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2.Rechtsfolgen
Оглавление199Nach allgemeinen Regeln bewirkt das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes die Nichtigkeit des Arbeitsvertrags, während die Anfechtbarkeit nur dann zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, wenn dieses wirksam, vor allem fristgemäß (§§ 121, 124 BGB), angefochten worden ist (§§ 142 f. BGB). Hinsichtlich der Wirkung der Nichtigkeit (von Anfang an oder nur für die Zukunft) muss im Arbeitsrecht danach unterschieden werden, ob der Arbeitnehmer die Arbeit schon angetreten hat oder nicht.
200a) Vor Antritt der Arbeit gelten beim Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes die allgemeinen Regeln des BGB. Wird der Arbeitsvertrag angefochten, bevor der Arbeitnehmer die Arbeit aufgenommen hat, bleibt es daher bei der allgemeinen Regel des § 142 Abs. 1 BGB, wonach der angefochtene Arbeitsvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen ist und den Beteiligten deshalb keine vertraglichen Ansprüche zustehen.
201b) Nach Antritt der Arbeit durch den Arbeitnehmer und der damit erfolgten Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses ist hinsichtlich der Folgen danach zu unterscheiden, ob gem. §§ 119, 123 BGB angefochten worden ist oder ob der Vertrag von vornherein nichtig war.
(1) Eine Anfechtung führt grundsätzlich nur zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrags vom Zeitpunkt des Zugangs der Anfechtungserklärung an (ex nunc). Hat der Arbeitnehmer nämlich bereits Arbeit geleistet, würde die gem. § 142 Abs. 1 BGB (ex tunc) auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkende Vernichtung des Rechtsgeschäfts und die damit verbundene Rückabwicklung des Arbeitsverhältnisses nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (vgl. vor allem § 818 Abs. 3 BGB) zu erheblichen Schwierigkeiten und unbilligen Ergebnissen für den Arbeitnehmer führen. Insbesondere die Berechnung eines gemäß § 818 Abs. 2 BGB zu leistenden Wertersatzes für die bis zur Anfechtung geleistete Arbeit erscheint praktisch kaum möglich. Rspr. und Lehre sind sich daher darüber einig, dass nach Antritt der Arbeit eine Anfechtung grundsätzlich nur Wirkung für die Zukunft entfaltet (sog. fehlerhaftes Arbeitsverhältnis). Somit kommt der Anfechtung in diesem Falle eine kündigungsähnliche Wirkung zu.
202Ficht der Arbeitgeber zwei Monate nach Arbeitsbeginn an (Fall g), bleibt der Arbeitsvertrag für diese zwei Monate bestehen; die Arbeitnehmerin ist also für die vergangene Zeit nicht auf einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 oder Satz 2 Alt. 1 BGB angewiesen, sondern hat einen Lohnanspruch aus dem Vertrag (§ 611a Abs. 2 BGB). Von der Anfechtung an ist der Vertrag vernichtet; danach bestehen zwischen den Beteiligten keine vertraglichen Ansprüche mehr.
Ausnahmsweise kann die Anfechtung lediglich einer einzelnen vereinbarten Arbeitsbedingung dann zulässig sein, wenn allein der angefochtene Teil des Vertrags auf einem Irrtum oder einer arglistigen Täuschung beruht und der Arbeitsvertrag auch ohne den angefochtenen Teil sinnvoll ist. Bei einer solchen Anfechtung entfällt nur der angefochtene Teil des Vertrags – soweit möglich – rückwirkend, während der restliche Teil des Vertrags wirksam bleibt (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 60 HGB).
203(2) Bei Nichtigkeit des Arbeitsvertrags besteht im Regelfall ein sog. fehlerhaftes Arbeitsverhältnis, nur in besonderen Fällen ist die Nichtigkeit auch für die Vergangenheit zu beachten.
(a) Im Regelfall kann die Nichtigkeit des Vertrags – aus den zur Anfechtung genannten Gründen – nur für die Zukunft berücksichtigt werden. Jede der beiden Parteien ist in der Lage, sich durch einseitige Erklärung vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis zu lösen.
(b) Ausnahmsweise gebieten grundlegende Wertungen unserer Rechtsordnung die Beachtung der Nichtigkeit bereits für die Vergangenheit:
So wollen die §§ 104 ff. BGB die nicht geschäftsfähigen Personen schützen. Hat also der nicht geschäftsfähige Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag geschlossen, so ist dieser unwirksam. Vertragspflichten des Arbeitnehmers sind hier auch für die Vergangenheit nicht entstanden. Da die Nichtigkeit des Vertrags wegen mangelnder Geschäftsfähigkeit aber dem Schutz des Nichtgeschäftsfähigen dienen soll, kann der Arbeitgeber sich nicht auf die Nichtigkeit des Arbeitsvertrags berufen, wenn für den nicht geschäftsfähigen Arbeitnehmer der Lohn für die Vergangenheit, während der er gearbeitet hat, verlangt wird.
204Im umgekehrten Fall, in dem ein nicht geschäftsfähiger Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, muss der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Geschäftsfähigkeit zu seinen Gunsten auch für die Vergangenheit berücksichtigt werden, denn der Schutz des nicht geschäftsfähigen Arbeitgebers geht nach der Wertung des Gesetzes den Interessen des Arbeitnehmers vor. Dem Arbeitnehmer stehen also in diesem Fall keine Lohnansprüche aus Vertrag zu (h. M.); er kann wegen der geleisteten Arbeit lediglich Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen.
Die Nichtigkeit des Arbeitsvertrags ist trotz bereits geleisteter Arbeit auch für die Vergangenheit zu berücksichtigen, wenn der Inhalt des Vertrags gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB; z. B. Fehlen der Approbation bei ärztlicher Tätigkeit, BAG NZA 2005, 1409) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstößt. Dann entsteht kein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis. Hier will die zur Nichtigkeit führende Wertung gerade die Arbeitsleistung und deren Entlohnung verhindern, so dass der Vertrag keine rechtlichen Wirkungen entfalten kann (Fall f: Falschmünzerei). Auch Bereicherungsansprüche sind ausgeschlossen (§ 817 Satz 2 BGB).