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IV.Vertragsanbahnung 1.Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss

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219Mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen entsteht zwischen den Beteiligten ein Schuldverhältnis im Sinne von § 311 Abs. 2 BGB mit Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB. Die schuldhafte Verletzung der Sorgfaltspflichten führt zu einer Haftung nach § 280 Abs. 1 i. V. m. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Eine solche Haftung kann sich vor allem aus der Verletzung von Aufklärungs-, Offenbarungs-, Mitteilungs- (vgl. § 81 BetrVG), Obhuts- und Verschwiegenheitspflichten ergeben.

Beispiele: Der Arbeitgeber informiert den Bewerber nicht über die Eigenart des Arbeitsplatzes, die besondere Anforderungen an den Arbeitnehmer stellt. Er weist ihn nicht darauf hin, dass er unmittelbar vor der Insolvenz steht. Er behauptet wahrheitswidrig, der Betriebsrat habe der Einstellung schon zugestimmt. Gibt der Bewerber darauf seine bisherige Stellung auf, hat der Arbeitgeber ihm den dadurch entstehenden Schaden zu ersetzen. Schadensersatzpflichtig ist der Arbeitgeber auch dann, wenn durch sein Verschulden oder das seiner Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) die eingereichten Bewerbungsunterlagen verschwinden oder beschädigt werden.

Der Bewerber muss einen seinem Arbeitgeber entstandenen Schaden ersetzen, wenn er etwa eine Stelle annimmt, für die er gänzlich ungeeignet ist.

Wirbt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus einem ungekündigten, bestandsgeschützten Arbeitsverhältnis ab, so kann er diesem gegenüber eine Aufklärungspflicht haben, wenn der zu besetzende Arbeitsplatz absehbar unsicher ist und eine betriebsbedingte Kündigung während der Probezeit droht (ArbG Wiesbaden NZA-RR 2002, 349).

220Besonderheiten ergeben sich, wenn ein Bewerber unter Verletzung des Benachteiligungsverbots (§ 7 AGG) nicht eingestellt worden ist. In diesem Fall kommen Ansprüche nach § 15 AGG in Betracht (dazu Deinert, DB 2007, 398).

Entsteht dem Bewerber aus der Diskriminierung ein Schaden, ist dieser – verschuldensabhängig – vom Arbeitgeber nach § 15 Abs. 1 AGG zu ersetzen. Die bestqualifizierte benachteiligte Person kann ferner nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG – verschuldensunabhängig – eine angemessene, in der Höhe nicht begrenzte Geldentschädigung verlangen. Ein Anspruch auf Einstellung besteht hingegen nicht (§ 15 Abs. 6 AGG). Die Herleitung eines Einstellungsanspruchs aus allgemeinem Schadensersatzrecht (§ 249 BGB) wird durch § 15 Abs. 6 AGG ausdrücklich ausgeschlossen. F kann daher im Fall b ihre Einstellung nicht verlangen (näher Horcher RdA 2014, 93). Die übrigen Bewerber, die auch bei ordnungsgemäßer Auswahl nicht eingestellt worden wären, können nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG eine Entschädigung in Höhe von maximal drei Monatsgehältern fordern. Die Geltendmachung der Ansprüche ist nach Abs. 4 fristgebunden. Eine Klage vor einem Arbeitsgericht muss gem. § 61b ArbGG innerhalb von drei Monaten nach Geltendmachung erhoben werden. Gem. § 15 Abs. 5 AGG sind Ansprüche aus sonstigem Rechtsgrund nicht ausgeschlossen. Damit bleibt weiterhin Raum für Ersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB wegen schwerwiegender Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht (so BAG NZA 2010, 159) sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 7 Abs. 1 AGG, sofern man annimmt, § 7 Abs. 1 AGG sei ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB (str.). Allerdings gilt die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG auch für deliktische Ansprüche (BAG NZA 2012, 1211).

221Im Rahmen der gesplitteten Beweislastverteilung des § 22 AGG, wie sie auch aus dem Bereich der Produkthaftung bekannt ist, hat der Arbeitnehmer Indizien zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen. Den Arbeitgeber trifft dann die volle Beweislast dafür, dass der Auswahlentscheidung keine nach dem AGG unzulässige Diskriminierung zugrunde lag (s. BAG NZA 2010, 280; Windel, RdA 2007, 1). Der abgelehnte Bewerber kann grundsätzlich keine Auskunft über die stattdessen erfolgte Einstellung und die der Auswahl zugrunde liegenden Kriterien verlangen. Ein solcher Anspruch besteht nur ausnahmsweise dann, wenn er schlüssig darlegt, allein auf diese Weise eine Diskriminierung nach § 7 AGG entsprechend der Beweislastregel des § 22 AGG beweisen zu können (BAG NZA 2014, 224).

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