Читать книгу Im Bann der Rache - Hans Bischoff - Страница 9
ОглавлениеDienstag, 23. September 2014, Stuttgart
»Du bist ein Nichts, ein Niemand, Du geiler alter Bock! Sklave, was habe ich Dir befohlen?«, zischte Jasmin der vor ihr knienden nackten Jammergestalt mit dem Lederband um den Hals zu.
»Ich soll Deine Schuhe sauber lecken, Herrin.«
»Warum tust Du‘s dann nicht?« Mit diesen Worten stand sie aufreizend langsam von ihrem Sessel auf, zog den beleibten Mann hoch und zerrte ihn hinter sich her zu einer Wand mit mehreren Haken.
»Dreh Dich mit dem Gesicht zur Wand« befahl sie ihm, zog eine Kette durch einen Ring an seinem Halsband und klinkte sie am obersten Haken ein.
Er stand nun unbequem an die Wand gedrückt, den Kopf gezwungenermaßen nach oben gereckt. Jasmin packte seine Arme und fixierte sie links und rechts mit Lederbändern weit nach außen gestreckt ebenfalls an Haken in der Wand. Über den Kopf zog sie dem hilflos Angeketteten eine schwarze undurchsichtige Latexhaube und verschloss sie mit einem Reißverschluss, sodass er nichts mehr sehen und nur eingeschränkt atmen konnte. Er wimmerte leise vor sich hin, während Jasmin nach einer langen Peitsche griff. In ihrem schwarzen, eng anliegenden glänzenden Catsuit, den hochhackigen Schuhen, dem lässig umgehängten kurzen Lackcape und mit der kleinen Maske vor den Augen wirkte sie wie eine betörende, aber gefährliche Fantasyfigur aus einem der Superman-Filme.
»So, mein Sklave, jetzt gibts für Deinen Ungehorsam eine Strafe, was auf den Hintern. Du hast es verdient« flüsterte sie ihm ins Ohr und strich ihm mit der Peitsche mehrfach leicht von oben nach unten über den Rücken.
Er zitterte und stöhnte auf. Unvermittelt holte sie aus und schlug zu. Die Peitsche klatschte und zog ganz feine rote Striemen auf sein Hinterteil, einmal, zweimal, dreimal ...
»Hast Du genug, Du Memme?«, rief sie.
Als Antwort kam nur ein Keuchen unter der Kopfhaube hervor. Sie löste seine Fesseln, nahm die Haube ab und lächelte.
»Für heute wars das, war alles ok, konntest Du es genießen?«
Immer noch außer Atem strahlte er sie an »Jasmin, äh, Herrin, Sie sind einmalig. Ich habe es genossen wie immer. Am liebsten wäre ich immer Ihr Sklave.«
Jasmin lächelte ihn von oben herab an.
»Da wäre ich nicht so sicher, warten wir doch lieber bis zum nächsten Mal. Gehen Sie unter die Dusche und kühlen Sie sich wieder ab! Bis nachher.« Mit diesen Worten stolzierte sie mit ihren extremen High Heels zur Studiotüre raus.
Jasmin, meine Enkelin, betrieb schon im zweiten Jahr sehr erfolgreich ihr eigenes Dominastudio in Stuttgarts Stadtmitte. Hinter der verschwiegenen Adresse über einer Ladenpassage verbarg sich eines der derzeit meistgefragten Studios in der Landeshauptstadt. Sie hatte von Anfang an auf eine sehr anspruchsvolle, zahlungskräftige Klientel gesetzt. Manager, Politiker, Freiberufler, Leute aus höchsten Kreisen. Und sie konnte inzwischen auf eine begeisterte Stammkundschaft zählen, nicht nur Männer, sondern auch immer mehr Frauen, die sich gerne als willfährige Sklavinnen oder in Rollenspielen quälen und entwürdigen ließen. Vor allem zwei Kundinnen hatten es ihr angetan, die ihre sexuellen Fantasien und Träume sehr subtil auslebten. Jasmin konnte sich selbst dabei richtig fallen lassen, denn hier war sie ausnahmsweise auch mal passiv auf der anderen Seite der Sadomaso-Aktivitäten. Bei ihren männlichen Gästen waren vor allem diverse Fesselspiele, Atemreduktion, Auspeitschen und Latexkleidung gefragt. Sie hatte jedoch einen Kunden, der nur nackt und gefesselt für eine Stunde in ihren kleinen Käfig eingeschlossen werden wollte. Jasmin machte ihr Job Spaß, sie konnte ihre dunklen Seiten voll ausleben, es war eine Herausforderung auf hohem Niveau. Die Erwartungshaltung ihrer »Gäste«, wie sie sie bezeichnete, war speziell, nicht nur sexuell, sondern auch intellektuell. Dementsprechend musste sowohl sie selbst, als auch das gebotene Ambiente dazu passen. Im elegant eingerichteten Entree fanden die Vorgespräche mit den Gästen statt. Dort wurden die diversen Vorlieben, eventuelle Grenzen und die vielfältigen Wünsche besprochen. Neben dem perfekt ausgestatteten Bad mit Regendusche und Whirlpool lag das eigentliche Studio mit den verschiedenen SM-Einrichtungen und Sexspielzeugen sowie der Fetischkleidung. Lange schwarze Latexcapes, Kopfmasken und Dessous. Kein billiger Rotlichtplüsch, sondern kühler schwarzer Lack, effektvoll durch Strahler ausgeleuchtet.
Der Beruf war bei ihr Berufung, er passte zu ihr. Sie war nach den vielen Kindheitsjahren, in denen sie von ihrem Vater Edgar systematisch unterdrückt und gedemütigt worden war, eine starke Frau, eine sehr dominante Persönlichkeit geworden. Diese Dominanz konnte sie jetzt ausleben und ihren Gästen das Gefühl geben, das Ganze wäre nicht nur Show, sondern dahinter steckte wirkliche Lust auf Sadismus. Und sie liebte ihre bizarre »Dienstkleidung« als »Lady Jasmin«. Schwarzer Lack, Masken, hohe Stiefel oder schwindelerregende High Heels. Sie spielte gerne mit Frisuren und Haarfarben, tiefschwarz, rot, blond. Sie verkleidete sich einfach gern. Bereits als kleines Mädchen schlüpfte sie in verschiedene Rollen, am liebsten in Kleidern ihrer Mutter. Sie spielte lieber die Femme fatale, weniger die süße Prinzessin. Die dunkleren Bereiche der Fantasie interessierten sie schon als Kind. Außerhalb ihres Studios allerdings zog sie einen kühlen, businessmäßigen Look vor, elegant, aber nicht unbedingt auffällig. Im Nachhinein betrachtet war ihr Weg in die Sexbranche sicher nicht geplant, aber vielleicht doch vorbestimmt.
Ursprünglich wollte Jasmin nach dem Abitur Philosophie studieren. Sie hatte zuvor zwar nach außen hin eine behütete Kindheit erlebt, stand aber sehr unter dem Druck von Edgar. Er hatte sie nie missbraucht, aber immer wieder Anläufe für sexuelle Gewalt unternommen. Er war ein geborener Sadist und versuchte dies neben seinen außerehelichen Affären auch an seiner Tochter auszuleben. Mal fesselte er sie, natürlich immer »nur ganz spielerisch«, sodass er nie in Gefahr geriet, zu weit zu gehen oder von seiner Frau erwischt zu werden. Er konnte diese Spielchen, die Jasmin anfangs noch lustig empfand, stets erfolgreich verbergen. Als sie älter wurde, steckte er sie einige Male in Dessous seiner Frau, um sie zu fotografieren, Jasmin fand sogar Gefallen daran und plauderte nichts aus. Es blieb ihr Geheimnis. Weiter ging er nie, alles andere war selbst für einen menschenverachtenden Menschen wie Edgar tabu. Während der Pubertät entdeckte Jasmin langsam ihre dunkle Seite und versuchte zuerst, seine Spielchen auszunützen, um höheres Taschengeld zu verlangen. Später rang sie ihm das Zugeständnis ab, Philosophie studieren zu dürfen. Er stimmte zwar zu, entzog ihr jedoch bereits Ende des zweiten Semesters die finanzielle Unterstützung. Er wollte sie später in seiner Firma haben und sie deshalb zwingen, BWL zu studieren. Da geriet er jedoch an die Falsche. Jasmin sah sehr attraktiv aus, machte sich dies zu eigen und bewarb sich, auch aus Trotz, als Auflehnung, ohne Scheu bei einer Agentur als Escortdame. Nebenher modelte sie noch ein wenig und wurde auf diesem Wege finanziell von Edgar unabhängig, um weiter Philosophie studieren zu können. Sie genoss nun plötzlich ein Leben, das sie sich vorher nicht hätte vorstellen können. Sie konnte sich ein hübsches kleines Appartement leisten, teure Klamotten, sie ging viel aus und kam in die sogenannten »besten« Kreise rein. Als sie nach einiger Zeit anfing, die weitergehenden speziellen Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen, lebte sie in wahrem Luxus. Grund genug, Philosophie Philosophie sein zu lassen und komplett auf Geldverdienen umzusatteln. Ein Jahr später bot sie einer erlesenen Kundschaft ihre Dienste als Edelcallgirl an. Ihre Mutter hatte die ganze Zeit über nur sehr wenig vom Kampf zwischen Vater und Tochter mitbekommen, sie lebte in ihren Damenkreisen als Staffage ihres Mannes. Sie organisierte Charity-Veranstaltungen, ging ständig shoppen und war mit Ihren Kaffee- und Proseccokränzchen glücklich. Edgar dagegen hatte Jasmins Entwicklung sehr genau verfolgt. Anfangs verärgert und verbittert, mit zunehmender Dauer jedoch eher interessiert.
»Wer weiß, wann man das mal brauchen kann« sagte er sich.
Als sich Jasmin dann 2012 mit ihrem eigenen Studio selbstständig machte, stand er als einer der ersten vor der Tür.
»Hallo mein Täubchen, ich will mich nicht quälen lassen, sondern Dir ein Geschäft vorschlagen. Ich schicke Dir immer mal wieder reiche und für mich wichtige Kunden, und Du erzählst mir danach, an was die so ihre Freude haben. Ob Du die in Windeln oder geile Unterwäsche steckst, auspeitscht, im Käfig hältst oder was Du sonst noch alles im Programm hast. Das ist alles, wäre das was?«
Er grinste sie dabei anzüglich an.
»Vergiss es, ich brauche Dein Schmierentheater nicht. Du widerst mich an!«, schrie sie ihm entgegen.
»Kannst es Dir ja noch überlegen, Du weißt wo Du mich findest«, entgegnete er lachend im Weggehen.
Zwei Wochen später hatte Jasmin es sich überlegt und rief ihn an. »Ok, schick sie her!« Und Edgar war wieder der Stärkere gewesen, sie ekelte sich vor sich selbst, aber die Kohle war eben auch nicht zu verachten. Geld stinkt nun mal nicht, und eine Heilige war Jasmin noch nie gewesen, vor allem, wenn es darum ging, gutes Geld zu verdienen.