Читать книгу Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln - Arved Fuchs, Hannes Lindemann - Страница 64
Besuch beim Präsidenten
ОглавлениеNatürlich stand auch diesmal auf meinem Programm ein Besuch bei Präsident Tubman, den ich von früher her gut kenne. Da ich ihn das letzte Mal wegen der großen Hitze in Hemdsärmeln besucht hatte – das Recht eines Fahrensmannes für mich beanspruchend –, trug ich diesmal meinen besten Anzug –, und er erschien im Schlafrock. Aber nächstes Mal wollen wir beide vorschriftsmäßig gekleidet sein!
Liberia verdankt seinen Aufschwung zum größten Teil der Aufgeschlossenheit seines Präsidenten. Tubman stammt von Americo-Liberianern aus Kap Palmas ab, jedoch ist der Unterschied zwischen dieser Gruppe und den Eingeborenen weniger groß als bei uns oft geglaubt wird. Er wurde liberisch erzogen, und das ist so oder so bescheiden. Aber Tubman ist von Natur aus intelligent, witzig, großzügig, schlagfertig und hilfsbereit. Er hat selbst Weißen geholfen, die von ihren eigenen Landsleuten keine Unterstützung erhielten. Heute ist er mehrfacher Dollarmillionär, jedoch durch eigene – kaufmännische – Verdienste und nicht durch einen Griff in die Staatskasse. Noch heute unterschreibt er persönlich alle entscheidenden Geldausgaben seiner Regierung – denn er kennt seine Landsleute!
Tubman hielt damals nichts vom Panafrikanismus, wie Touré und Nkrumah ihn propagieren, weil er das Beispiel Europas vor Augen hat: Wenn die Europäer sich nicht einmal verständigen und einigen könnten, wie sollte man das von den Afrikanern erwarten, meinte er. Inzwischen scheint er allerdings seine Ansicht geändert zu haben.
Wie in anderen westafrikanischen Ländern gibt es in Liberia ein Einparteiensystem; die anderen Parteien werden nur dem Namen nach geduldet, zum Teil sogar öffentlich bekämpft und ihre Führer eingekerkert oder verbannt. Offensichtlich sind Entwicklungsländer – wie man heute die unterentwickelten Länder nennt – für demokratische Staatsgefüge wenig geeignet, hinzu kommt, daß die große Mehrzahl der Bevölkerung beim Wählen gar nicht erfaßt werden kann.