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Mittwoch, 01. Oktober 2014, Stuttgart

Fürs Abhauen war es noch zu früh. Van Damme musste deshalb die kritischsten Gesellschafter seiner beiden problematischen Immobilienfonds vorerst noch ruhig stellen. Seine Millionen waren auf den Caymans und den Jungferninseln sicher untergebracht, eine war über eine Briefkastenfirma in Panama versteckt, fast 500.000 Euro und Dollars lagen in Lichtenstein. Überall bei verschwiegenen und extrem diskreten Privatbanken. Im Moment ging es für ihn darum, kurzfristige Mittel zu finden, um wenigstens einen kleinen Teil der anstehenden Ausschüttungen vornehmen zu können. Die bisherigen Auszahlungen waren nie echte Gewinnausschüttungen gewesen, sondern einfach Reduzierungen der Kapitaleinlagen der Anleger, was aber auch bei anderen geschlossenen Fonds in den ersten Jahren üblich war. Es musste ihm gelingen, Zeit zu gewinnen, um zum einen noch den letzten Rest aus den Fonds rausziehen zu können, da könnte noch ein Milliönchen zusammen kommen. Andererseits galt es, die Staatsanwaltschaft noch einige Wochen oder Monate raus zu halten. Wenn‘s hart auf hart gehen sollte, hatte er noch immer einen spitzen Pfeil im Köcher gegen Oberstaatsanwalt Dr. Stockmann.

»Jörg«, hatte er ihm bereits vor vierzehn Tagen so ganz nebenbei am sechsten Loch beim Golfen nahegelegt. »Jörg, Du weißt, dass Dein Junior mit ganz üblen Drogen dealt? Zwar gemeinsam mit meinem, aber das juckt mich wenig. Für Dich wäre das sicher peinlicher, mein Lieber. Ich will Dir auf keinen Fall drohen, versteh mich richtig, ich will es nur mal gesagt haben, unter Freunden.«

Stockmann war im ersten Moment geschockt, fing sich dann jedoch wieder.

»Wir haben also beide eine Leiche im Keller, oder?«

»Ja, aber meine stinkt nicht so verwest!« Damit ließ Edgar den verdatterten Stockmann stehen und konzentrierte sich auf seinen Abschlag.

Er parkte den Mercedes wie oft, wenn er Besuche vorhatte, bei denen er besser anonym blieb, zwei Straßen von seinem Ziel entfernt. Beim Eintreten in den nur spärlich beleuchteten Flur des heruntergekommenen Geschäftshauses in Zuffenhausen, der grauen Industrievorstadt Stuttgarts, wurde er bereits von einem kritisch blickenden Bodyguard empfangen.

»Folgen Sie mir« quetschte dieser heiser durch die Zähne und lief in Richtung einer Glastüre am Ende des Ganges, durch die heller Lichtschein brach. Er klopfte, öffnete ohne zu warten die Tür und ließ van Damme eintreten.

Der Aufpasser selbst blieb draußen. Edgar musste sich erst an das sehr helle Licht gewöhnen, dann trat er dem untersetzten älteren Mann hinter dem altertümlichen Metallschreibtisch entgegen. Dieser lächelte freundlich.

»Guten Tag Herr van Damme, setzen Sie sich doch. Ich bin Lorenzo Coppola.«

»Hallo, ich ...«

Coppola unterbrach ihn abrupt. »Ich weiß, warum Sie hier sind. Kommen wir zur Sache, Sie brauchen Geld. Ihre Fonds sind am Arsch und die Anleger sitzen Ihnen im Nacken. Habe ich recht?«

Für Edgar machte es keinen Sinn, drum herum zu reden.

»Ja, stimmt, ich brauche kurzfristig 200.000 Euro, für rund zwei Monate.«

Coppola zog die Stirn in Falten. »Sie haben keine Sicherheiten.«

»Aus diesem Grund komme ich zu Ihnen.«

»Sie kennen meine Bedingungen? Und Sie sind sich im Klaren darüber, was passiert, wenn Sie nicht pünktlich zurückzahlen.« Er lächelte. »Meine albanischen Jungs sind manchmal einfach nicht ruhig zu stellen, anderer Kulturkreis. Sie verstehen?«

Edgar wusste, was es bedeuten würde. Er schwitzte. Coppola hatte einen Ruf als äußerst konsequenter Geldeintreiber. Manche Kniescheibe oder ein Handgelenk gingen dabei in die Brüche, auch der eine oder andere Finger ging bei Zahlungsverzug verloren. Edgar nickte nur. Coppola schaute ihn mit durchdringendem Blick einige Sekunden an.

»Sie kriegen die zweihundert nachher, Sie zahlen genau 220.000 heute in zwei Monaten hier zurück, cash. Keinen Euro weniger. Und Sie halten die Klappe, woher das Geld kommt. Kapiert? Unterschreiben Sie hier den Schuldschein!«

»Mann, Coppola, das ist mehr als Wucher! Können wir da nichts machen? Sie wissen, ich zahle zuverlässig zurück.«

»Das erwarte ich ohnehin und ich handle nicht. Entweder so oder nicht, Ihre Entscheidung.«

Coppola lehnte sich in seinen uralten Schreibtischstuhl zurück, dieser quietschte dabei fürchterlich. Edgar seufzte, griff dann aber nach dem bereit liegenden Kugelschreiber und unterzeichnete widerwillig den Schuldschein. Coppola nahm diesen sofort entgegen, beäugte ihn mit zusammengekniffenen Augen und legte ihn in die Schreibtischschublade. Dann rief er seinen Bodyguard herein, flüsterte diesem ein paar Worte zu und schickte ihn weg. Edgar saß wie auf Kohlen und starrte vor sich hin, Coppola schwieg ebenso, beide vermieden direkten Blickkontakt. Keine fünf Minuten später, die sich für van Damme wie eine Ewigkeit anfühlten, betrat der Gehilfe wieder den Raum und drückte van Damme zwei Bündel Banknoten in die Hand.

»Auf Wiedersehen Herr van Damme, Sie müssen nicht zählen, es stimmt«, sagte Coppola und zeigte zur Tür. »Hat mich gefreut, mit Ihnen Geschäfte zu machen. Bis in zwei Monaten dann!«

Van Damme schaute nur leidend, drehte sich um und verließ grußlos, begleitet vom Bodyguard den Raum. In seinem Wagen angekommen hämmerte er mit beiden Fäusten aufs Lenkrad und schrie »Du hältst Dich für den Größten, Du arroganter Idiot. Aber das werden wir noch sehen.« Mit durchdrehenden Rädern düste er los und hinterließ zwei breite schwarze Spuren auf dem Asphalt.

Im Bann der Rache

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