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Geburtswehen in Conakry

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Ohne böse Überraschungen gelangte ich nach einer 260 Seemeilen langen Fahrt an einem Sonntagabend nach Conakry, der Hauptstadt des früheren Französisch-Guinea, das sich, als ich dort ankam, gerade von Frankreich losgesagt hatte und zur jungen Republik Guinea geworden war.

Am Hafen setzte eine üble Strömung vorbei, die in der Dunkelheit den Landfall unnütz dramatisierte. Schließlich legte ich an einem Bauxitschiff an. Kaum hatte ich festgemacht, als ein afrikanischer Polizist erschien und die Personalien aufnahm. Ein anderer Polizist lud mich zum Duschen ein, und als ich davon zurückkam, stieß ich auf eine dritte Amtsperson, den frisch gebackenen Hafenkommandanten, einen Mulatten, der sehr verärgert war, weil er die Gelegenheit verpaßt hatte, als erster seines neu erworbenen Amtes zu walten. Später freundeten wir uns an, und er fuhr mich auch zum Präsidenten Sekou Touré.

Conakry war ein Hexenkessel, voller Aufruhr und Empörung; Gerüchte und Klatsch hielten die Stadt in Atem, und über Menschen und Dingen lag eine Spannung, die sich jeden Augenblick zu entladen drohte. Die Franzosen waren ehrlich empört, daß Guinea sich von ihnen gelöst hatte; sie transportierten alles ab, was ihnen wertvoll erschien; von schweren Straßenbaumaschinen bis zum Bleistift, von Aktenbergen bis zum letzten Revolver. Auch die Afrikaner waren empört: „Erst stellt man uns frei, uns von Frankreich zu lösen, und dann, als wir uns dafür entschieden, werden wir einfach isoliert!“

Kaum hatte es sich herumgesprochen, daß eine deutsche Yacht im Hafen eingetroffen war, da erhielt ich Besuche und freundliche Worte. Zwei Zollbeamte brachten mir sogar ein Bündel Bananen aufs Boot. Man hatte soeben einen Handelsvertrag mit der DDR geschlossen, und – Deutsche sind doch Deutsche! Geteiltes Deutschland? Nie davon gehört!

Ich ging an Land und genoß den kühlen Schatten eines gewaltigen Kapokbaumes, der am Hafeneingang wie ein Riesenwächter schützend seine Zweige breitet. Unter dem Baum hockten Marktfrauen und boten den Hafenarbeitern selbstgebackenes Brot und Obst an. Conakry verschwindet in einem Meer von Grün; riesige Affenbrotbäume, Kapok- und Mangobäume wölbten über den Straßen ihre Kronen. Nirgends in Westafrika habe ich so schattige Alleen gesehen wie hier!

Auf dem Wege zur Stadt passierte ich ein Kriegerdenkmal, das die Franzosen einst errichtet hatten. Heute trägt es eine neue Inschrift: „Die Republik von Guinea den Märtyrern des Kolonialismus.“ Zweifellos beziehen sich diese Worte nicht auf die Kolonisierung Guineas durch Frankreich, sondern auf den nicht gerechtfertigten Einsatz von Afrikanern in zwei Weltkriegen; mit dem Glauben, die Afrikaner seien für ihr Vaterland gefallen, hat der junge Ministerpräsident gründlich aufgeräumt.

In dem ein wenig vernachlässigten Regierungsgebäude traf ich den Ministerpräsidenten. Die Schlagzeilen der Weltpresse hatten den jungen Sekou Touré einen Rebellen, einen Sozialisten, einen Kommunisten, einen Marxisten und vieles andere mehr genannt. Lachend kam er mir entgegen, während der ganzen Unterhaltung blieb sein Gesicht entspannt. Er sieht gut aus, trägt ein stolzes Gebaren zur Schau und antwortet schnell und gewandt. Was will Sekou Touré?

Sein erstes Ziel ist Guineas Größe – unter welchen Bedingungen und mit welchen Mitteln er es erreicht, das ist ihm gleichgültig. Sein zweites Ziel ist ein geeintes, freies Afrika. Guinea ziehe Armut und Freiheit dem Reichtum und der Unfreiheit vor; an Verbrüderung sei ihm mehr gelegen als an Almosen, und es brauche technische Unterstützung – keine moralische.

Sekou Touré entstammt altem afrikanischem Adel; er soll ein Nachkomme der Keita-Dynastie sein, die das afrikanische Mali-Reich begründen half. Er ist Mohammedaner. Die Minister seines Kabinetts sind, wie er, sehr jung, doch sie hoffen, ihre Aufgabe lösen zu können, denn ihr Land ist reich an Bananen, Eisen, Diamanten, Bauxit, das in unmittelbarer Nähe von Conakry lagert. Große Wasserkräfte sind bisher ungenutzt.

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