Читать книгу Das Brot der Rache - Harro Pischon - Страница 18

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Im Juli 1943 wird ein junger Kommunist in Wilna verhaftet. Die Gestapo will von ihm die Identität eines bestimmten Kommunisten erfahren, bekannt unter dem Namen „Der Löwe“. Nach vielen Stunden Folter sagt der Junge, „Der Löwe“ sei der Deckname für Isaak Wittenberg, unserem Anführer im Ghetto. Danach schneidet sich der Junge die Kehle durch. Gens wird gezwungen, Wittenberg, Glassmann und Kovner zu sich zu rufen. Dort dringt die SS ein und verhaftet Wittenberg. Ich werfe Gens Verrat vor, er entgegnet, der Preis sei die Liquidierung des Ghettos gewesen. „Tausende von Juden für einen Kommunisten?“

Als der Untergrund Wittenberg befreit, fordert Gens seine Auslieferung. Er hetzt die Ghettobewohner auf, bis ein entfesselter, wütender jüdischer Mob Häuser und Wohnungen stürmt, um Wittenberg zu suchen. Rabbis aus dem Jüdischen Rat suchen uns auf und fordern uns auf, Wittenberg herauszugeben: „Rettet das Ghetto“, appellieren sie.

Es wird klar: Wenn die Deutschen das Ghetto stürmen, müssen wir zuerst gegen Juden kämpfen, bevor wir uns den Deutschen stellen. Aber ich wollte nie gegen Juden kämpfen.

Wir gehen zu Wittenberg, der nach einer Weile sagt: „Wir töten keine Juden.“ Dann stellt er sich bei Gens, gibt mir vorher seinen Revolver und sagt: „Du bist jetzt der Anführer.“

Gens gibt ihm eine Kapsel Blausäure mit, die er sich ins Ohr stecken soll. Am nächsten Morgen findet man ihn tot in seiner Zelle.

Mitteilung an den Untergrund:

„Aufgrund der tragischen Lage, in der wir uns befinden, hat unser Kommandant Wittenberg sich mit seinem und unserem Einverständnis der Gestapo gestellt. Wahrscheinlich wird die Nachwelt uns dies zum Vorwurf machen. Wahrscheinlich wird lange Zeit niemand wissen, in welcher Zwickmühle wir waren und dass unser Handeln der großen Verantwortung entsprang, die wir für das Ghetto und seine Bewohner empfinden, gegen die wir nicht kämpfen wollten. Wittenbergs Name wird eng mit dem Leben unseres Volkes verbunden sein, und uns bleibt er ein Sinnbild für Tapferkeit und Heldenmut. Die erste Kampftruppe, die in die Wälder geht, wird nach ihm benannt werden. Wir werden das Andenken unseres Kommandanten im Kampf gegen den Feind in Ehren halten.“

Es ist eine bittere Lehre, dass die Juden im Ghetto nicht zu einem Aufstand zu bewegen sind. Vielleicht angesichts der Lastwagen und Güterwaggons bei der Liquidierung, die kommen wird. Aber es gilt, die Kampfgruppen in die Wälder zu schicken, bis auf vielleicht hundert Kämpfer.

Am 27. Juli 1943 verlässt die Gruppe „Löwe“ in Holzarbeiterkleidung das Ghetto, Handgranaten und Gewehre unter den Mänteln. Es folgen immer weitere.

Am 1. September 1943 ist es soweit: Deutsche Soldaten marschieren durch das Ghettotor, um zweitausend Juden für estnische Arbeitslager zusammenzutreiben. Das erste Bataillon legt sich in der Straschunstraße in einen Hinterhalt. Noch einmal gibt es einen Aufruf an alle Juden im Ghetto: „Es gibt einen organisierten jüdischen Widerstand im Ghetto, der sich erheben wird. Unterstützt den Aufstand! Geht hinaus auf die Straße. Wer keine Waffe hat, der nehme eine Axt. Und wer keine Axt besitzt, der nehme ein Rohr oder einen Stock. Für unsere Väter! Für unsere ermordeten Kinder! Rächt euch für Ponar, erschlagt die Mörder! Juden! Wir haben nichts zu verlieren! Tod den Mördern!“

Aber niemand rührt sich. Gens erreicht es, dass die Truppen noch einmal abziehen.

Wenig später wird Gens von den Deutschen verhaftet und erschossen.

Am 23. September 1943 werden alle Juden im Ghetto aufgefordert, sich im Hof des Rathauses einzufinden. Ein Gestapo-Offizier verliest den Befehl, das Ghetto unverzüglich zu räumen. Man trennt die Frauen und Kinder von den Männern. Das ist das Ende von Wilnas Juden.

Es gibt noch zwei Gruppen von Kämpfern mit etwa 30 Männern und Frauen. Wir verlassen das Ghetto durch die Kanalisation, steigen außerhalb aus und gehen zu zweit als Pärchen getarnt aus der Stadt aufs Land, in die Wälder bis nach Rudnicki, einem sumpfigen Landstrich im Süden Litauens.

Das Brot der Rache

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