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8. Müritzsee (Deutsche Demokratische Republik), Juni 1990

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Die beiden älteren Herren genossen den Blick auf den Müritzsee. Das Licht der untergehenden Sonne spiegelte sich im Wasser und tauchte die Glasfront des großen Wohnzimmers in einen rötlichen, warmen Glanz. Die Tür zum Wohnzimmer öffnete sich. Eine vornehm aussehende ältere Frau steckte den Kopf durch die Tür.

„Abendessen in zwanzig Minuten.“

„Danke, Trudchen. Es riecht auch schon verlockend im ganzen Haus“, rief der dickere der beiden Männer seiner Haushälterin zu.

Beide rauchten ihre Zigarre und saßen sich in großen, hohen Sesseln gegenüber.

„Hast Du was von Neumeyer alias Wagner gehört?“

„Nein, er ist wie vom Erdboden verschluckt!“

„Dann war unser ganzes Vertrauen in Wagner umsonst?“

„Das glaube ich nicht! Wagner muss eine Menge Vorbereitungen treffen. Das macht er alles im Verborgenen. Und wenn wir noch nichts von ihm gehört haben, dann ist das kein Grund zur Beunruhigung. Wir haben ein Schema, wie wir mit ihm kommunizieren. Es geht über einen toten Briefkasten. Den ersten Rapport erwarten wir in exakt einer Woche.“

„Und was ist, wenn er sich nicht meldet? Was ist, wenn er eine Schweinerei versucht?“

„Wir haben Druckmittel, damit das nicht vorkommt.“

„Oh! Und die wirken?“

„Das Leben seiner Kinder steht auf dem Spiel und das weiß er.“

„Kann er sie denn nicht beschützen oder wegschaffen?“

„Nein, das ist ganz unmöglich, er kennt sie nicht und weiß auch nicht, wo sie leben.“

„Wieso das?“

„Er wusste nicht, dass er Kinder hat. Sie sind das Ergebnis einer Romanze. Die Frau hat es ihrem Gatten gebeichtet, kurz bevor sie an Krebs verstarb. Wir haben das für uns behalten und ihn erst kürzlich darüber informiert.“

„Könnte er nicht versuchen, nach seinen Kindern zu suchen?“

„Und dann, wenn er sie gefunden hat? Er hat keine offizielle Vaterschaft, er kann nicht in das Heim spazieren, in dem sie unter Aufsicht leben und sie mitnehmen. Wir haben unsere Leute im Heim, die die Kinder und alle Besucher genau beobachten. Beim geringsten Verdacht werden sie sofort verlegt.“

Beide pafften und schauten in den Sonnenuntergang.

„Darfst Du auch nur unter Aufsicht telefonieren?“

„Dieser Hausarrest ist eine Schande. Was haben wir angestellt? Man kann uns nicht ins Gefängnis stecken, das wird keiner schaffen, weil wir nie etwas verbrochen haben. Und Hausarrest gibt es eigentlich im DDR-Rechtskodex nicht. Es ist völlig illegal, was man mit uns macht. Trotzdem kann ich mit meinen Leuten auf eigenen Wegen kommunizieren. Dieses Haus ist löchrig wie ein Schweizer Käse.“

„Meinst du, Wagner schafft das Projekt?“

„Wenn es einer schafft, dann er.“

„Und wenn er später die Geschichte ausposaunt?“

„Es gibt für ihn kein Später, das Geld hat ihn blind gemacht.“

Der Immanuel-Plan

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