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Frobishers dritte Reise 1578
ОглавлениеDie Planungen für Frobishers dritte Reise begannen gleich im nächsten Frühjahr (1578). Das Projekt wurde von Woche zu Woche immer ehrgeiziger. Letztlich wurden 15 Schiffe, was einem Zehntel der gesamten englischen Handelsflotte entsprach, damit beauftragt, noch mehr von dem Erz zu holen – 400 Mann Besatzung, von denen 100 in Hütten am Strand überwintern sollten, um weiter Erz abzubauen, während die Hauptflotte zurück nach England fahren sollte. Ziel dieser ersten englischen Kolonie in der Neuen Welt wäre allerdings nicht die dauerhafte Besiedlung, sondern nur der Abbau von Erz gewesen. Und all das, obwohl noch gar nicht mit Sicherheit festgestellt worden war, ob das bereits nach England geschaffte Gestein genügend Metall enthielt, um den Abbau rentabel zu machen. Spanien beobachtete das gesamte Unternehmen mit Argwohn und hatte offenbar sogar einen Spion an Bord eingeschleust (Williams 2009, S. 25). (Abb. 1.5)
Die eigentliche Suche nach der Nordwestpassage spielte nun gar keine Rolle mehr. Die Flotte verließ England im Juni 1578. In der Nähe der Öffnung zur Frobisherstraße gerieten die 15 Schiffe in driftendes Eis und starke Winde. Der Bericht von Geoffrey Best darüber war einer der ersten Berichte in Englisch über die Bedrohung von Schiffen im Eis. Eines der Schiffe sank: Die Denys „received such a blowe from a rocke of ise, that she sunke downe therewith, in the sighte of the whole fleete“.5 Die Crew konnte gerettet werden, aber das Baumaterial für das Winterhaus befand sich an Bord des gesunkenen Schiffes. Da nun das gesamte Baumaterial verloren war, musste der Plan einer Überwinterung aufgegeben werden (Williams 2009, S. 26). Die einzelnen Schiffe der Flotte verloren einander in dichtem Nebel aus der Sicht. Sie glaubten in die Frobisherstraße hineinzufahren, stellten aber nach einiger Zeit fest, dass sie sich geirrt hatten, und nannten die Bucht, in die sie fälschlicherweise geraten waren, Mistaken Strait. Später zeigte sich, dass Frobishers Mistaken Strait die Hudsonstraße war, die den Eingang zur Hudson Bay bildet, was damals natürlich noch nicht bekannt war. Best schrieb, dass Frobisher beeindruckt von der Breite der neuen Straße und von der Stärke der Tide gewesen sei und „hath since confessed that, if it had not bin for the charge and care he had of ye fleete and fraughted shippes, he both would and could have gone through to the south sea“6 (zit. nach Williams 2009, S. 27).
Abb. 1.5: Vier Ansichten eines einzigen Eisbergs. Zeichnung von Thomas Ellis, der an Frobishers Reise von 1578 teilnahm.
Am 17. Juli klarte es auf und sie konnten endlich ihre Breite bestimmen. Sie stellten fest, dass sie ein Grad zu weit südlich waren. Vier Schiffe waren, geleitet von Hall, sowieso schon abgedreht, der Rest der Flotte folgte nun, um die Insel Kodlunarn, die sie damals Countess of Warwick nannten, aufzusuchen. Erneut gab es Schwierigkeiten mit Eis und extrem niedrigen Temperaturen, den Matrosen gefror sogar die Kleidung am Leib. Das Erz aus dem gefrorenen Boden zu holen war überaus mühsam (Wiliams 2009, S. 27f.). Sie gruben bis zum 22. August und bauten ein kleines Steinhaus, das sie mit einigem Tand sowie einem Ofen und gebackenem Brot ausstatteten. Dies sollte ein Freundschaftszeichen für die Inuit sein, weil sie erstaunt waren, dass sich niemand von ihnen zeigte, während sich Hunderte bewaffneter Männer dort zu schaffen machten. Da die Engländer in diesem Fall deutlich in der Überzahl und gut bewaffnet waren, wundert es eigentlich gar nicht, dass die Inuit sich möglichst versteckt hielten. Voller Überzeugung glaubten Frobishers Leute, dass das englische Gebäude den arktischen Winter bestens überstehen würde. In ungebremstem Optimismus und Verleugnung der Härte des arktischen Klimas säten sie auch noch Getreide aus, um zu beweisen, wie fruchtbar der Boden dort sei. Die Männer glaubten offenbar, dass sie bald, vermutlich sogar schon im nächsten Jahr nach Kodlunarn Island zurückkehren würden, um noch mehr von dem goldhaltigen Erz zu holen.
Insgesamt hatten sie jetzt schon 1250 Tonnen Erz nach England geschafft. Bald stellte sich allerdings heraus, dass das Gestein kein Gold enthielt, es handelte sich dabei nur um Pyrit, das seither auch fools gold (dt. Narrengold) oder auf Deutsch auch Katzengold genannt wird. Alle waren maßlos enttäuscht, das Unternehmen entpuppte sich als gewaltige Fehlinvestition. Die neuen Öfen wurden nur ein Jahr nach ihrem Bau aufgegeben, das Gestein wurde verwendet, um Straßen zu reparieren und um Mauern zu bauen. „Some of it can still be seen today, glistening when the light catches it“7 (Williams 2009, S. 29).
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war dies die größte Expedition mit der höchsten Anzahl von Schiffen und Männern, die in die Arktis geschickt wurden. Zwei Schiffe waren verloren gegangen und 40 Männer kostete die Expedition das Leben. Dennoch war es gemessen an den Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt, eine beeindruckende Leistung, die da Ende des 16. Jahrhunderts vollbracht wurde (Williams 2009, S. 29).
Wenn die geographischen Entdeckungen von Martin Frobisher auch zugunsten der Gold-Euphorie in den Hintergrund getreten waren, so wurden sie dennoch in neuen Landkarten dokumentiert. Schon 1578 erschienen gleich zwei Karten. Auf der Karte von George Best ist die Frobisherstraße nördlich von Amerika als direkte Verbindung nach China eingezeichnet. Sie geht in die schmalere Straße von Anián über, die wiederum in den Pazifik führt. Unmittelbar am Ausgang der Straße von Anián wurden die Molukken eingezeichnet, um zu implizieren, wie einfach es wäre, sie zu erreichen, sobald man die Frobisherstraße durchquert hat. Die Motivation, weiter nach der Durchfahrt zu suchen, wurde durch diese Karte angeheizt (Williams 2009, S. 30). Die zweite Karte stammt von Jane Baere. Auf ihr wird eine Verbindung zwischen der Frobisherstraße und der Mistaken Strait dargestellt, bevor Kathay erreicht wird. Vermutlich zeigen beide Karten aus Geheimhaltungsgründen nur wenige Details. Richard Hakluyt, der höchst aktive halboffizielle Dokumentar von Reiseberichten, gab zu, dass er navigatorische Details von Bests eigentlicher Vorlage entfernt habe (Williams 2009, S. 30) (Abb. 1.6).
Abb. 1.6: George Bests Karte von 1578. Die „Frobußhers Straightes“ ist hier als direkte Verbindung nach „Cathaia“ (China) eingezeichnet.