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Der „Admiral von Montmartre“ geht auf Weltreise

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Als ich nach zweieinhalb Tagen den südlichsten Punkt der langen Landnase, die Villa Cisneros trägt, umrundete, sah ich inmitten einiger Fischerboote eine entmastete Yacht, die mir sofort bekannt vorkam. Am Spiegel konnte ich schließlich den Namen „Morwak“ ausmachen. Mir wurde flau: die Yacht gehörte einem französischen Ehepaar, das ich in Las Palmas kennengelernt hatte! Was machte sie hier?

Sie sah trostlos aus: über und über mit leeren Ölfässern bedeckt und von Ketten und Tauwerk umschlungen! Das Ruder gebrochen! Zerkratzt und zerschunden die weiße, frisch gestrichene Außenhaut! Das schmucke Boot mit der blauen Künstlermarkise, das um die Welt segeln wollte, hatte also hier Schiffbruch erlitten!

Mit leisem Unbehagen kreuzte ich durch die vielen Sandbänke der langausgezogenen Bucht. Die steigende Tide half mir vorwärtszukommen. Während der ganzen Fahrt bis Villa Cisneros beschäftigte mich das Schicksal der „Morwak“. Ich war häufiger bei Monsieur und Madame Bretonnère zu Gast gewesen. Fred war Kunstmaler, auf dem Montmartre, versteht sich, und besaß dort auch ein Restaurant. Seine Künstlerfreunde hatten ihn mit Vorschußlorbeeren bedacht: sie ernannten ihn, den Sportsegler, zum „Admiral von Montmartre“. Madame war während des Krieges Fallschirmspringerin gewesen und fühlte sich offensichtlich an Bord wohler als Fred und seine Menagerie von Pudeln, siamesischen Katzen und Kanarienvögeln.

Sobald ich im Osten der Mole geankert hatte, kam sofort der Hafenkapitän an Bord. Meine erste Frage galt der „Morwak“. Ja, die Besatzung lebe und befände sich hier an Land. Ich kletterte ins Faltboot und paddelte auf die Mole zu; bei sechs Windstärken aus dem Norden konnte ich nur unter Aufbietung aller Muskelkräfte dorthin gelangen.

Madame winkte schon von weitem, und um ihre Füße tänzelten die Pudel. Von der Mole schrie sie mir zu, ihre Segel seien in einer Bö zerrissen worden, der Motor habe nicht anspringen wollen und bevor sie ein anderes Segel hätten setzen können, habe die Strömung sie an Land getrieben – mitten in der dunkelsten Nacht! Eine gewaltige Welle habe das Boot dann plötzlich auf den Strand geworfen. An der 200 Seemeilen langen unbewohnten Felsenküste von Kap Bojador bis Rio de Oro gibt es nur einige hundert Meter Sandstrand – ausgerechnet dort mußten sie stranden, überdies in der Nähe einer Siedlung!

„Quelle chance, Madame!“

Sechs Tage, so rief sie weiter, hätten sie am Strandungsplatz gelegen, und sechs Nächte lang hätten sie geglaubt, in der Wüste umkommen zu müssen. Eingeborene fanden sie schließlich und benachrichtigten den Marinekommandanten im nahen Villa Cisneros. Und damit waren sie gerettet, voilà.

So endete der Traum einer Weltumsegelung!

Für den Kommandanten und seine Leute war die Rettungsaktion der „Morwak“ eine feine Übung; mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen, bekamen sie die Yacht wieder flott. Madame lobte die Hilfsbereitschaft der Spanier, alle seien „sehr schick“ zu ihnen. Dem aber konnte ich nicht ganz zustimmen, denn die Spanische Sahara zu besuchen, das ist heute fast schwieriger als auf den Mond zu gelangen. Man braucht – und das wissen die wenigsten, die dort landen – eine Sondergenehmigung aus Madrid, die sehr schwer zu bekommen ist. 1955 hatte ich hier auf meiner Einbaumfahrt drei Wochen als halber Gefangener verbringen müssen, jetzt bahnte sich etwas Ähnliches an. Zum Glück traf ich später den Kommandanten, der mich von einem Vortrag her kannte, den ich in Las Palmas gehalten hatte. Welch ein Zufall! Er setzte sich dafür ein, daß ich mich wenigstens solange frei im Orte bewegen durfte, wie ein Spanier mich begleitete. Aus der beabsichtigten Karawanentour ins Innere wurde nichts.

So gastfreundlich, so hilfsbereit und zuvorkommend alle einfachen Spanier sind, so verletzend und voller Willkür können die Subgobernadores in Villa Cisneros sein. Das ist die Meinung vieler Segler, die hier unfreiwillig oder freiwillig Station gemacht haben.

In den letzten vier Jahren hatte sich in Villa Cisneros, das während des Zweiten Weltkrieges von Amerikanern besetzt war, wenig verändert; die Mole sollte jetzt ausgebaut werden, aber das sollte sie auch schon damals. Der Ort war mit Soldaten überfüllt, die in Zelten untergebracht waren. Villa Cisneros ist so arm, daß selbst ein Schakal sich nicht die Mühe machen würde. dort nach Beute zu suchen. Interessant sind lediglich die moderne Kirche und das Fort, das jedoch mehr nach einem Zuckerhausguß aussieht als nach dem berüchtigten Zwangslager für politische Gefangene.

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