Form eines Tagebuchs oder wenigstens einer Landkarte überliefert. Man kann den Verlauf aber aus verschiedenen brieflichen Mitteilungen rekonstruieren. Als wichtigste Quelle für Cabots erste Reise gilt ein Brief von John Day an Kolumbus, der erst im Jahr 1996 im Archivo General de Simancas entdeckt wurde (vgl. Henze). Wahrscheinlich hat Cabot nach 35 Tagen, in denen er von Irland aus nach Westen segelte, erstmals Land gesehen. Einem der Briefe zufolge glaubte er, das Land des Groß-Khans erreicht zu haben, ein anderer Briefschreiber behauptet, er habe die Insel der Sieben Städte gesehen. Cabot taufte das Land Prima Terra Vista und eine große Insel in der Nähe erhielt den Namen des Tagesheiligen, St. John. Tatsächlich hatte er vermutlich die Küsten von Nova Scotia und Neufundland erreicht. Es ist nicht eindeutig geklärt, ob Cabot vielleicht sogar bis an die Küste Labradors gelangt war. Auf jeden Fall ist seine Reise ein erstes Beispiel für die unglaublichen Selbsttäuschungen, die die Suche nach der Nordwestpassage prägten. Häufig erwies sich die Phantasie der Entdecker stärker als jede Realität. So sah auch Cabot Zeichen dafür, dass er bewohntes Land vor sich hatte, traf aber die Bewohner nicht an. Und obwohl Cabot nur Bäume und einfache Hinterlassenschaften fand, glaubte er fest an die Reichtümer, die weiter im Landesinneren zu entdecken wären. Zur Überprüfung blieb ihm keine Zeit, weil die Vorräte knapp wurden und er deshalb umkehren musste.

Am 6. August 1497 war er wohlbehalten nach England zurückgekehrt, wo man dem Ausländer mit Skepsis begegnete, da er weder Seide, Gewürze noch Gold mitgebracht hatte. Da Cabot aber Männer aus Bristol an Bord hatte und man diesen vertraute, glaubte man schließlich auch ihm und er erhielt nicht nur eine jährliche Pension, sondern gleichfalls ein vom König ausgerüstetes Schiff für weitere Entdeckungsreisen. Zusätzlich finanzierten Kaufleute aus London und Bristol vier weitere Schiffe, mit denen er erneut in die von ihm gesichtete Region vordringen und dieses Mal unbedingt die erwarteten Reichtümer mitbringen sollte. Immerhin hatte er nach seiner ersten Fahrt über große Mengen von Kabeljau in den Gewässern vor seiner neu entdeckten Küste berichtet: Man brauche nur einen Korb ins Wasser zu halten und könne ihn kurze Zeit später wohlgefüllt an Bord ziehen. Diese Nachricht wurde begeistert aufgenommen und sorgte dafür, dass nun auch englische Schiffe zu den Küsten Neufundlands zum Kabeljaufang fuhren.

John Cabot war genau wie Kolumbus davon ausgegangen, dass Indien am westlichen Rand des Atlantiks liegen müsse, wenn die Erde kugelförmig sei. Dass noch ein ganzer Kontinent dazwischen lag und ihm den Weg versperrte, wusste er nicht, obwohl er ja selbst Teile davon gesehen hatte, die er aber für Asien hielt. Grönland war in seinen Augen ein vorgeschobener Teil von Asien und Neufundland eine Insel vor der asiatischen Küste.

Im Mai des Jahres 1498 startete Cabot seinen zweiten Versuch, die nördliche Route zu den Gewürzen und anderen Reichtümern zu finden, dieses Mal gleich mit fünf Schiffen. Die Erwartungen in England waren hoch: Schließlich wollte Cabot Cipango (alte Bezeichnung für Japan) erreichen, was er für die Heimat aller Gewürze der Welt hielt und wo es Juwelen zuhauf gäbe. Fünf Schiffe seiner Flotte verließen Bristol und nur eines kehrte zurück und erreichte in Seenot gerade noch die irische Küste. John Cabot hingegen wurde nie wieder gesehen. Die Suche nach dem nördlichen Seeweg hatte nun schon im 15. Jahrhundert ihre ersten Opfer gefordert.

Sein Sohn, Sebastian Cabot (1484?–1557), war auf Cabots erster Reise im Sommer 1497 mit an Bord gewesen, ob er sich später in den Jahren 1508–1509 an der Suche nach der nordwestlichen Durchfahrt beteiligte, bleibt zweifelhaft. Es sind keine Originalquellen vorhanden, die die von ihm selbst aufgestellte Behauptung, hoch im Norden nach der Passage gesucht zu haben, belegen würden. Sebastian Cabots Erfolge als Entdecker liegen in Südamerika, denn er war der Erste, der den Paraná und den Paraguay in den Jahren 1526 bis 1530 befuhr, womit die Erschließung der Flüsse ins Innere Südamerikas ihren Anfang nahm. Außerdem gehörte er zu den Mitbegründern der Company of Merchant Adventurers, aus der 1555 die Muscovy Company hervorging, die sich aktiv an der Suche nach einer östlichen Durchfahrt beteiligte. Zwar waren die ersten Versuche, die Nordroute zu den Gewürzinseln zu nehmen, gescheitert, die Idee hatte sich aber in den Köpfen festgesetzt und der Glaube an das Vorhandensein einer Nordwestpassage erwies sich während der nächsten 400 Jahre trotz hoher Verluste an Schiffen und Menschenleben als unerschütterlich.

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