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II.Mängel des Arbeitsvertrags und ihre Folgen 1.Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe

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187a) Die Nichtigkeitsgründe beim Arbeitsvertrag entsprechen denen bei anderen Rechtsgeschäften. Zu nennen sind beispielsweise Formmangel (Rdnr. 177 ff.), fehlende Geschäftsfähigkeit (Rdnr. 183 f.), Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) und die Sittenwidrigkeit des Vertrags (§ 138 BGB).

(1) Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB (Brox/Walker, AT, § 14 Rdnr. 2 f.) kann jede Rechtsnorm sein. Auch Tarifverträge (vgl. § 4 Abs. 1 TVG) und Betriebsvereinbarungen (vgl. § 77 Abs. 1 BetrVG) fallen nach h. M. unter § 134 BGB. Zu erwähnen sind vor allem Bestimmungen zum Schutze der Arbeitnehmer (z. B. Abschlussverbote, Normen über Höchstarbeitszeit) sowie Strafvorschriften; so ist ein Arbeitsvertrag, der eine wegen eines Berufsverbots nach § 70 StGB untersagte Tätigkeit zum Inhalt hat, unwirksam, da er gegen § 145c StGB verstößt.

188Der Arbeitsvertrag über die Herstellung von Falschgeld (Fall f; § 146 StGB) ist wegen Gesetzesverstoßes nichtig; X hat also keinen Anspruch auf die Arbeitsleistung des Y. Handelt es sich dagegen um eine Schlosserwerkstatt, ist nur die Vereinbarung über die tägliche Arbeitszeit von elf Stunden (wegen Verstoßes gegen § 3 ArbZG) nichtig. Würde hier die Teilnichtigkeit nach der Auslegungsregel des § 139 BGB zur Nichtigkeit des ganzen Vertrags führen, würde die den Schutz des Arbeitnehmers bezweckende Vorschrift zu dessen Nachteil wirken. Daher wird die Auslegungsregel des § 139 BGB teleologisch nicht angewandt, so dass der Arbeitsvertrag mit der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit gültig ist (allgemein Brox/Walker, AT, § 15 Rdnr. 8.). Wäre eine Höchstarbeitszeit im Tarifvertrag vorgesehen und würde der Arbeitsvertrag dagegen verstoßen, träte nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG die tarifliche Arbeitszeit an die Stelle der Arbeitszeitvereinbarung.

Aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes ist (anders als im Verhältnis Werkunternehmer – Besteller, vgl. BGH NJW 2013, 3167) die Vereinbarung von Schwarzarbeit nicht insgesamt wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 SchwarzArbG nichtig, sondern nur die Hinterziehungsabrede als solche (BAG NJW 2010, 2604).

189(2) Ein Arbeitsvertrag kann gegen die guten Sitten verstoßenund insbesondere wegen Lohnwuchers(§ 138 Abs. 1 BGB) bzw. eines wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 2 BGB) nichtig sein. „Nach § 138 I BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist“ (m. w. N. BAG NZA 2016, 1409 Rn. 31). § 138 BGB ist dabei neben § 1 MiLoG anwendbar (ErfK/Franzen, § 1 MiLoG Rdnr. 1; Däubler, NJW 2014, 1924, 1927).

Beispiele: Vorführung des Geschlechtsverkehrs auf der Bühne (BAG AP Nr. 34 zu § 138 BGB). Das BAG hat sich mittlerweile der vom BGH (BGHSt 43, 53) und den Instanzgerichten (LAG Berlin, NZA-RR 1998, 392; LAG Bremen, BeckRS 2008 56018; LAG Rheinland-Pfalz BeckRS 2008 55566) vertretenen Auffassung zum Lohnwucher angeschlossen, wonach ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung i. S. d. § 138 Abs. 2 BGB vorliegt, wenn der vereinbarte Lohn weniger als 2/3 des Tariflohnes beträgt. (BAG NZA 2012, 978; vgl. zur Bestimmung der Sittenwidrigkeit Henssler/Sittard, RdA 2007, 159). Im Fall des Lohnwuchers ist nur die Entgeltvereinbarung, nicht der ganze Arbeitsvertrag nichtig; an die Stelle der vereinbarten tritt die übliche Vergütung (vgl. § 612 Abs. 2 BGB) oder § 1 MiLoG, siehe Rdnr. 172. Allerdings stellt sich das praktische Problem, dass der Arbeitnehmer die subjektiven Voraussetzungen von § 138 BGB (bei Absatz 2 Kenntnis vom Missverhältnis sowie Ausnutzen der Unterlegenheit des Arbeitnehmers, bei Absatz 1 eine verwerfliche Gesinnung) beweisen muss, wenn nicht die übliche Vergütung mindestens doppelt so hoch ist wie die vereinbarte (BAG AP Nr. 67 zu § 138 BGB).

190b) Mögliche Anfechtungsgründeergeben sich aus den §§ 119 ff. BGB (Brox/Walker, AT, § 18 Rdnr. 1). Arbeitsrechtlich bedeutsam sind vor allem der Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Person und die arglistige Täuschung. Aufgrund der Natur als Dauerschuldverhältnis kann bei einem Arbeitsvertrag eine Anfechtung wegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen sein, wenn die Rechtslage des Getäuschten im Zeitpunkt der Anfechtung nicht mehr beeinträchtigt ist.

(1) Zu einer Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB berechtigt ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Vertragspartners. Als Eigenschaften des Arbeitnehmers kommen z. B. dessen Vorbildung, berufliche Fähigkeiten, Gesundheitszustand, Zuverlässigkeit oder Vertrauenswürdigkeit in Betracht. Erheblich ist die Eigenschaft jedoch nur, wenn sie in unmittelbarer Beziehung zum Inhalt des Arbeitsvertrags steht (z. B. HIV-Infektion bei einer Operationsschwester).

Vorstrafen sind keine Eigenschaften des Arbeitnehmers; aber sie lassen auf dessen Eigenschaften schließen. So sprechen im Fall g die Vorstrafen wegen Diebstahls für mangelnde Ehrlichkeit; diese Eigenschaft wird bei einer Einstellung als Kassiererin im Verkehr als wesentlich angesehen. Dagegen ist das Verhalten im Straßenverkehr für die Tätigkeit als Kassiererin unerheblich.

Die Schwangerschaft ist keine verkehrswesentliche Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB, da sie kein Dauerzustand ist (BAG AP Nr. 15 zu § 123 BGB; Fall g). Ohnehin würde eine Anfechtung dem Sinn des MuSchG widersprechen; denn sie würde zur Entlassung der Schwangeren wegen der Schwangerschaft führen, was das Gesetz (vgl. § 9 MuSchG) gerade verhindern will. Eine Anfechtung wegen Schwangerschaft wäre überdies eine unzulässige Benachteiligung aus Gründen des Geschlechts (§§ 1, 7, 3 Abs. 1 Satz 2 AGG).

Im Fall g kann der Vertrag also nur wegen Irrtums über die Ehrlichkeit der B nach § 119 Abs. 2 BGB angefochten werden.

191(2) Vor der Einstellung eines Arbeitnehmers wird diesem im Bewerbungsverfahren in der Regel eine Reihe von Fragen vorgelegt. Im Hinblick auf die Anfechtbarkeit des Vertragsschlusses wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB ist es wichtig, welche Fragen dem Bewerber zulässigerweise gestellt werden dürfen. Es geht also um den Umfang der „Offenbarungspflicht“ des Arbeitnehmers, die nur bei zulässigen Fragen besteht. Das sind solche, die mit dem Arbeitsplatz und der zu erbringenden Leistung in einem Sachzusammenhang stehen. Dabei ist das Interesse des Arbeitnehmers an der Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) gegen das Interesse des Arbeitgebers (unternehmerische Freiheit, Art. 12 Abs. 1 GG) abzuwägen, sich ein verlässliches Bild über die fachliche und persönliche Eignung des Bewerbers für diesen Arbeitsplatz zu machen.

Der Schutz der Arbeitnehmerinteressen wird dadurch gestärkt, dass Personalfragebögen der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen (§ 94 Abs. 1 BetrVG; vgl. Rdnr. 1122).

192Ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschungsetzt zunächst eine Täuschungshandlung voraus. Diese kann in einem positiven Tun (z. B. unwahre Beantwortung von Fragen) oder – wenn eine Pflicht zur Aufklärung gegeben ist (z. B. Verschweigen einer chronischen Krankheit, welche die Arbeitsleistung dauerhaft unmöglich macht) – in einem Unterlassen bestehen. Die Arglist ist im Rahmen des § 123 BGB gleichbedeutend mit vorsätzlichem Handeln.

Die Täuschung muss zudem widerrechtlich sein (Brox/Walker, AT, § 19 Rdnr. 6). Zwar verlangt der Wortlaut des § 123 BGB die Widerrechtlichkeit nur in der Drohungsvariante. Dies liegt jedoch daran, dass der historische Gesetzgeber davon ausging, jede arglistige Täuschung sei widerrechtlich. Die im Folgenden besprochenen Fälle zeigen allerdings, dass eine Täuschung u. U. durchaus gerechtfertigt sein kann, so dass im Wege der teleologischen Reduktion das Merkmal der Widerrechtlichkeit auch im Falle der arglistigen Täuschung zu prüfen ist.

Stellt der Arbeitgeber dem Stellenbewerber vor der Einstellung eine unzulässige Frage (z. B. nach im Strafregister bereits gelöschten Vorstrafen), kann der Bewerber die Beantwortung verweigern oder wahrheitsgemäß antworten, also die Vorstrafen angeben; in beiden Fällen wird er regelmäßig die Stelle nicht bekommen. Die Chance, eingestellt zu werden, hat er nur, wenn er die unzulässige Frage wahrheitswidrig beantwortet. Wird er daraufhin eingestellt, kann der Arbeitgeber nicht mit Erfolg wegen arglistiger Täuschung anfechten. Die Anfechtung scheidet aber nicht mangels Arglist (so BAG AP Nr. 2 zu § 123 BGB, AP Nr. 15 zu § 123 BGB) aus. Vielmehr fehlt es an der Widerrechtlichkeit der Täuschung. Der Arbeitgeber darf also nur auf zulässige Fragen eine wahrheitsgemäße und vollständige Antwort erwarten, bei unzulässigen Fragen hat der Arbeitnehmer ein „Recht zur Lüge“.

193Seit Inkrafttreten des AGG sind Fragen, die an eines der in § 1 AGG aufgeführten Merkmale anknüpfen, in erhöhtem Maße auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG – Zugang zur Erwerbstätigkeit; dazu Däubler/Bertzbach, AGG, § 7 Rdnr. 20 ff.; Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169). Fragen nach Diskriminierungsmerkmalen können Indizien i. S. des § 22 AGG sein und somit zu einer Umkehr der Beweislast zulasten des Arbeitgebers bei Entschädigungsansprüchen führen (s. Rdnr. 220). Nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags bestehen weitergehende Fragemöglichkeiten des Arbeitgebers. Ausführlich zu der rechtlichen Ausgestaltung des AGG siehe Rdnr. 374 ff.

194Die Frage nach den Vorstrafen einer Kassiererin wegen begangener Vermögensdelikte ist zulässig, nach denen wegen begangener Verkehrsstraftaten dagegen mangels Erheblichkeit für den Arbeitsplatz unzulässig (Fall g). Ist die Vorstrafe allerdings nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen (unter anderem Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen, s. im Einzelnen § 32 Abs. 2 BZRG), so wird dem Arbeitnehmer das Recht in § 53 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BZRG zugestanden, solche Verurteilungen auch dem Arbeitgeber gegenüber zu verschweigen (vgl. § 53 BZRG).

195Fragen nach einer bestehenden Schwangerschaft wurden zunächst nur unter dem Gesichtspunkt diskutiert, ob dem zur Vertragsfreiheit des Arbeitgebers gehörenden Interesse an einer umfassenden Information über die Stellenbewerberin oder dem aus dem Persönlichkeitsrecht der Bewerberin folgenden Interesse am Schutz ihrer Intimsphäre der Vorrang einzuräumen ist. Das BAG (NZA 1986, 739) vertrat zeitweise eine differenzierende Ansicht: Eine unzulässige geschlechtsbedingte Benachteiligung sollte nur vorliegen, wenn sich auch Männer um denselben Arbeitsplatz beworben hatten, nicht dagegen bei einem rein weiblichen Bewerberkreis, weil dann eine Schwangere nur gegenüber Kandidatinnen desselben Geschlechts benachteiligt werde. Diese Lösung war sachwidrig und führte zudem bei nachträglichen Änderungen im Bewerberkreis zu Schwierigkeiten. Der EuGH hat zutreffend die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach der Richtlinie 76/207/EWG generell für unzulässig erklärt (EuGH NJW 1991, 628), eine Entscheidungspraxis, der sich das BAG angeschlossen hat (NZA 1993, 257).

196Fragen des Arbeitgebers nach einer bestehenden Schwangerschaft sind demnach in aller Regel unzulässig, dürfen also von der Bewerberin wahrheitswidrig verneint werden. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der restriktiven §§ 1, 7 AGG. § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG stellt die ungünstigere Behandlung einer Schwangeren oder Mutter der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts gleich. Der EuGH hat seine Rspr. auf (für sechs Monate) befristete Arbeitsverträge mit Schwangeren ausgedehnt, die beim Vertragsschluss ihre Schwangerschaft verschweigen. Der Vertrag ist dem EuGH zufolge selbst dann nicht anfechtbar, wenn beim Abschluss bereits feststeht, dass die Arbeitnehmerin während des wesentlichen Teils ihrer Vertragszeit (vier von sechs Monaten) nicht arbeiten kann (EuGH NJW 2002, 123; kritisch Herrmann, SAE 2003, 125). Die Rspr. erscheint nicht abschließend durchdacht, weil sie den eigentlichen Zielen des Gerichts (Schutz von Mutter und Kind sowie Schutz vor Frauendiskriminierung) zuwiderläuft. Schwangere sollten sich danach sofort nach einem befristeten Arbeitsvertrag umschauen. Der EuGH wird mittelbar zum Anstifter für Eingehungsbetrug. Gelingt der Bewerberin ein solcher Vertragsschluss, so erhält sie „Mutterschutzlohn“ ohne Arbeitsleistung (Herrmann, SAE 2003, 125, 131). Gleichwohl hat das BAG dem EuGH folgend seine Rspr. ebenfalls verschärft (BAG NZA 2003, 848).

Eine Arbeitnehmerin, die dem Arbeitgeber das Bestehen einer Schwangerschaft mitgeteilt hat, ist verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über das ­vorzeitige Ende der Schwangerschaft zu unterrichten. Das BAG verneint wenig überzeugend einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers, wenn die Arbeitnehmerin diese Mitteilung schuldhaft unterlässt (BAG NZA 2000, 1157 = RdA 2001, 333 m. krit. Anm. Bittner).

197Die Falschbeantwortung einer Frage nach früherer Stasi-Tätigkeit kann eine Anfechtung, jedenfalls aber eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Das gilt besonders im öffentlichen Dienst. Bei Beamten ist eine solche falsche Antwort sogar strafbar (BGH NJW 1999, 1485). Bei privaten Arbeitgebern gilt dies nur eingeschränkt: Die Frage muss durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers gerechtfertigt sein (BAG NZA 2003, 265), was allenfalls bei Tätigkeiten im sicherheitsrelevanten Bereich oder in Tendenzbetrieben als möglich erscheint, da eine Wiederholung der Stasi-Tätigkeit ausgeschlossen ist (vgl. HWK/Thüsing, § 123 BGB Rdnr. 28 f.).

Die Frage nach einer (bereits ausgebrochenen) AIDS-Erkrankung ist wegen der potentiell bevorstehenden Arbeitsunfähigkeit zulässig; dagegen darf der Arbeitgeber nach einer HIV-Infektion nur dann fragen, wenn von der beruflichen Tätigkeit (z. B. Heilberuf) des infizierten Bewerbers eine besondere Gefahr für andere Personen ausgeht (Richardi, NZA 1988, 74 f.). Das BAG (NZA 2014, 372) geht davon aus, dass auch eine symptomlose HIV-Infektion eine Behinderung i. S. d. § 1 AGG ist, was sich etwa bei einer Kündigung auswirkt. Sie führe zu einer chronischen Erkrankung, die sich auf die Teilhabe des Arbeitnehmers an der Gesellschaft auswirkt. Das gelte so lange, wie das gegenwärtig auf eine solche Infektion zurückzuführende soziale Vermeidungsverhalten und die darauf beruhenden Stigmatisierungen andauern (s. auch Rdnr. 356).

198Bei Behinderungen des Arbeitnehmers muss nach der Rspr. unterschieden werden: Die Frage nach einer Behinderung ist nur zulässig, wenn diese die Eignung des Stellenbewerbers für die vorgesehene Tätigkeit beeinträchtigt (BAG NZA 1985, 57). Anders ist es bei Schwerbehinderten. Ist der Stellenbewerber als Schwerbehinderter anerkannt, so knüpfen sich daran für den Arbeitgeber während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmte gesetzliche Pflichten. Diese begründen ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Frage auch dann, wenn sich die Schwerbehinderteneigenschaft auf die vorgesehene Tätigkeit nicht auswirkt. Wird die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft vom Arbeitnehmer bewusst falsch beantwortet, so rechtfertigte dies nach der älteren Rspr. die Anfechtung des Arbeitsvertrags nach § 123 BGB (BAG NZA 2001, 315; zum Ganzen MüKoBGB/Thüsing § 11 AGG Rdnr. 25 f. m. w. Nachw.). Aktuelle Entscheidungen des BAG liegen nicht vor. Zulässig dürfte die Frage jedenfalls dann sein, wenn sie gerade darauf zielt, einen Schwerbehinderten einzustellen. Der Arbeitgeber darf außerdem nach Ablauf von 6 Monaten (dann greift gemäß § 168 ff. SGB IX n. F. der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte) nach der Schwerbehinderteneigenschaft fragen, wenn er für eine bevorstehende Kündigung wissen will, ob er diesen besonderen Kündigungsschutz beachten muss (BAG NZA 2012, 555; s. auch Rdnr. 614).

Bei Fragen nach dem Alter ist darauf abzustellen, ob diese auf einem berechtigten Interesse beruhen (vgl. § 10 AGG) oder ob sie diskriminierenden Charakter haben und zu einer unzulässigen Benachteiligung wegen des Alters (§§ 7, 1 AGG) führen.

Im Fall g kann A – unter den unter Rdnr. 194 geschilderten Voraussetzungen – wegen wahrheitswidriger Angaben über die Diebstahlsvorstrafen den Vertrag nach § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechten.

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