Читать книгу Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel - Страница 88

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Nun brach bereits die Nacht an, und noch immer hatten wir nicht einen einzigen lebenden Daila entdeckt.

Unser Flug hatte uns kreuz und quer geführt, immer von einer Stadt zur anderen, die gerade in Sicht gekommen war. Inzwischen hatte ich festgestellt, dass bei all diesen Urbanisierungen stets der Raumhafen den Mittelpunkt bildete, in einem weiten Ring von den Stadtgebäuden umgeben. Dahinter lagen dann die Agrarfarmen, und an sie schloss sich wieder Ödland an, nur durchbrochen durch die Bänder von Straßen, die in breiten Schneisen durch große Wälder führten.

Ob darin wohl die Krelquotten lebten?

Diese Frage blieb offen, denn ich bekam auch keines dieser so stark an irdische Bären erinnernden Wesen in Sicht. Allmählich schien diese ganze Suche verzweifelt der nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen zu gleichen. Meine Augen schmerzten schon vom langen Starren auf die Bildschirme, und so war ich direkt dankbar, als es dann zu dunkel für weitere Beobachtungen wurde.

»Lande auf dem Hafen da vorn, STERNSCHNUPPE«, ordnete ich an. Das Schiff bestätigte, wir überquerten wieder einmal einen Ring von größtenteils zerstörten Gebäuden, und mein Unternehmungsgeist war nun endgültig auf dem Nullpunkt angelangt.

Was ist schon ein Tag, bezogen auf einen ganzen Planeten?, kam es lakonisch von meinem Extrasinn. Verliere nicht den Mut, morgen ist schließlich auch noch ein Tag.

Ich konnte daraufhin nur matt lächeln. Diese Bemerkung war wohl gut gemeint, wirklich trösten konnte sie mich jedoch nicht.

Irgendwo gibt es immer eine Grenze, und diese war nun für mich praktisch erreicht. Dieser Tag war einer von der Sorte gewesen, die man am besten aus dem Kalender streichen sollte, er hatte mir nichts als Verdruss und Ärger gebracht. Da war ich hinausgegangen, um Informationen zu sammeln und gegebenenfalls Diplomat zu spielen, und was war dabei herausgekommen?

Nicht viel mehr als die Erkenntnis, von den Krelquotten immer wieder ausgetrickst zu werden! Sie hatten uns schon beim Auftauchen über Cirgro manipuliert, und ich war sicher, dass sie es auch weiter tun würden. Zwar hatte ich nun soviel Freiheit, dass ich mit dem Schiff auf dem Planeten selbst herumfliegen konnte – falls ich aber versuchen würde, mit ihm diese Welt zu verlassen ...

Weshalb versuchst du es nicht wirklich?, erkundigte sich in diese Überlegung hinein der Extrasinn. Das ist immer noch besser, als wenn du dich selbst bemitleidest, dann weißt du wenigstens, was hier geht und was nicht.

»Was ich darf oder nicht, würde eher passen!«, gab ich mürrisch zurück. Natürlich dachte ich nicht daran, Cirgro ohne die beiden Gefährten zu verlassen, doch es war durchaus möglich, dass die Psi-Sperre um den Planeten nach außen hin durchlässig war. Fraglich war allerdings, ob ich auch wieder zurückkehren konnte, wenn das Schiff einmal draußen war.

Darauf konnte ich es keinesfalls ankommen lassen, sonst saßen Chipol und Mrothyr vielleicht für immer hier fest. Doch nun saß der Floh einmal in meinem Ohr, der Gedanke, meine Möglichkeiten auszuloten, reizte mich.

»Landeanflug abbrechen, STERNSCHNUPPE«, sagte ich spontan. »Steige statt dessen mit mäßiger Fahrt in den freien Raum über dem Planeten auf, bis ich den Befehl zur Umkehr gebe, klar?«

»Prinzipiell schon«, entgegnete das Schiff, »ich gehorche, wenn auch nur sehr ungern. Wenn wir in die Sperre hineinfliegen, könnte es wieder zu Zwischenfällen kommen, hast du das bedacht? Falls ich erneut einen Schwächezustand erleide ...«

»Keine Sorge, das soll nur ein Experiment sein«, erklärte ich. »Sobald es irgendwelche Anzeichen dafür gibt, dass irgend etwas nicht ganz stimmt, bremst du sofort ab und kehrst um.«

Die STERNSCHNUPPE bestätigte, das Antriebsgeräusch verstärkte sich, und dann blieb die in völliger Dunkelheit daliegende Stadt unter uns zurück. Schon in zwanzig Kilometer Höhe tauchten wir wieder ins Sonnenlicht, der erhellte Teil von Cirgro erschien am Horizont und wurde rasch größer. Dann endete der Kontinent, und das Meer dahinter kam in Sicht, vom Spiel der Wellen wie mit einem feinen Filigrannetz überzogen. Ein schöner Anblick, der mich auch nach vielen Jahrtausenden immer noch faszinierte; in normalen Zeiten musste Cirgro eine wirklich angenehme Welt sein.

Mit steigender Entfernung schienen auch meine Sorgen abzunehmen, das Gefühl von Ermattung und Niedergeschlagenheit ebbte merklich ab. Mochte dieser kurze Flug sonst auch vielleicht nichts erbringen, so hatte er sich wenigstens in dieser Hinsicht gelohnt.

Doch dann tauchten über uns, von der Sonne angestrahlt, schon die ersten Schiffswracks auf und mahnten mich zur Vorsicht. Der psionische Blockadering war nahe, also bereitete ich mich darauf vor, den Befehl zur Umkehr zu geben. Bisher hatte die STERNSCHNUPPE offenbar noch keine Anomalien registriert, aber ich wollte es nicht übertreiben, das Risiko war einfach zu groß.

Ich öffnete bereits den Mund – und genau in diesem Augenblick passierte es auch schon!

Ein harter Schlag schien das Schiff zu treffen, er warf mich aus dem Sitz und schmetterte mich zu Boden. Das kam so plötzlich, dass sich kein schützendes Neutralfeld mehr aufbauen konnte, nun lag ich auf dem Rücken und schnappte verzweifelt nach Luft. Offenbar wirkten mehr als zehn Gravos auf mich ein, ich kämpfte vergebens gegen diesen mörderischen Andruck an.

Ich verlor den Kampf, rote Ringe begannen vor meinen Augen zu tanzen, und dann gingen schlagartig alle Lichter für mich aus ...

*

Irgendwann erwachte ich wieder, weil eine Stimme beharrlich nach mir rief. Diesmal gehörte sie jedoch nicht dem Extrahirn, sondern dem Schiff, und sie klang so besorgt wie noch nie zuvor.

»Komm endlich wieder zu dir, Atlan! Ich habe für dich getan, was ich konnte – hörst du mich?«

»Ja doch«, brachte ich mühsam und rau hervor, meine Zunge kam mir so dick vor, dass sie den ganzen Mund auszufüllen schien. Und das nicht zu Unrecht, wie ich gleich darauf spürte, denn sie tat mir höllisch weh. Offenbar hatte ich mich heftig darauf gebissen, darauf wies auch der unverkennbar süßliche Geschmack von Blut hin.

Ich schluckte es hinunter, räusperte mir die Kehle frei und öffnete dann erst langsam die Augen. Die Wimpern waren zwar mit Tränensalz verklebt und das Licht um mich herum gedämpft, aber ich begriff bald, wo ich mich befand. Ich lag im kleinen Medoraum der STERNSCHNUPPE auf einem Bett und war halb nackt, jemand hatte die Bordkombination von meinem Körper gezogen.

Wer, das wurde mir gleich darauf klar, als ich die Ellenbogen nach hinten schob und den Oberkörper vorsichtig aufrichtete. Ein Medorobot hielt bei mir Wache, das begriff ich nun, mehr aber auch noch nicht. Ich lauschte auf einen Kommentar meines Extrahirns, doch dieses schwieg, dafür meldete sich jedoch wieder das Schiff.

»Wie fühlst du dich, Atlan?«, fragte es besorgt.

»Wie auseinandergenommen und falsch wieder zusammengesetzt«, knurrte ich, und so kam ich mir auch vor. Fast jedes Glied tat mir einzeln weh, und das summierte sich so sehr, dass ich mich bald wieder zurücksinken ließ. Nun ließen die Schmerzen allmählich nach, offenbar hatte mir der Robot ein dämpfendes Mittel injiziert.

Weshalb ich hier lag, wusste ich aber immer noch nicht, mein Gedächtnis ließ mich restlos im Stich. Auch mein Extrahirn schien irgendwie betroffen zu sein, denn es ließ nichts von sich hören, und so erkundigte ich mich schließlich matt:

»Was ist eigentlich mit mir geschehen, STERNSCHNUPPE? Du musst es mir sagen, denn meine Erinnerung streikt vorläufig noch.«

»Kein Wunder, denn es hat dich schwer mitgenommen«, sagte das Schiff leise und behutsam. »Du warst volle sieben Stunden lang bewusstlos, meine Medogehilfen haben viel tun müssen, dich wieder zu Bewusstsein zu bringen. Ernste Verletzungen hast du aber nicht davongetragen, nur eine ganze Anzahl von Prellungen, während ich außer Kontrolle geraten war.«

»Außer Kontrolle?«, dehnte ich, denn ich war noch immer nicht klüger als zuvor. Immerhin besserte sich mein Befinden merklich, der Zellaktivator pulsierte stark und verlieh mir nach und nach neue Kräfte. Bald konnte ich mich wieder aufrichten, rieb mir das Salz aus den Augen, und nun erklärte die STERNSCHNUPPE:

»Wir befinden uns hier auf dem Planeten Cirgro, der Welt von Daila und Krelquotten. Überall auf ihr herrscht ein umfassendes Chaos, die Städte der Daila sind größtenteils zerstört. Du hast mich angewiesen, wieder in den Weltraum zu starten, nachdem die Suche nach Chipol, Mrothyr und anderen Lebewesen ohne jeden Erfolg geblieben war ...«

Chipol und Mrothyr!

Bei der Nennung dieser beiden Namen hakte irgend etwas in meinem Gehirn wieder ein, und plötzlich wusste ich wieder alles, ganz von Anfang an.

Das Schiff sprach weiter, doch ich hörte nicht mehr zu, denn eine ganze Flut von Erinnerungen brach über mich herein. Alles ordnete sich chronologisch bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich die Besinnung verloren hatte, aber dahinter kam naturgemäß ein großes Loch. Das galt es nun zu füllen, ich hörte der STERNSCHNUPPE wieder zu, und diese sagte gerade:

»... Instrumente zeigten nichts an, wir waren noch mindestens zwanzigtausend Kilometer von der Psi-Sperre entfernt. Trotzdem schien ich plötzlich auf eine unsichtbare Barriere zu stoßen, sie bremste meine Fahrt derart stark ab, dass die Andruckabsorber den Stoß nicht neutralisieren konnten. Ich konnte leider nicht sofort etwas dagegen tun, ich musste zuerst den Antrieb stilllegen, sonst hätten mich die konvergierenden Kräfte zerrissen. Danach wurde ich unaufhaltsam wieder auf den Planeten zugezogen, erst in tausend Kilometer Distanz gab mich dieser Sog wieder frei. Und dann musste ich meine Triebwerke weit überlasten, um noch heil auf den Boden zu kommen, und das hat dich erneut in Mitleidenschaft gezogen. Ich fürchtete ernstlich um dein Leben und habe nach der Landung sofort alles getan, um es zu erhalten. Darüber sind zwar sieben Stunden vergangen, aber nun sind die Schädigungen deines Gehirns wieder behoben. Du wirst bei vollem Bewusstsein weiterleben, und das erfreut mich sehr.«

»Und mich noch um vieles mehr!«, gab ich aufatmend zurück. In diesem Moment begriff ich erst, dass ich dem Tod bedenklich nahe gewesen war, und das durch meine eigene Schuld. Nein, eigentlich durch die meines Extrasinns, denn dieser war der Auslöser für all das schlimme Geschehen gewesen. Sollte er nun selbst so schwer betroffen sein, dass ich in Zukunft ganz auf ihn verzichten musste?

Das wäre ein fast unersetzlicher Verlust für mich gewesen, seinem Wirken und Rat hatte ich unendlich viel zu verdanken. Seit seiner Erweckung durch die ARK SUMMIA hatte ich nur mittels seiner Hilfe unzählige prekäre Situationen meistern können, und falls er jetzt ganz ausfiel ...

Weiter wagte ich vorsichtshalber gar nicht erst zu denken, also kehrte ich auf den Boden der auch so noch recht unerfreulichen Tatsachen zurück.

»Ich danke dir sehr für deine Bemühungen«, versicherte ich dem Schiff und erhob mich nun ganz. Es ging besser, als ich gedacht hatte und die Schmerzen waren praktisch verschwunden, die Robots hatten ein kleines Wunder vollbracht. Ich hatte aber Durst, also besorgte ich mir ein kühles Getränk und suchte dann wieder die Zentrale auf.

*

»Wo befinden wir uns jetzt?«, erkundigte ich mich unterwegs.

»Ich stehe auf dem Raumhafen, den wir vor dem Flug in den Raum angesteuert haben«, sagte die STERNSCHNUPPE.

»Er ist so verlassen wie alle anderen, die ganze Nacht über hat sich draußen nirgends etwas geregt. Was gedenkst du jetzt weiter zu tun?«

Das war eine Preisfrage, ich wusste es selbst noch nicht.

Ein Blick auf die Sichtschirme zeigte mir dann, dass im Osten bereits ein heller Schimmer am Horizont erschien. Es musste also in spätestens einer Stunde wieder hell sein, so dass ich die Suche fortsetzen konnte, nur versprach ich mir nicht viel davon. Dass ich die beiden Verschollenen nicht finden würde, solange die Krelquotten es nicht wollten, stand mittlerweile fest.

Zumindest ein Teil von ihnen konnte teleportieren, ich hatte es selbst gesehen, als die beiden in Raybon mit Gentos verschwanden. Auf die gleiche Weise waren auch Chipol und Mrothyr aus dem Schiff geholt worden ... doch weshalb gerade sie?, fiel mir plötzlich ein. Ich war als einziger von uns aktiv gewesen, da hätte es doch für die Pseudobären viel näher gelegen, mich zuerst zu schnappen!

Warum lief ich also immer noch frei herum und wurde von ihnen auf eine geradezu beleidigende Weise ignoriert?

Weil du mentalstabilisiert bist!, meldete sich der Extrasinn auf einmal wieder. Er klang irgendwie matter als sonst, aber ich war trotzdem sehr erleichtert. Sie wollen etwas wissen, das sie von dir telepathisch nicht erfahren können, aber dafür forschen sie nun die Hirne der beiden aus.

Verdammt ja, das musste es sein!

Das klang logisch, war es andererseits aber auch nicht, wenn man es recht bedachte. Wäre es für die Krelquotten nicht bedeutend einfacher gewesen, sich uns offen zu zeigen und uns ihre Fragen zu stellen? Das wäre normal und logisch gewesen, nicht solch ein Vorgehen um drei Ecken herum!

Statt dessen wühlten sie nun wohl in den Gehirnen meiner beiden Begleiter herum, und dieser Gedanke verursachte mir erhebliches Unbehagen. Wenn sie dabei nicht behutsam vorgingen, konnte das zu schweren psychischen Störungen führen, Beispiele dafür kannte ich vom langen Umgang mit Mutanten her. Die Pelzträger schienen doch sonst nie Gewalt anzuwenden, was dachten sie sich nun aber dabei?

Doch es war müßig, das ergründen zu wollen, denn ihre Mentalität unterschied sich vermutlich gewaltig von der meinen und von der der Hominiden von Manam-Turu. Ich fluchte leise vor mich hin, und die STERNSCHNUPPE erkundigte sich sofort besorgt:

»Fühlst du dich noch nicht wieder ganz wohl, Atlan? Kann ich noch etwas für dich tun?«

Ich setzte zu einer nicht sonderlich freundlichen Antwort an, aus dem verständlichen Bedürfnis heraus, mich so abzureagieren. Die Worte kamen jedoch nicht mehr über meine Lippen, denn gerade in diesem Augenblick geschah etwas, das mich zusammenfahren ließ.

Zwei vollkommen fremde Wesen tauchten plötzlich aus dem Nichts in der Zentrale auf, nur wenige Meter neben mir!

Ich sprang instinktiv sofort auf und meine Hand fuhr zur Hüfte, doch sie kam leer wieder zurück. Zwar hatte ich meinen Bordanzug nach dem Aufstehen angelegt, nicht aber die Waffe; diese hatten die Medorobots als überflüssig angesehen und fortgebracht. Also bereitete ich mich auf eine Verteidigung nur mittels meiner Hände vor, mit der uralten Dagor-Technik der Arkoniden.

Die Fremden machten aber keine Anstalten, mich anzugreifen, sie blieben ruhig stehen und blickten sich nur im Steuerraum um. Das gab mir Gelegenheit, auch sie zu betrachten, und schon nach den ersten Sekunden schüttelte ich verwirrt den Kopf, denn Wesen dieser Art konnte es praktisch gar nicht geben.

Sie sahen aus wie eine misslungene Kreuzung zwischen einem zu klein geratenen Haluter und einem irdischen Alligator. Aus einem massigen Körper von nur anderthalb Metern Höhe, mit zwei kurzen Säulenbeinen und vier Armen, ragte ein typischer Echsenschädel auf. In den halb geöffneten Mäulern saßen riesige spitze Zähne, beiderseits der flachen Köpfe strahlten jeweils zwei große Augen in einem intensiven Indigoblau.

Dass ihre hornige Haut giftgrün war, trug nur noch dazu bei, den Eindruck von Missbildungen zu verstärken. Trotzdem gab es sie, nach kurzer Zeit sahen sie mich direkt an, und dann sagte der linke »Halugator« guttural, aber gut verständlich: »Dein Name ist Altan, nicht wahr?«

»Nein, Atlan«, korrigierte ich spontan und entspannte mich wieder etwas. Diese Wesen sahen mehr als seltsam aus und waren auch nicht auf normalem Weg ins Schiff gelangt, aber auf Cirgro ging so vieles nicht mehr mit rechten Dingen zu. Außerdem deutete nichts daraufhin, dass sie schlimme Absichten hegten, und das gab mir mein Selbstvertrauen wieder.

Sie wollten offenbar nur mit mir reden, und das wertete ich als ausgesprochen positiv. Wer redet, ist nicht nur intelligent, man kann auch mit ihm argumentieren, und das vereinfacht vieles. Es kommt dabei jedoch darauf an, dass man zunächst nicht mehr sagt, als unbedingt nötig, das wusste ich aus langer Erfahrung. Ich schwieg also wieder und überließ den fremden Eindringlingen das nächste Wort, und dieses kam diesmal von dem zweiten.

»Von woher bist du nach Manam-Turu gekommen?«, fragte er kurz und bündig. »Was hast du mit dem Erleuchteten zu tun, und wer oder was ist EVOLO? Was hast du auf Cairon getan?«

»Und was ist danach auf Zyrph und Aklard geschehen?«, hakte der andere nach, und das machte mich stutzig.

Sie schienen einiges über mich und meine Erlebnisse in dieser Galaxis zu wissen, aber offenbar nicht allzu viel. Sie fragten nach Ereignissen, die schon viele Monate zurücklagen, sie tasteten also gewissermaßen nur blind umher. Was hatte das zu bedeuten?

Ich stand vor einem Rätsel, doch nun meldete sich wieder mein Extrahirn, diesmal so stark wie früher.

Sieh dir die beiden einmal genau an!, forderte es kategorisch. Dein erster Eindruck war richtig, diese Wesen kann es gar nicht wirklich geben. Sie sind auch nicht real, sondern nur Phantome, ähnlich denen, die Chipol während des Anflugs gesehen hat.

Konnte das tatsächlich sein?

Ich war skeptisch, denn mir erschienen sie, abgesehen von ihrem seltsamen Aussehen, sehr echt und lebendig. Sie agierten auch so, sahen mich an und stellten gezielte, wenn auch von meiner Warte aus etwas wirre Fragen. Überdies hatte seinerzeit nur der Junge diese Erscheinungen gesehen, Mrothyr und ich dagegen nicht. Jetzt sah ich sie aber deutlich, obwohl ich gegen psionische Beeinflussung jeder Art immun war.

Trotzdem fasste ich sie nun noch einmal scharf ins Auge, und im nächsten Moment wusste ich, was mein zweites Ich mit seinem Sinn auch für winzigste Details bemerkt hatte: sie standen nicht direkt auf dem Boden der Zentrale, sondern schwebten etwas darüber frei in der Luft!

Holografische Projektionen also, wie ich sie schon seit langem kannte, aber so vollkommen, dass sie nicht als solche zu erkennen waren? Der Fehler dabei war jedoch, dass es hier im Schiff keine Anlagen zu ihrer Erzeugung gab, und die Hülle der STERNSCHNUPPE ließ mit Sicherheit keinerlei Strahlen durch. Was konnten sie aber sonst sein?

Psionische Projektionen!, sagte der Logiksektor knapp.

Ja, das klang wahrscheinlich und logisch zugleich. Irgendwie schienen die Krelquotten zu wissen, dass ich für bloße Trugbilder nicht empfänglich war, und so hatten sie sich diesmal etwas mehr Mühe gegeben. Dass sie mit ihren hohen Psi-Gaben zur Schaffung solcher pseudo-lebenden Körper imstande waren, bezweifelte ich aufgrund von Gentos' Schilderungen nicht.

Die beiden »Halugatoren« bombardierten mich weiter mit allen nur möglichen Fragen, doch ich ignorierte sie nun und schwieg. Statt dessen dachte ich scharf nach, und allmählich begann ich dann zu ahnen, was wohl der Grund für solch ein Vorgehen der Pelzwesen war.

Sie hatten zwar Chipol und Mrothyr in ihrer Gewalt, aber von ihnen nicht alles erfahren können, was sie wissen wollten! Es schien da Fragen zu geben, die meine Gefährten nicht beantworten konnten, und das stellte sie nun vor Probleme. Sie sprachen nun über die Münder ihrer Psi-Geschöpfe, stocherten aber gewissermaßen nur im dunkeln herum und hofften, dabei einen Zufallstreffer zu landen.

Richtig – Volltreffer für dich!, stimmte das Extrahirn zu, und nun konnte ich erstmals wieder lächeln.

Das tat ich auch noch, als innerhalb der nächsten Minuten in rascher Folge weitere, teils wieder bizarre, teils aber auch ganz normal aussehende Figuren erschienen. Die Zentrale bevölkerte sich mit einem wahren Sammelsurium von Zwitterwesen, Rieseninsekten und geflügelten Schlangen, zum Schluss erschienen sogar noch einige täuschend imitierte Daila.

Sie wechselten sich damit ab, immer neue Fragen zu stellen, die sich auf meine Abenteuer in dieser Galaxis bezogen. Als Basis konnten ihnen nur die Gedächtnisinhalte meiner beiden entführten Freunde dienen, das war klar. Nur wussten diese längst nicht alles, was mich selbst betraf, und eben das war das Manko der Pseudobären.

Ob sie wirklich glaubten, mich auf eine so vergleichsweise plumpe Weise aushorchen zu können?

Ich dachte nicht daran, ihnen auch nur den geringsten Gefallen zu tun, sondern schwieg weiterhin beharrlich.

Wenn dies eine Art von Nervenkrieg sein sollte – ich besaß in dieser Hinsicht die Erfahrung von rund dreizehntausend Jahren, sie dagegen nicht! Das erfüllte mich mit grimmiger Genugtuung, ich ging zum nächsten Getränkespender und zapfte ein anregendes, leicht alkoholisches Saftgemisch. Es war direkt erheiternd, wie sich die Projektionen anstrengten, mir aus dem Weg zu gehen, um nicht durch eine Berührung ihre immaterielle Beschaffenheit zu verraten.

Ich hatte lange nichts mehr zu lachen gehabt, nun aber grinste ich recht unverhohlen.

Die Krelquotten wollten etwas von mir – gut, das konnten sie auch haben, sofern es einen gewissen Rahmen nicht überstieg. Als Gegenleistung kam für mich natürlich nur die Freilassung Chipols und des Zyrphers in Frage, gesund und wohlbehalten. Und das nicht auf dem Umweg über die – zugegeben phantasievollen – Pseudowesen hier in der Zentrale.

Nein, sie sollten sich selbst zeigen, diesmal jedoch nicht so ignorant wie bei der ersten Begegnung in Raybon! Und die Chance, dies zu erreichen, verbesserte sich immer mehr, je länger ich mein Schweigen auf auch weiterhin auf mich einprasselnde Fragen beibehielt.

Doch nach einer halben Stunde hatte sich noch immer nichts an dem gegebenen Zustand geändert. Die Projektionen wurden noch mehr und traten sich gegenseitig fast auf ihre psionischen Füße, und schließlich wurde mir ihre permanente Fragerei zu bunt.

»Kannst du starten, um unsere Suche fortzusetzen, STERNSCHNUPPE?«, erkundigte ich mich.

»Selbstverständlich, Atlan«, entgegnete das Schiff. »Ich orte zwar in deiner unmittelbaren Umgebung seltsame Störfelder, die ich nicht kenne und deshalb auch nicht klassifizieren kann. Es weist jedoch nichts darauf hin, dass sie meine Funktionen irgendwie stören könnten, nenne mir also bitte das Ziel.«

Ich gab eine nur allgemein gehaltene Richtung an, lehnte mich dann zurück und wartete gespannt ab, was nun geschehen würde.

Der Normalantrieb lief wie üblich an, ich sah wieder auf die Sichtschirme, bemerkte darauf aber keine Veränderung. Noch immer regte sich ringsum absolut nichts, auch diese Stadt und ihr Hafen schienen von den Daila restlos »befreit« worden zu sein.

Dann hob das Schiff ab – aber höher als ein paar Meter kam es nicht vom Boden!

Das Summen des Antriebs erstarb schlagartig wieder, absolute Stille kehrte ein. Selbst die Scheinlebewesen in der Zentrale stellten plötzlich ihr nervtötendes Geplapper ein, das vom Schiff ebenso wenig wahrgenommen wurde wie ihre Anwesenheit. Doch dafür war nun ein anderes, sehr eindeutiges Geräusch zu hören:

Das Fahrzeug sackte schwer auf die Hafenpiste zurück, seine Landestützen fingen den Aufprall nur mangelhaft ab! Davon war in der Zentrale nichts zu spüren, die automatisch einspringenden Absorber neutralisierten den jähen Stoß. Das laute Wummern der Teleskopfederung dagegen pflanzte sich durch das Metall der Hülle bis zu mir fort, und dies alles sagte mir genug.

Die Krelquotten blockierten uns wieder einmal!

Das hatte ich aber schon halb und halb erwartet, und deshalb überraschte es mich auch kaum.

Die Pseudobären hatten durch die Invasion ihrer Psi-Geschöpfe nichts erreicht, und nun hatten sie auch den Start verhindert. Dadurch beraubten sie mich jeder Bewegungsfähigkeit, zugleich kamen sie nun aber selbst in Zugzwang! Mit diesem Patt war ihnen nicht gedient, sie wollten mehr.

»Man hat mir die Antriebsenergie geraubt, Atlan«, beklagte sich die STERNSCHNUPPE. »Was soll ich nun tun?«

»Gar nichts«, gab ich lakonisch zurück und registrierte, dass sich auch die Projektionen weiter passiv verhielten. »Wir müssen jetzt beide stillhalten und warten, aber nicht sehr lange, damit rechne ich fest.«

Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)

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