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Die Rache des „Pelorus Jack“

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In Neuseeland machte jahrzehntelang ein weißer Delphin, ein Albino also, von sich reden, der beinahe ebenso berühmt war wie „Moby Dick“.

„Jackie“, wie die Neuseeländer ihn nannten, lenkte zum ersten Mal 1871 die Aufmerksamkeit auf sich, als er vor der „Brindle“, die durch die gefährlichen und gefürchteten Riffe im Norden von Neuseeland navigierte, einherschwamm und ihr den Weg durch die richtige Fahrrinne wies. Das Schiff folgte dem Tier und erreichte sicher den nächsten Hafen, und der Kapitän riet allen Seeleuten: „Haltet euch nur an den Delphin im Pelorus Sound, der wird seine Sache schon richtig machen.“

Tatsächlich ist seitdem kaum ein Schiff durch diese gefahrvolle Enge gefahren, ohne daß nicht der „Pelorus Jack“ seine Dienste als Lotse angeboten hatte und in kurzem Abstand vor den hölzernen und eisernen Bugs einhergeschwommen wäre. Selbst kleine Yachten geleitete er sicher durch die schwierigen Gewässer.

„Jackie“ tat seinen Dienst wie jeder andere Lotse auch. Im Gegensatz zu ihnen jedoch kannte er keinen Urlaub, keine Gehaltserhöhung und keine Gewerkschaft; trotzdem erfreute er sich stets bester Gesundheit. Während seiner Dienstzeit gab es keinen Seeunfall im Pelorus Sound. Jackie wurde zu einer Symbolgestalt, und man plante sogar, ihn im neuseeländischen Staatswappen an Stelle eines der Boote auftreten zu lassen.

Als Jackie im 33. Jahr seines merkwürdigen Lotsendienstes die „Penguin“ durch die Riffe führte, schoß ein betrunkener Passagier mit dem Revolver nach ihm. Jackie wurde anscheinend in den Kopf getroffen und verschwand auf der Stelle. Die empörten Matrosen versuchten, den Trunkenbold kurzerhand über Bord zu werfen, und der Kapitän konnte sie nur mit Mühe daran hindern.

Alle Welt glaubte, Pelorus Jack sei diesem heimtückischen Anschlag erlegen. Jedes Boot, das die Enge passierte, stellte einen Ausguck ab, um nach dem Delphin zu fahnden. Doch rund ein Jahr lang war jegliche Suche vergeblich.

Dann aber flitzte der alte Jackie unerwartet mit elegantem Sprung vor dem Bug der „Pacific Dawn“ aus dem Wasser und geleitete das Schiff wieder durch die Enge. Sofort erließ die Regierung Neuseelands ein Gesetz, um das Tier in Zukunft zu schützen.

Eines Tages dann fuhr die „Penguin“ wieder durch den gefährlichen Sund. Jackie war zwar zur Stelle, doch plötzlich verschwand er – als habe er das Schiff erkannt, von dem ihm seinerzeit der böse Streich gespielt worden war. Dichter Nebel kam auf, jede Navigation wurde unmöglich, die „Penguin“ lief auf ein verborgenes Riff und sank. Die beiden Rettungsboote, die man zu Wasser lassen konnte, kenterten. Nur drei Seeleute wurden gerettet.

„Der Pelorus Jack“, tuschelte man.

Bis 1912 versah Jackie seinen Dienst. 40 Jahre lang half er den Seeleuten, dann verschwand er für immer. Das erste Schiff, das von Jackie nicht mehr gelotst wurde, war eine schwimmende Schlachterei, ein Walfangschiff.

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