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Bericht Neithadl-Off

Ich hatte soeben etwas Bemerkenswertes festgestellt, dass nämlich der Längsdurchmesser vom Schwert des Rächers, viermal mit sich selbst multipliziert, genau die Strecke ergab, die wir uns mit Hilfe der Brücke von Llokyr – was immer das konkret gewesen sein mochte – vom Knaufstern des Schwertes entfernt hatten, da wurde meine Aufmerksamkeit auf Anima gelenkt.

Die Hominidin hatte den Mund wie zu einem Schrei geöffnet, brachte aber keinen Ton heraus – und sie starrte aus weit geöffneten Augen auf die linke obere Ecke des Frontbildschirms und zeigte zugleich mit steif ausgestrecktem Arm dorthin.

Ich ahnte, dass sie wieder den Ruf ihres Ritters empfing.

Im nächsten Moment sackte sie in sich zusammen. Ich wollte sie auffangen, aber ich startete nicht schnell genug. Goman-Largo war flinker. Er fing Anima in seinen starken Armen auf.

Es war ungerecht.

Ich konnte nicht bewusstlos umfallen.

»Glotz nicht so mit deinen Sensorstäbchen!«, fuhr der Tigganoi mich an. »Stell lieber fest, auf welchen Stern Anima uns aufmerksam machen wollte!«

Ich stand starr und steif vor Entrüstung.

Was fiel diesem Mann ein, mich herumzukommandieren! Ich war schließlich nicht irgendwer, sondern eine Parazeit-Historikerin und Weltraumreisende, die schon viele Galaxien durchkreuzt und viele Geheimnisse auf allen Zeitebenen erforscht hatte.

»Frag POSIMOL!«, schnaubte Nussel und piekste mich mit seinem spitzen Horn.

Ich stieß einen so schrillen Pfiff aus, dass die Instinkte im Einhorn die Oberhand gewannen und Nussel sekundenlang scheuend herumhüpfte.

»Welcher Stern war es, POSIMOL?«, wandte ich mich an die Bordpositronik. »Ich hoffe, du hast die Verlängerung der Geraden gezogen, die Anima mit ihrem Arm anzeigte.«

»Positiv!«, schnarrte POSIMOL.

Sie schnarrte tatsächlich! Offenkundig wollte sie damit bekunden, dass sie sich für klüger hielt, als wir Reisenden es alle zusammen waren. Es war lächerlich!

»Zeige ihn mir!«, befahl ich.

Die Positronik schaltete eine Sektorvergrößerung. Innerhalb einer Kreisfläche des Frontschirms war nur noch ein Stern zu sehen.

Eine gelbrote Sonne!

Sie sah nicht nach etwas Besonderem aus. Aber ich sagte mir, dass das überhaupt nichts bedeutete. Atlan konnte sich auf dem gewöhnlichsten aller gewöhnlichen Planeten unter einer Durchschnittssonne befinden. Das spielte keine Rolle. Die Hauptsache war, dass wir ihn endlich gefunden hatten.

Das war jedenfalls aus Animas Reaktion hervorgegangen.

»Ist sie in deinem Sternenkatalog gespeichert?«, erkundigte ich mich weiter – natürlich ohne die geringste Hoffnung auf eine bejahende Antwort.

»Ja«, antwortete POSIMOL und ließ mich mit allen Beinen gleichzeitig in die Höhe springen. »Es ist die Sonne Muruth. Sie hat neun Planeten, von denen einer ab und zu verschwinden soll. Der vierte Planet ist bewohnt und heißt Cirgro.«

»Hast du das gehört, Spezialist der Zeit?«, pfiff ich den Modulmann an, damit er auch mit nachdachte, anstatt dieses Weibsstück von einer Hominidin so sorgfältig auf einen heruntergeklappten Kontursessel zu betten, als sei sie aus Zuckerwerk.

»Natürlich habe ich es gehört«, gab der Tigganoi mürrisch zurück. »Ich bin doch nicht taub.« Er hob Animas Lider hoch und glotzte ihr tief in die Pupillen. »Ah, sie kommt wieder zu sich!«, rief er dann erfreut.

Als ob es ihm völlig egal wäre, dass POSIMOL über die Speicherdaten des Sonnensystems verfügte, aus dem Anima den Ruf ihres Ritters empfing!

Männer!

Goman-Largo tätschelte Nussel, der sich besorgt über Anima beugte, den Hals, dann wandte er sich dem KOM-Sektor POSIMOLS zu und fragte ungeduldig:

»Warum spuckst du nicht mehr Daten über Cirgro aus, Positronik?«

»Ausspucken?«, echote POSIMOL. »Es tut mir leid, aber ich bin kein Versorgungsautomat.«

»Du weißt schon, was ich meine«, erwiderte der Modulmann streng. »Also, stell dich gefälligst nicht dumm, POSIMÖLCHEN!«

»Ich wollte nur zur allgemeinen Aufhellung der Stimmung beitragen«, erklärte die Bordpositronik. »Ja, ich habe noch Daten über Cirgro. Es handelt sich um eine Sauerstoffwelt mit der für Planeten dieser Zustandsklasse üblichen Größe, einer Schwerkraft von 1,01 g, fünf Kontinenten, großen Ozeanen und zwei kompakten polaren Eiskappen. Das Klima ist ideal für die Entwicklung und Erhaltung von Leben auf Aminosäurebasis.«

»Weiter!«, drängte ich, als POSIMOL schwieg.

»Ich musste nur sortieren«, sagte die Positronik. »Die Informationen über das Leben auf Cirgro sind durcheinandergebracht. Ich weiß auch nicht, wie das geschehen konnte.«

»Vielleicht hat Anima sich daran zu schaffen gemacht«, meinte ich.

»Niemals!«, schnaubte das Einhorn entrüstet.

»Soviel noch zu erkennen ist, leben zwei grundverschiedene intelligente Arten auf Cirgro«, fuhr POSIMOL mit ihren Informationen fort. »Die Krelquotten und die Daila. Die Krelquotten sind die Ureinwohner und demnach die eigentlichen Eigentümer des Planeten. Es handelt sich um ursine Wirbeltiere. Die anderen Intelligenzen heißen Daila. Sie sollen von einem anderen Planeten in einem anderen Sonnensystem verbannt worden sein und genießen auf Cirgro nur Gastrecht. Es handelt sich um Simianer. Ihr sagt auch Hominide oder Humanoide dazu.«

»Hominide, Humanoide!«, wiederholte ich skeptisch. »Diese Intelligenzen haben meist den Drang, über alle anderen Arten zu dominieren. Wahrscheinlich haben sie die Ursinenabkömmlinge längst unterdrückt.«

»Ursinenabkömmlinge?«, fragte Anima, die soeben aus ihrer Ohnmacht erwacht war.

»Ursinen sind Bärenartige, so wie Felinen Katzenartige und Simianer Affenartige sind«, erläuterte Goman-Largo.

Mir gab es einen Stich, denn unwillkürlich fragte ich mich, warum meine Art nicht in der Klassifizierung enthalten sei.

»Unsere kleine Vigpanderin stellt allerdings einen Sonderfall dar«, fuhr der Tigganoi fort, als hätte er meinen Gedankengang erraten. »Sie lässt sich in kein Schema einordnen, zumindest nicht in das uns bekannte. Sie ist eben etwas ganz Außergewöhnliches.«

Mir lief es heiß und nass über die Körperoberfläche.

Ich war etwas Außergewöhnliches, hatte mein Modulmann gesagt! Ja, da hatte er nur allzu Recht! Aber auch nur er hatte das zugegeben. Er war also auch außergewöhnlich.

»Mir liegen keine Informationen darüber vor, dass die Daila die Krelquotten unterdrückt hätten, Neithadl-Off«, sagte POSIMOL – und ich bemühte mich, durch die Schleier, die meine Sensorstäbchen vernebelten, wenigstens den KOM-Sektor wieder deutlich zu sehen. »Zwar praktizieren die Daila die interstellare Raumfahrt, aber auf Cirgro sind ihre Niederlassungen auf streng abgegrenzte Gebiete beschränkt.«

»Dann müssen die Daila triftige Gründe dafür haben, die Wünsche der Krelquotten zu respektieren«, stellte ich fest. »Ursinen sind sonst für ihre Gutmütigkeit bekannt und dafür, dass sie sich von anderen intelligenten Arten fast immer mühelos ausnutzen lassen.«

»Woher weißt du das, Neithadl-Off?«, fragte Anima und setzte sich auf. »Bist du schon Ursinen begegnet?«

»Massenhaft!«, erwiderte ich. »Ich war mal in einer Galaxis, da gab es nur Ursinen. Sie hatten ein richtiges großes Bärenimperium aufgebaut.«

»Und du scheinst uns wieder mal einen Bären aufbinden zu wollen«, erklärte Anima.

»Warum denn das?«, fragte ich konsterniert. »Hier ist außerdem überhaupt kein Bärenartiger.«

»Es stammt aus Atlans Wortschatz«, entgegnete Anima, ohne mir eine verständliche Antwort zu geben.

Sie wirkte plötzlich in sich gekehrt.

»Atlan muss in diesem Sonnensystem sein«, erklärte sie. »Vorhin war mir sogar, als könnte ich ihn genau lokalisieren. Sein Ruf kam so deutlich und klar bei mir an, dass es mich überwältigte. Aber jetzt ist der Ruf nur noch wie zerstreut zu hören, als käme er von überall aus dem Sonnensystem zugleich. Wie heißt die Sonne eigentlich?«

»Muruth«, antwortete POSIMOL und blendete die übrigen Daten auf einem Bildschirm ein.

»Muruth!«, wiederholte Anima nachdenklich. »Nein, ich glaube nicht, dass ich diesen Namen schon einmal gehört habe. Wir werden erst einmal den Planeten Cirgro anfliegen. Was meint ihr?« Sie blickte den Modulmann und mich fragend an.

»Das denke ich auch«, stimmte ich zu. »Intelligenzen müssten uns am ehesten dabei helfen können, Atlan zu finden.«

»Sie könnten uns auch am ehesten daran hindern«, meinte der Modulmann nachdenklich. »Aber gut. Fliegen wir erst einmal Cirgro an. Du hast es gehört, POSIMOL! Oder soll ich auf Manuellkontrolle gehen?«

»Das wird vielleicht nicht nötig sein«, antwortete die Bordpositronik. »Allerdings werde ich vorsichtshalber nur langsam ins System einfliegen. Die Ortung des Schiffes hat nämlich zahlreiche kleine Massenansammlungen außerhalb des Systems erfasst.«

»Kometen!«, warf Goman-Largo ein.

»Nein, dazu sind die Masseballungen zu kompakt – und zu metallhaltig. Eine Wahrscheinlichkeitsberechnung ergab, dass es sich um die Überreste zerstörter Raumschiffe handeln könnte.«

Meine Haut wurde ganz trocken und kalt.

Die Überreste zerstörter Raumschiffe!

Eine Raumschiffsfalle!

Das hatte uns gerade noch gefehlt!

*

»Das Licht geht aus!«, sagte POSIMOL.

Ich wollte die Positronik gerade fragen, was die Bemerkung bedeuten sollte, denn aus Begegnungen mit den Angehörigen zahlreicher verschiedener Völker und Kulturen wusste ich, dass es beinahe mehr feststehende Redewendungen und im übertragenen Sinn gebrauchte Wörter als allgemeinverständliche Begriffe gab – da ging tatsächlich das Licht aus.

»Vorsicht!«, pfiff ich, denn da ich trotz meiner hochempfindlichen Sensorstäbchen plötzlich überhaupt nichts mehr sah, war die Dunkelheit sicher nicht auf das bloße Fehlen von Licht zurückzuführen.

Das Einhorn wieherte leise und fragend.

Jemand lachte.

Mir wurde noch trockener und kälter, denn wer immer da gelacht hatte, es war weder Anima noch Nussel noch Goman-Largo gewesen – und ich natürlich auch nicht.

Ich schaltete meine am Aggregatepak unter meinem Mattenkörper befestigte Lampe ein. Dennoch sah ich nichts.

Ich nahm die Lampe zwischen die Vordergliedmaßen und hielt sie mir vor die Gesichtsleiste. Diesmal sah ich etwas. Aber es verstärkte meine Beklemmung nur noch, denn alles, was ich sah, war die runde Kreisfläche der Lampe selbst. Sie glühte düster im Infrarotbereich. Das war alles.

»Modulmann?«, rief ich.

»Leise, Prinzessin!«, flüsterte der Tigganoi. »Ich habe das Gefühl, als schliche jemand durch die Zentrale, ein Fremder.«

»POSIMOL!«, rief Anima. »Was ist los?«

Nussel wieherte plötzlich schrill und voller Panik. Hufe stampften. Etwas streifte mich und warf mich beinahe um. Noch einmal wieherte Nussel. Nein, er schrie förmlich vor grauenhafter Angst! Dann entfernte sich das rasend schnelle Getrappel von Hufen.

Ich trippelte so gut wie lautlos nach rechts, um an ein Schaltpult beziehungsweise an eine Wand zu kommen. Plötzlich stieß ich an etwas, das mit gierigen Klauen nach mir griff. Ich ließ die Lampe fallen und schlug mit beiden Vordergliedmaßen zu, dann stürmte ich vorwärts.

Etwas warf sich auf mich.

Ein Angriff!

Ich ließ meinen Mattenkörper hochschnellen. Sofort war er die Last des Angreifers los. Im nächsten Moment prallte schräg hinter mir etwas dumpf auf, dann strampelten zahlreiche Gliedmaßen herum.

»Das Licht geht an!«, sagte POSIMOL.

Es wurde so schlagartig wieder hell, wie es dunkel geworden war.

Als erstes sah ich die Ballung dampfender, apfelgroßer Gebilde, die auf dem Boden lag und von einer durchschlagenden Angstreaktion Nussels zeugte.

»Ihr seid fein 'raus!«, entfuhr es mir.

Dann wirbelte ich herum, aufgeschreckt durch das Ächzen und Stöhnen hinter mir.

Was ich sah, ließ mich beinahe erblinden.

Goman-Largo und Anima engumschlungen auf dem Fußboden und anscheinend in eine intensive Bewegungsübung verstrickt!

Nur mein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein – vor allem für meinen Modulmann – ließ mich die Sensorstäbchen nicht völlig desaktivieren, sondern im Gegenteil auf optimale Leistung hochfahren.

Da wurde mir zu meiner Erleichterung klar, dass ich die Situationen missdeutet hatte.

Goman-Largo und Anima trugen nicht nur immer noch ihre Kombinationen, sondern bemühten sich vor allem verzweifelt darum, ihre miteinander verschlungenen Gliedmaßen schnellstens wieder zu entwirren.

Sie mussten durch einen dummen Zufall übereinander gestürzt sein.

So wie ich anscheinend durch einen dummen Zufall mit einem Fremden zusammengestoßen sein musste.

Die Erinnerung an den Kampf ließ mich die Zentrale gründlicher durchmustern. Aber so, wie ich den Angreifer hochgeschleudert hatte, konnte er eigentlich nicht sofort danach entkommen sein. Er musste ziemlich hart aufgeprallt sein.

Ich drehte mich um mich selbst, denn ich erinnerte mich wieder daran, dass ich einen dumpfen Aufprall hinter mir gehört hatte.

Nichts zu sehen!

Knisterkalt fiel mir ein, dass ich in die falsche Richtung sah. Ich hatte mich ja schon vorher einmal um mich selbst gedreht gehabt – und dort lagen Goman-Largo und Anima.

Erneut drehte ich mich um.

Meine Gefährten hatten sich soeben befreit und halfen sich gegenseitig hoch. Auf Animas Wangen brannten zwei dicke Striemen.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, das war er.

Ich hatte im Dunkeln Anima für einen Fremden gehalten, ihr zwei heftige Schläge mit den Vordergliedmaßen versetzt und sie dann, als sie gestrauchelt und auf mich gefallen war, hochgeschleudert. Ihre Landung war dann auf Goman-Largo erfolgt.

Mein armer Modulmann!

Wie hatte mich Anima auch nur angreifen können!

»Warum bist du nicht stehen geblieben?«, pfiff ich die Hominidin zornig an.

»Ich war stehen geblieben«, entgegnete Anima. »Aber etwas rammte mich plötzlich von vorn – und ich versuchte, mich festzuhalten.« Ihre Augen weiteten sich. »Du warst das, Neithadl!«, schrie sie. »Du hast mich gerammt und dann hochgeschleudert – und deinetwegen bin ich auf Goman-Largo gefallen und hätte ihm fast ein paar Knochen gebrochen.«

»Bestimmt hast du es genossen«, gab ich zurück. »Und außerdem – warum bist du mitten in der Zentrale herumgestanden, obwohl es spukte? Du hättest dich zu Boden werfen sollen.«

»Und warum hast du dich nicht zu Boden geworfen?«, entgegnete die Hominidin.

»Das wollte ich doch«, erklärte ich. »Aber natürlich nicht mitten in der Zentrale. Deshalb bin ich ja zur Seite gegangen.« Ich wandte mich an den Tigganoi. »Du hast mich selber gewarnt und gesagt, jemand schliche durch die Zentrale.«

»Richtig«, gab Goman-Largo zu. »Das war auch der Fall. Und etwas hat gelacht.«

»Ob es einer der Diebe war, die in der Station MANAM-PZAN an Bord geschlichen sind?«, meinte Anima.

»Nein, das glaube ich nicht«, erwiderte ich. »Diese Diebe haben es nicht nötig, die Dunkelheit für ihre Untaten zu benutzen. Sie klauen am helllichten Tag, ohne erwischt zu werden.«

»Ich denke auch nicht, dass sie es waren«, sagte Goman-Largo und griff unwillkürlich an das Multifunktionsarmband, das er als Ersatz für sein gestohlenes eigenes trug. »Diesmal nicht.«

Er blickte zum KOM-Sektor der Positronik.

»Aber eigentlich solltest du uns etwas erzählen können, POSIMOL«, unterstellte er. »Du hast schließlich den Anfang und das Ende des Zwischenfalls angekündigt.«

»Keine Information«, behauptete POSIMOL.

»Aber du musst doch noch wissen, was du gesagt hast!«, entrüstete sich mein Modulmann. »Und als High-Tech-Produkt solltest du auch noch wissen, was dich dazu motiviert hat, den Anfang und das Ende der Dunkelheit anzukündigen.«

»Auch darüber gibt es keine Information in meinen Speichern«, erklärte die Positronik.

»Aber ...«, fing ich an.

»Hört auf damit!«, unterbrach mich Anima heftig. »Ihr redet und redet – aber keiner kümmert sich darum, was aus Nussel geworden ist. Er ist in Panik davongerannt. Womöglich hat er sich an einer Wand das Genick gebrochen.«

»Frisches Fleisch!«, fuhr es mir unbedacht heraus.

Sofort schämte ich mich dafür. Ich wusste doch, dass Goman-Largo und Anima in dieser Beziehung hochempfindlich waren – und ich hatte mich bisher auch immer darum bemüht, ihre Gefühle nicht zu verletzen, aber für mich war es eben eine Selbstverständlichkeit, dass man Biomasse gleich welcher Art nicht verkommen ließ. Es konnte doch selbst einem Toten nicht gleichgültig sein, ob sein Fleisch und Blut verfaulte (mit allen unwürdigen Begleiterscheinungen dieses unnötigen Vorgangs) oder ob er in die lebenden Zellstrukturen eines denkenden, fühlenden und vielleicht sogar angebeteten Wesens integriert wurde!

Mir wäre die Wahl nicht schwer gefallen.

»Ich mag Nussel«, sagte ich entschuldigend.

»Aber doch nicht auf diese Art und Weise!«, empörte sich Anima.

»Ihr versteht mich nicht!«, klagte ich.

»Doch, wir verstehen dich schon, Prinzessin«, erwiderte Goman-Largo. »Du hast es doch auch schon einmal erklärt. Vergessen wir das! POSIMOL, wo befindet sich Nussel?«

»In einer Notlage«, antwortete die Positronik. »Er ist durch den Ringkorridor zwischen Linearraumkonverter und Energieplasmatanks gestürmt und mit dem Horn in eine hölzerne Ersatzteilkiste gerannt. Dort hängt er fest.«

»Dann helfen wir ihm eben, wieder loszukommen«, sagte der Tigganoi.

»Ganz so einfach ist das nicht«, entgegnete POSIMOL. »Zwischen ihm und der Kiste klemmt nämlich ein hominides Lebewesen – und das Horn Nussels hat es an die Kiste genagelt.«

Eine ganze Weile brachten weder Anima noch Goman-Largo noch ich ein Wort heraus. Wir waren entsetzt.

»Das Spukgespenst!«, pfiff ich schließlich, nicht ganz davon überzeugt.

»Egal, wer es ist, wir müssen ihm helfen!«, rief Anima und stürmte davon.

Mein Modulmann stürmte natürlich blindlings hinterdrein.

Als ob wir nicht eben erst etwas erlebt hatten, was es eigentlich niemals hätte geben können!

Ich beschloss, vorsichtiger zu sein und nahm meinen Quintadimwerfer zwischen die Vordergliedmaßen, bevor ich den Gefährten hinterher schlich.

Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)

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