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Kapitel 16

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Sein Kopf dröhnt und schmerzt. Heinrich Schröder liegt auf dem Rücken, auf etwas Hartem. Es muss ein Tisch sein, oder etwas Ähnliches, scheint es ihm. Er öffnet die Augen, doch er kann nichts sehen. Er will sich bewegen, doch es gelingt ihm nicht. Irgendetwas hindert ihn daran, seine Arme und Beine zu bewegen.

Langsam kehren die Gedanken zurück in seinen Kopf und mit einem Mal erinnert er sich. Er wollte mit seinem Wagen nach Bernkastel zu einer Geburtstagsfeier fahren. Doch im Parkhaus wurde er überfallen und gezwungen, in Richtung Zerf zu fahren. Hinter der Ortschaft gingen bei ihm plötzlich die Lichter aus.

„Das Kreuz!“, fährt es ihm durch den Kopf. „Der Mann ist verrückt! ‚Das ist dein Kreuz’, hat er gesagt!“ Schröder ist jetzt ganz klar bei Gedanken. „Kalle!“, denkt er. „Kalle und Maathes, sie endeten an einem Kreuz! Soll es mir nun ebenfalls so ergehen? Aber warum? Was habe ich denn getan?“

Schröder versucht sich zu bewegen. Mit Grauen muss er feststellen, dass eine Arme und seine Beine angebunden sind. Nicht aneinander, nicht zusammen. Sie sind vielmehr weit gespreizt, seine Arme und Beine und an irgendetwas festgebunden. Schröder versucht, seine Arme zu sich zu ziehen. Nichts regt sich, außer, dass seine Fesselung in seine Gelenke einschneidet. Es ist kein Seil und auch kein Klebeband, mit dem man ihn festgebunden hat. Das ist etwas Kaltes. „Das sind Handschellen!“, fährt es ihm durch den Kopf. „Vier Stück an der Zahl!“ Sich daraus zu befreien, scheint chancenlos.

Langsam gewöhnen sich seine Augen an die Dunkelheit. Doch erkennen kann er kaum etwas. Es riecht nach Heu und nach Stroh.

„Es muss Nacht sein“, denkt Schröder, denn am Tage würde man durch die Ritzen der Verschläge nach draußen ins Freie sehen können. Ja, es ist Nacht, das weiß er jetzt. Er will sich über die trockenen Lippen lecken und stößt gegen Widerstand. Sein Mund ist zugeklebt. Schröder schmeckt die Klebemasse der Rückseite des Klebebandes und versucht, mit der Zunge dagegen zu halten, um das Band zu lösen, ohne Erfolg. Er gerät in Panik. „Wenn sich nun meine Nase verstopft!“, stellt er sich vor, „dann ersticke ich!“

Schröder beginnt erneut, an seinen Fesseln zu reißen, doch es ist sinnlos, das sieht er sogleich ein.

„Ruhe bewahren!“, denkt er sich. „Nichts übereilen, nicht in Stress verfallen! Es muss eine Lösung geben!“ Noch ist er alleine, sein Entführer scheint sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Schröder versucht, trotz des Pflasters laut zu schreien. Doch er gibt sein Vorhaben sogleich auf, denn er verschluckt sich und hat alle Mühe, bis er wieder normal atmen kann.

„Ich kann mich doch nicht in mein Schicksal ergeben. Verdammt, was soll ich tun?“ Seine Gedanken jagen durcheinander. „Niemand ist hier, der mich aufhalten könnte, aber auch niemand, der mir beisteht. Alleine ist es unmöglich, mich zu befreien“, resigniert Schröder und seine Gedanken sind auf einmal bei Mariele.

„Mein Mariele, ich werde dich nicht wiedersehen!“ Schröder treten die Tränen in die Augen. „Mein Mariele! Ich muss hier raus … ich muss hier raus, egal, wie! Was will der Mann nur von mir?“

Als Schröder seine Augen erneut öffnet, wird er geblendet von den Sonnenstrahlen der aufgehenden Sonne. Der erschrickt. „Ich habe geschlafen!“, schreit es in seinem Inneren. „Verdammt, ich habe tatsächlich geschlafen! Ich habe Zeit vertan. Schröder versucht, sich zu konzentrieren. „Es ist Samstag heute“, stellt er fest. Vielleicht kommt ja doch noch jemand in diese Scheune und findet mich.“

Schröder sieht sich um. Es ist tatsächlich eine Scheune, oder genauer gesagt, ein Heuschober, zum Teil angefüllt mit in Rollen gepresstes Heu. Ein Ladewagen steht ebenfalls in der Scheune und an der Wand hängen Ketten in verschiedenen Größen.

Nun sieht Schröder auch, woran man ihn gefesselt hat, nämlich an vier Holzpfosten, die dazu dienen, dem Schuppen als Pfosten einen stabilen Halt zu geben. Sein Blick gleitet zu seinen Händen und den Beinen, wobei seine Ahnung Bestätigung findet. Jeweils eine Handschelle, verlängert mit einer Kette, so wie sie an den Wänden hängen, fesselt ihn an die besagten Pfosten. Das, worauf Schröder liegt, entpuppt sich als ein alter Bauerntisch, offensichtlich ausrangiert und nur noch dem Pausenmahl während der Landwirtschaftsarbeit dienend.

Schröder erwägt, den Tisch durch seitlich schwingende Bewegungen umzuwerfen, verwirft den Gedanken jedoch sofort. Er würde an Armen und Beinen in der Luft hängend, den Körper durch die Eigenschwere in Richtung Erdboden drängend, keinerlei Gelegenheit mehr haben, auch nur noch einen Befreiungsversuch zu starten.

„Er wird es nicht wagen, am helllichten Tag hierher zu kommen“, versucht Schröder, sich selbst zu beruhigen. „Es wird jemand aus dem Ort kommen. Der Tag ist noch lang. Es wird jemand kommen! Lieber Gott, lass Hilfe kommen!“

Was Schröder nicht weiß, ist die Tatsache, dass es keine Eigentümer für diesen Schuppen mehr gibt. Der Bauer ist vor zwei Jahren verstorben, Nachkommen, die sich in der Landwirtschaft betätigten, gibt es nicht. Nicht einmal spielende Kinder verlaufen sich bis hierher, denn das Wiesengelände, auf dem die Feldscheune steht, befindet sich mitten in einem Waldgelände, so weit von der Ortschaft entfernt, dass nicht einmal das Glockengeläut der Pfarrkirche bis hierher dringt.

Tatort Hunsrück, Sammelband 2

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