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Überfall auf einen Leuchtturm

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Mein Ziel war der Leuchtturm von Kap Bojador. Aber was wollte ich in dieser öden, verlassenen und trostlosen Gegend?

Als ich 1954 in Liberia als Plantagenarzt gearbeitet hatte, ließ ich mir aus Hamburg Seekarten von der Westküste Afrikas schicken. Auf einer dieser Karten stand – mit Bleistift nachgetragen – zu lesen, daß am Kap Bojador ein „Feuerträger“ im Bau sei. 1955 dann passierte ich mit meinem Einbaum unfreiwillig diesen Feuerträger, der damals bereits ein stattlicher Leuchtturm war. Ob man ihn auch in Betrieb genommen hatte, vermochte ich nicht zu sagen, denn ich segelte am hellen Tage an ihm vorbei. Menschliche Spuren konnte ich nicht entdecken. Später in Deutschland fiel mir eine Zeitungsnotiz in die Hände:

4. Dez. 57 Leuchtturm überfallen

Madrid. Marokkanische Freischärler haben den Leuchtturm auf Kap Bojador, 50 km südwestlich der spanischen Besitzung Sidi Ifni, überfallen. Die beiden Leuchtturmwärter und ihre Familienangehörigen sind spurlos verschwunden. Im Innern des ausgeplünderten Gebäudes wurden Blutspuren gefunden.“ Marokkanische Freischärler waren es sicher nicht, die den Überfall auf dem Kerbholz hatten, sondern wohl gewöhnliche Banditen. Ich kenne Marokko gut. Als ich 1952 in Französisch-Marokko, das damals noch nicht frei war, Araber behandelte, lernte ich nur gemeine, hinterlistige und rücksichtslose Überfälle auf unbewaffnete Freunde verschiedener Nationalität kennen. Heute mag die marokkanische Regierung Herr der Lage sein, wer jedoch will den Nomaden der Sahara gebieten?

Hier leben uralte, nie ganz eingedämmte Traditionen wieder auf! Die Erinnerung an den Namen „Barbareskenküste“ wird wach, an Sklaven, Überfälle, Erpressung und kalt berechneten Mord. Wenn die Friedfertigsten aller Friedfertigen, die Leuchtturmwärter, überfallen werden, dann ist das gemeinste und abscheulichste Barbarei.

In Las Palmas erinnerten sich noch ältere Fischer der Zeiten um 1930, da sie beim Fischen von der Saharaküste aus beschossen wurden. Wie wenig sich an der Lebensweise der Araber jener Gegenden geändert hat, zeigt die Geschichte des Monsieur Saugnier, der mit seinem Schiff „Deux Amis“ dort strandete. Er fiel in die Hände der Nomaden, die ihn als Sklaven mehrfach weiterverkauften, bis ihn schließlich der Sultan von Marokko erwarb und über Tanger nach Europa zurücksandte. Saugnier schrieb über die Nomaden: „Diese Leute sind hundearm, besitzen nichts und leben nur von dem, was sie finden oder stehlen können. Da der Boden sie nicht ernähren kann, greifen sie nach allem, was besser als eine Laus aussieht.“

Während meines früheren Aufenthaltes in der Sahara hatte mir ein alter Scheich beim Tee verraten, daß in seinem Dialekt die Begriffe „frei sein“ und „stehlen“ durch das gleiche Wort wiedergegeben werden …

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