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Flußstaat Gambia

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Eines Morgens verließ ich bei frischen Winden Dakar und konnte schon in der gleichen Nacht vor Bathurst im Gambiafluß vor Anker gehen. Das damals noch britische Gambia ragt wie ein Wurm – 350 km lang – in den Senegal hinein; seine bunte Geschichte kann in Westafrika höchstens durch die Geschichte der Insel Gorée übertroffen werden.

Gambia ist ein Drittel so groß wie Belgien. Wie der Senegal führt es vorwiegend Erdnüsse aus, die einstmals von den portugiesischen Sklavenhändlern aus Südamerika mitgebracht wurden.

Die Erdnuß ist keine Nuß im botanischen Sinne, sondern eine Hülsenfrucht, die statt in der Luft unter der Erde reift. Wieviel Nährwert sie besitzt, kann man sich vorstellen, wenn man weiß, daß ein Pfund Erdnüsse genau dreimal so viel Kalorien hat wie ein Pfund Rindfleisch!

Außer Alkohol und Briefmarken, die jedes Sammlerauge entzücken, war in Bathurst wirklich nichts Interessantes zu entdecken. Lepröse, Blinde und noch viele andere Kranke bevölkerten die öden Straßen. Bathurst ist ein vergessenes Dorf, in dem nur die Träume florieren können, und Gambia ist ein vergessenes Land, das wenig Interesse daran hat, selbständig zu werden.

Anschluß an Senegal? No, Sir! An Sierra Leone? No, Sir! Unabhängigkeit? No, Sir!

Was dann? Status quo.

Wie eigenartig sich der Fortschritt eines Landes manchmal manifestieren kann, bewies mir ein Polizist in Bathurst, in dessen Büro ich mich anmelden mußte. Als er meine Papiere sah, fragte er mich verschämt, ob ich ihm nicht ein Stärkungsmittel verschreiben könne. Er sei nervös, abgespannt und brauche irgendeine Medizin. Ich riet ihm, einen Arzt aufzusuchen, gab ihm aber dennoch ein Hefepräparat, das nicht schaden konnte. Früher fragte man in Afrika nach Regenschirmen und Glasperlen, heute nach Medikamenten und Stärkungsmittel.

In Afrika, das ein Fünftel der Landoberfläche unserer Welt einnimmt, sprechen 230 Millionen Menschen etwa 700 verschiedene Hauptsprachen! Eines der guten Dinge, die der Kolonialismus mit sich brachte, waren daher die europäischen Sprachen, die heute von allen Gebildeten und Halbintellektuellen gesprochen werden und zu Regierungssprachen erhoben wurden, weil man sich sonst gar nicht verständigen könnte. Wenn der schwarze Kontinent einmal ein großes panafrikanisches Reich geworden sein sollte und Kolonialismus nur noch ein historischer Begriff, wird man dort immer noch Englisch und Französisch sprechen.

Ich nahm Kurs auf eine 160 Seemeilen entfernte Boje, die die Einfahrt in den Gêba-Fluß und damit nach Portugiesisch-Guinea markierte. Wenn die LIBERIA diese Boje, eine Stecknadel im weiten Ozean, nicht fand, würde sie ein ähnliches Schicksal wie die „Nike“ erleiden. Von der Küste sah man nichts, denn ihr sind Sandbänke oder Felsen vorgelagert. Aber an Bord befanden sich Funkpeiler, Sextant, mehrere Kompasse, Radio und alle notwendigen Karten und Bücher. Die Navigation, wenn man sie erst einmal versteht, geht leichter vonstatten als der Laie vermutet. Verstehen muß man sie allerdings!

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