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10. Kapitel
ОглавлениеAccolito hatte den weiten Weg bis zu seiner momentanen Behausung zu Fuß zurückgelegt. Das machte er immer so, wenn er einen Auftrag erhalten hatte. Er merkte dann kaum, wo er sich im Moment befand und marschierte fast wie in Trance nach Hause, in Gedanken schon bei dem, was man ihm aufgetragen hatte, zu tun.
Sein angemietetes Zimmer lag im Nordwesten von San Lorenzo, in der Via Pavia, eine knappe Fußstunde von der Kirche San Laurenzio in Damaso entfernt. In gleichmäßigem Takt setzte er einen Fuß vor den anderen und trotz seines gewichtigen Körpers legte er eine Leichtigkeit in seiner Bewegung an den Tag, die ihm so schnell niemand zugemutet hätte.
Seine rechte Hand fühlte in der Hosentasche das Stück Papier, das man in der Kirche für ihn platziert hatte. Er zog es heraus und las den darauf vermerkten Namen einige Male, um ihn sich einzuprägen. Dann zerknüllte er den Zettel und warf ihn im Vorübergehen in einen der städtischen Müllbehälter, in den Passanten jeden Unrat hineintaten, dessen sie sich entledigen wollten. Diesen Zettel, das wusste er, würde niemand mehr in die Hand bekommen. Und wenn schon, niemand würde etwas damit anfangen können. Ein Name, mehr stand nicht darauf. Der Name eines Menschen, der nicht mehr lebte. Na und? Dann hatten sie eben etwas zum Nachdenken.
Er verwarf alle Gedanken, die den Zettel betrafen. Niemand würde ihn jemals in die Hände bekommen. Die Leerung der Mülleimer würde spätestens morgen früh erfolgen. Ach, was machte er sich Gedanken wegen eines kleinen unwichtigen Zettels.
Als Accolito die Tür seiner Wohnung hinter sich geschlossen hatte, war sein erster Weg der zu seinem Computer. Es war ein Notebook, das er unter dem Bett hervorholte, dort wo er auch seinen einzigen Koffer mit den notwendigsten Habseligkeiten deponiert hatte. Er stellte das Gerät auf dem kleinen Tisch, -eines der wenigen Möbelstücke außer dem Kleiderschrank und einem Nachttisch-, ab, setzte sich auf den altersschwachen Holzstuhl davor und stöpselte einen Internet-Stick ein. Kurz darauf öffnete sich der Windows-Bildschirm und wenige Minuten später surfte er bereits im Internet.
Es war eine ganz bestimmte Seite, der er sich widmete. Ornithologie für Jedermann stand auf der Eingangsseite zu lesen und als Zierrat waren diverse Vogelarten abgebildet. Eine Leiste mit mehreren Verlinkungen führte zu den einzelnen Vogelgattungen, wo sie dem interessierten Betrachter in allen Einzelheiten und Besonderheiten vorgestellt wurden.
Doch es gab auch einen internen Bereich, den man nur betreten konnte, wenn man den Zugangscode dafür eingab.
Accolito kannte den Code. Schließlich hatte man ihn als Mitglied aufgenommen und ihm einen eigenen Account eingerichtet.
Mit seinen beiden wuchtigen Zeigefingern gab er das Kennwort ein und betätigte die Enter-Taste. Der Link, der sich nun auf dem Bildschirm öffnete, hatte allerdings mit Ornithologie nicht im Entferntesten etwas zu tun. Nach und nach baute sich die Seite auf und offenbarte eine unzählige Menge von Fotos in Passbildgröße, die auch nach Betätigen der Scroll-Leiste am Bildschirmrand nicht zu enden schien. Ein Doppelklick auf eines der Miniaturen und das Foto wurde in seiner vollen Größe angezeigt.
Accolitos Atem ging schneller, als er sich nach vorne beugte und sein Gesicht dem Bildschirm näherte. Gierig sog er das sich ihm bietende perverse Angebot der minderjährigen, hilflosen und gequälten kindlichen Kreaturen mit lüsternen Blicken auf. Dann schloss er die Augen und versank in einer Welt, die ihm all das gab, was ihm Erwachsene nicht geben konnten.