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2.Form
Оглавление177a) Grundsätzlich bedarf der Arbeitsvertrag keiner Form; er braucht also insbesondere nicht schriftlich abgeschlossen zu werden. So kann ein Arbeitsvertrag auch konkludent – etwa durch Aufnahme der Tätigkeit – zustande kommen.
Dieser Grundsatz wird durch das NachwG nicht berührt. Zwar hat der Arbeitgeber gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Eine Formvorschrift für den Abschluss des Arbeitsvertrags enthält das NachwG jedoch nicht. Die §§ 4, 5 der bis zum 1.8.2022 umzusetzenden Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen der EU zwingen die Mitgliedstaaten den Inhalt und die schriftlichen Vorgaben an den Arbeitsvertrag stark formalisiert neu zu ordnen (dazu Henssler/Pant, RdA 2019, 321, 328).
Eine Verletzung der Pflichten aus dem NachwG berührt nicht die Wirksamkeit des Vertrags; sie kann aber zu einer Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers aus § 280 Abs. 1 BGB, insbesondere aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB führen (vgl. BAG NZA 2002, 1096; 2005, 64). Eine Beweislastumkehr zulasten des Arbeitgebers hinsichtlich des Nachweises einer günstigen Vertragsbedingung hat selbst eine Verletzung der Nachweispflicht nicht zur Folge (str.; s. HWK/Kliemt, NachwG Vorb. Rdnr. 41 ff.).
Gem. § 11 Abs. 1 AÜG richtet sich der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen für das Leiharbeitsverhältnis nach dem NachwG; eine besondere Regelung für die Vertragsniederschrift für das Ausbildungsverhältnis findet sich in § 11 BBiG. Bei beiden Vorschriften handelt es sich aber nicht um eine durch Gesetz vorgeschriebene schriftliche Form i. S. des § 126 BGB.
178b) Soll ein befristeter oder auflösend bedingter Arbeitsvertrag geschlossen werden, so bedarf nur die entsprechende Befristungs- oder Bedingungsklausel des Vertrags zwingend der Schriftform (§§ 14 Abs. 4 und 21 TzBfG) (ausdrücklich BAG NZA 2017, 638). Fehlt die Schriftform, so gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen, wenn der Arbeitnehmer dies innerhalb von drei Wochen nach dem Ablauf der Frist oder dem Eintritt der auflösenden Bedingung geltend macht, §§ 16, 17, 21 TzBfG.
179c) Sieht für den Abschluss des Arbeitsvertrags ein einschlägiger Tarifvertrag die Schriftform vor, sind die Regeln über die durch Gesetz vorgeschriebene schriftliche Form (§§ 126, 125 Satz 1 BGB) anwendbar; danach ist der Arbeitsvertrag bei Nichtbeachtung der Form grundsätzlich nichtig.
Allerdings ist durch Auslegung des Tarifvertrags zu prüfen, ob nach der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags von der Einhaltung der Form abhängen soll (= konstitutive Bedeutung der Formvorschrift) oder ob die Formvorschrift nur Beweiszwecken dienen soll (= deklaratorische Bedeutung der Formvorschrift). Trifft letzteres zu, so ist auch der formlos abgeschlossene Arbeitsvertrag gültig und jede Partei des Arbeitsvertrags hat gegen den Vertragspartner nur einen Anspruch auf schriftliche Festlegung des Vertrags.
Im Fall c ist durch Auslegung des Tarifvertrags zu ermitteln, welche Bedeutung der Schriftform nach dem Willen der Tarifvertragsparteien zukommen soll. Mangels entgegenstehender Angaben ist von einer rein deklaratorischen Bedeutung auszugehen, da in aller Regel durch eine tarifliche Vereinbarung den Arbeitnehmern kein Nachteil entstehen soll.
180d) Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei den Vertragsverhandlungen die Schriftform des Arbeitsvertrags vereinbart oder ist – was häufiger geschieht – im Arbeitsvertrag für dessen Änderungen oder Ergänzungen die Schriftform vorgesehen, handelt es sich um eine durch Rechtsgeschäft bestimmte schriftliche Form (§§ 127, 125 Satz 2 BGB). Auch hier kann die Schriftform konstitutive oder nur deklaratorische Bedeutung haben. Selbst wenn zunächst eine konstitutive Wirkung beabsichtigt war, können die Parteien doch diese Vereinbarung über die Form einverständlich aufheben. Das kann auch konkludent erfolgen, sofern die Parteien von der Wirksamkeit des formlos geschlossenen Vertrags oder der formlos vereinbarten Vertragsänderung ausgehen; sie müssen dabei nicht unbedingt an die Schriftformklausel gedacht haben (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 127 BGB; NZA 2007, 801).
181Damit ist die praktische Bedeutung der vereinbarten Schriftform gering. Beruft sich ein Vertragsteil auf eine vom schriftlichen Arbeitsvertrag abweichende Abrede, muss er diese ohnehin beweisen. Änderungen des Arbeitsvertragsinhalts können auch durch konkludentes Verhalten der Vertragsparteien, also formlos zustande kommen. So kann die widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer nach einem Änderungsangebot des Arbeitgebers als Annahme der Vertragsänderung anzusehen sein, wenn sich ein entsprechender Wille aus dem tatsächlichen Verhalten deutlich ergibt (BAG NZA 2003, 924 = RdA 2002, 233 m. Anm. Franzen). Dies gilt allerdings nur, wenn sich die Änderung unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt (BAG NZA 2010, 283).
182Schriftformklauseln in einem Formulararbeitsvertrag, die Vertragsänderungen von der Schriftform abhängig machen (sog. einfache Schriftformklauseln) bzw. zusätzlich die Aufhebung des Schriftformerfordernisses selbst dem Schriftformerfordernis unterwerfen (sog. doppelte Schriftformklauseln), sind wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie dazu dienen, nach Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erwecken, eine abweichende mündliche Abrede sei entgegen § 305b BGB unwirksam (BAG NZA 2008, 1233). Nach Ansicht des BAG kann aber durch qualifizierte Schriftformklauseln, die ausreichend deutlich machen, dass Individualabreden Vorrang haben, die Vertragsänderung mittels betrieblicher Übung (Rdnr. 151) verhindert werden, da insoweit keine „individuelle“ Vertragsabrede vorliegt (BAG NZA 2008, 1233; a. A. ErfK/Preis, § 127 BGB Rdnr. 41a).