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Ist ein Kamelhöcker ein Wassertank?

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Einer der Mauren lud mich ein, seine Jaima, sein Zelt, zu besuchen. Der Leutnant fuhr mich in seinem Jeep über eine kaum erkennbare Piste und später querfeldein zu dem versteckt liegenden Zelt, in dem noch die letzten Spuren eines frisch geschlachteten Schafes zu sehen und zu riechen waren. Kleine Fleisthstücke dörrten, auf eine Schnur gereiht, in der Sonne. Der Maure zeigte mir mit berechtigtem Stolz seinen Besitz: vier verschleierte Frauen, eine Unmenge von schmutzigen Kindern, 50 Dromedare und ödes Land, soweit das Auge reichte. Zuweilen verkaufte er seine Dromedare als Braten auf die Kanarischen Inseln – zum Preise von rund 270 DM das Stück.

Kamele und Dromedare sind erst in historischer Zeit aus Kleinasien nach Afrika eingewandert, als die Pferde sich in der unfruchtbar gewordenen Sahara nicht mehr halten konnten. Diesen Tieren sagte man früher nach, sie könnten bis zu drei Wochen in der Wüste marschieren, ohne trinken zu müssen; man glaubte, sie besäßen einen Wassertank im Magen oder gar im Höcker.

In Wirklichkeit sind Kamele und Dromedare ebensowenig wie der Mensch in der Lage, Wasser zu tanken; wie er können sie nur ein Flüssigkeitsdefizit auffüllen. Ein Dromedar ist einmal dabei beobachtet worden, wie es in zehn Minuten 120 Liter Wasser trank und sein vorher vollkommen „abgemagerter“, weil eingetrocknet gewesener Körper die Flüssigkeit so schnell aufnahm, daß er zusehends beleibter wurde.

Kamele und Dromedare haben im Gegensatz zum Menschen verschiedene physiologische Eigenschaften, die sie für das Leben in der Wüste besonders geeignet machen: so können sie Harnstoff konzentrierter ausscheiden – vielleicht sogar auch Kochsalz, denn sie fressen mit Wonne Seetang. Während die Temperatur des Menschen auch in der Hitze ungefähr gleich bleibt, wechselt sie bei den Kamelen und Dromedaren ganz erheblich; morgens kann sie plus 34 Grad Celsius betragen und in der Mittagshitze 41 Grad, höher steigt sie allerdings nicht mehr. Der Vorteil liegt auf der Hand: die Wüstenschiffe schwitzen auf diese Weise weniger und sparen Flüssigkeit. Zusätzlich beziehen sie indirekt Wasser aus ihren Höckern, die vorwiegend aus Fett bestehen: beim Abbau des Fettes wird ja Wasser frei. Das gilt für Menschen wie für Tiere; aus 1000 Gramm Fett können beide etwa 1070 Gramm Wasser gewinnen. Ein weiterer Vorteil der Wüstentiere: ihre Haare isolieren besonders gut gegen Hitze. Die Araber und die Nomaden der Wüste wissen das genau und stellen daher ihre Wollkleidung meist aus Kamelhaar her.

Der Mensch hat sich physiologisch der Wüste nicht anpassen können. Verliert er dort mehr als 12 v. H. seines Körpergewichts durch Transpiration – in trockener, heißer Luft kann er theoretisch in 24 Stunden bis zu 28 Liter Körperflüssigkeit abgeben –, so muß er einen dramatischen, qualvollen Tod erleiden: seine innere Hitze steigt, sein Blut wird zähflüssig und klebrig, sein peripherer Kreislauf wird verstopft. In feuchtem, gemäßigtem Klima wird ihm hingegen ein mehr als 15%iger vorübergehender Verlust des Körpergewichtes nicht unbedingt ernstlich schaden.

Bei Dromedar und Kamel ist es anders: selbst wenn sie durch Hunger und Durst bis zu 25 v. H. leichter werden, verdickt sich ihr Blut nicht. Auch Tiere, die sich zum Winterschlaf verkriechen, können ein Drittel ihres Gewichtes durch Wasserverlust einbüßen, ohne dabei richtig krank zu werden.

Die Dromedare, diese Fernlaster der Wüste, wissen genau, wo Wasser zu finden ist. Haben sich die Nomaden in der Wüste verirrt, so überlassen sie ihnen daher vertrauensvoll die Führung und die Suche nach der nächsten Wasserstelle, und die Tiere gehen selbst dann unbeirrt ihren Weg, wenn eine trügerische Fata Morgana sie auf falsche Fährte locken will.

Stehen Dromedaren gute Weideplätze zur Verfügung, so brauchen sie nicht zu trinken: im Gras ist genügend Wasser enthalten. In heißester Wüste müssen auch sie alle drei bis vier Tage etwas zu trinken bekommen.

Wahre Durstkünstler sind die amerikanischen Beutelmäuse und die Känguruhratten der Wüste, deren Urin sofort nach Verlassen des Körpers „erstarrt“ – so salzhaltig ist er. Ähnlicher Vorzüge erfreuen sich andere Wüstentiere: Sandschlangen, Erdhörnchen oder Gazellen, die weniger Schweißdrüsen als andere Tiere besitzen und zum anderen Wasser gewinnen, indem ihr Körper das Futter oxydiert.

Aber der Mensch ist weder ein Kamel noch eine Känguruhratte, die sich zudem während der heißen Tagesstunden in ihrem Erdloch verkriecht; er kann nicht von ihnen lernen, wie man am besten mit wenig Wasser haushält.

Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln

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