Читать книгу Das Mädchen da oben auf der Treppe ... - Harry Robson - Страница 16
Оглавление12. Kapitel
Im Frühjahr 1972 wurde ich bei der Marine planmäßig entlassen und begann die Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt in Köln. Immerhin hatten meine Beschwerden bei den Vorgesetzten der Marine einen positiven Eindruck hinterlassen. Drei Monate vor dem Ende meiner 2-jährigen Verpflichtung bot man mir die Offizierslaufbahn an. Ich hatte zwar kein Abitur, aber das wurde mit „mittlerer Reife“ und „abgeschlossener Lehre“ gleichgestellt. Der Haken an der Sache war der, dass ich für sechs Monate auf die damals noch schwimmfähige „Gorch Fock“ versetzt worden wäre, um „Leutnant zur See“ zu werden. Grundvoraussetzung für die Offizierslaufbahn. Nachdem Romika und ich ja stets unter dem Trennungsschmerz litten, lehnte ich das ab. Es erschien uns unmöglich, länger als 14 Tage voneinander getrennt zu sein.
Das Studentenleben forderte mir einiges ab. Nachdem mein Verstand ja zwei Jahre pausiert hatte, musste ich nun wieder eigenständig denken und mich auf die verschiedensten Themen einlassen. Ich fand einen Studierkollegen in Rheinbreitbach, der ebenfalls jeden Tag nach Köln zur Schule musste und auch die gleichen Fächer belegt hatte. So war gegen eine angemessene Beteiligung an den Benzinkosten die Fahrerei geregelt.
Im Rahmen der Ausbildung gab es ein Fach: EDV, elektronische Datenverarbeitung. Das war damals noch relativ unbekannt. Mich faszinierte, dass es Maschinen gab, die elektrisch, mittels Lochkarten, Konten verbuchen konnten. Als Lehrling war mir die Durchschreibebuchführung recht schwer gefallen. 3 Kontenblätter, dazwischen Kohlepapier, mussten so ausgerichtet werden, dass das, was man in die erste Zeile auf Blatt 1 schrieb, auf den anderen Blättern jeweils in der ersten freien Zeile stand. Es war eine unheimliche Fummelei und wenn mal was daneben ging, musste man zum Chef, die Fehlbuchung abzeichnen lassen. Es war grausam.
Romika hatte 1970 ihre Lehrzeit mit Erfolg beendet und verdiente schon Geld. Meine Schule wurde vom Arbeitsamt bezahlt und ich erhielt einen Unterhaltszuschuss. Mehr als mein letzter Sold bei der Marine. Unser Leben war also nicht schlecht. Wir gingen regelmäßig kellnern und sparten und sparten.
Im Juni 1971 wurde dann kirchlich geheiratet, ein MUSS in der damaligen Zeit. Es war zwar niemand gläubig, aber sich eine solche Feier entgehen zu lassen, war unmöglich. Es war eine klassische Hochzeit. Polterabend mit jeder Menge Geschirr und alten Kloschüsseln zum zerdeppern, eine Band, die zum Tanz aufspielte, Bier vom Fass, Maibowle, Würstchen mit Kartoffelsalat usw. Es waren um die 300 Leute, und das Bier hatte so gerade gereicht. Der nächste Tag war dann kirchlich, Braut in Weiß, Bräutigam in Schwarz, alle anderen festlich gekleidet. Das Mittagessen kochten Frauen vom Kirchenchor. Es war wirklich ein tolles Fest und ich hatte die schönste Braut, die man in Bergheim je gesehen hatte.
Im Sommer 1973 kauften wir uns dann das erste Auto, einen apfelgrünen Renault R4, für 6.000,00 DM, bar bezahlt.
Mein Studierkollege erwies sich als nicht sehr zuverlässig, und wenn er ausfiel, war es eine Weltreise, mit Zug und Bahn nach Köln-Braunsfeld zu kommen. Romika machte den Führerschein und so konnten wir beide das Auto nutzen.
Da wir auf Mallorca so glücklich gewesen waren, wollten wir im Sommer 1973 erneut in Urlaub fahren. Wir hatten ja nun ein eigenes Auto. Jugoslawien existierte damals noch an einem Stück und über den ADAC buchten wir 3 Wochen in Crikvenica an der jugoslawischen Adriaküste/Kroatien. Bei den Jugos war es besonders preiswert, aber es war noch voll kommunistisch. Es gab Versorgungsmängel ohne Ende. Wenn es zur Vorspeise Hühnersuppe gab, dann war die aus den Hühnern gekocht, die es zum Hauptgang gab. Nannte sich dann „gegrillte Hähnchen“. Jeder, der mal gekocht hat, weiß, dass man aus einem ausgekochten Huhn kein Grillhähnchen mehr zaubern kann. Legte man dem Kellner nicht einen Dinarschein, entsprechend ca. 2 DM, unter die Serviette, bekam man kein Fleisch. Es musste in zwei Schichten gegessen werden, die sich täglich änderten, und in der zweiten Schicht war man froh, wenn überhaupt noch etwas zu Essen vorhanden war.
Es gab aber auch keine Restaurants im Ort, in denen man hätte essen gehen können. Wir entdeckten dann irgendwann eine kleine Bar. Dort gab es gefüllte Paprika! Aber auch nur gefüllte Paprika. Jeden Tag! Wenn der Wind vom Meer zum Land wehte, trieben die Abwässer an den Strand, und es stank erbärmlich. Zum Schwimmen war das Ganze ohnehin nicht geeignet. Daher der Spruch: Was man morgens auf der Toilette verabschiedet, trifft man mittags am Strand wieder.
Einziges Highlight waren die Plitwitzer Seen. Dort waren die Winnetou-Filme gedreht worden, und die Karstlandschaft war wunderbar und einzigartig. Auf der Fahrt dorthin kamen wir an einem großen Gasthaus vorbei. Dort drehten sich auf einem Spieß über Holzkohlenfeuer zwei Lämmer. Das war es, endlich mal Fleisch! Wir beide fuhren mit großer Vorfreude dort hin und setzten uns in das Restaurant. Auf der Karte: Gefüllte Paprika! Die Lämmer, so erklärte man uns, seien für eine Busgesellschaft, die am Nachmittag kommen würde. „NEIN“, man könne da auch nichts davon abschneiden.
Wir waren es satt. Es war auch nichts von der ausgelassenen Heiterkeit wie die der Spanier auf Mallorca zu spüren. Die Menschen liefen herum, als ging gerade die Welt unter. Alles war trist, grau und öde. Kommunismus, Versorgungsmängel, vom allerfeinsten. Also brachen wir unsere Zelte ab und fuhren nach 14 Tagen Richtung Österreich, Faaker See.
Auf dem Weg dorthin mussten wir durch Triest und dort haben wir erst einmal angehalten. Die Auslagen der italienischen Restaurants und Trattorias waren wie der Blick in eine andere Welt. Wir konnten uns gar nicht satt sehen und natürlich haben wir gespeist wie die Fürsten. Das Geld war uns egal, endlich mal lecker essen.