Читать книгу Das Mädchen da oben auf der Treppe ... - Harry Robson - Страница 5
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Claus starrte mich verständnislos an. „Kennst Du die etwa?“ „Nein, leider nicht, aber ich werde sie auf jeden Fall heiraten.“ Darauf lachte er nur und meinte, dass mit mir irgendetwas nicht in Ordnung sei.
Wir beide standen auf dem Schulhof der Berufsschule in Bergheim. Es war August 1967, unser erster Schultag. Etwa 150 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren standen dort. Wir beide hatten eine Lehre als Großhandelskaufmann begonnen. Allerdings bei unterschiedlichen Lehrherren. Von der Realschule her kannten wir uns, hatten die „mittlere Reife“ mit Ach und Krach geschafft.
Eigentlich wollte ich Reisebürokaufmann werden. Leider war nur in Köln eine entsprechende Lehrstelle zu finden und das hätte bedeutet: Morgens um 06: 45 h mit dem Zug nach Köln, abends gegen 20: 30 h wieder zu Hause. Nun bekam ich kein Taschengeld und von meiner Lehrlingsvergütung durfte ich nur den Fahrtkostenanteil behalten. Der Rest musste abgeliefert werden. Also hatte ich mir mit 14 einen lukrativen Nebenjob verschafft: Kegeljunge. Während meiner Schulzeit hatte ich bis zu 5 Kegelvereine unter Vertrag, die teilweise auch nachmittags zu Gange waren. Außerdem fanden sonntags oft Kegelwettbewerbe statt, bei denen ich gerne den Kegeljungen machte. Damit kam ich auf bis zu 200 DM im Monat und wenn ich in Köln arbeiten wollte, kam ich nie und nimmer so zu Hause an, dass ich um 20: 00 h auf der Kegelbahn war. Die Abendvereine waren die finanziell attraktivsten. Schließlich musste ich wegen der Lehre schon meine Nachmittagsvereine opfern. Reisebürokaufmann ging also gar nicht.
„Sie“, die unbekannte Schöne, stand mutterseelenalleine direkt vor dem Schuleingang. Frech schaute sie von der Treppe auf die Schulanfänger herab, mit einem Gesichtsausdruck: Macht endlich auf, ich will hier rein! Sie trug eine Collegemappe unter dem Arm, einen kamelhaarfarbenen Mantel und eine Kurzhaarfrisur, die man damals wohl als „Rattenkopf“ bezeichnete.
Sie gefiel mir ungemein. Ich war 17 und hatte bisher nie eine Freundin gehabt. Ich war zwar schon mal mit einem Mädchen Eis essen oder spazieren, aber mehr war da noch nie. Naja, das stimmt nicht ganz: Mit Dagmar war ich einmal im Wald spazieren und wir hatten uns zum Ausruhen auf eine Wiese gelegt. Plötzlich küsste sie mich und erklärte mir anschließend: Nun bekomme ich ein Kind von dir! Noch nie hatte mich ein Mädchen geküsst und mir war die Sache sehr unangenehm. Die feuchten Lippen auf meinem Mund und ihr Versuch, die Zunge in meinen Mund hineinzuschieben, waren mir mehr als peinlich.
Am Abend befragte ich meinen besten Freund Hans, was er davon hielt. Hans war ein Jahr älter als ich und hatte eine Schwester, war also mit dem anderen Geschlecht besser vertraut als ich. Nein, meinte er, vom Küssen wird man nicht schwanger. Ich habe meine Schwester schon oft beobachtet und da müsste sie jetzt schon einige Kinder haben, mach dir keine Sorgen. Sein Rat war Gesetz. Ich beschloss in Zukunft einen Bogen um Dagmar zu machen, so ganz geheuer war mir bei der Kussgeschichte nicht.
Endlich erschien der Schulleiter auf der Treppe und verlas die Namen der Schüler mit den dazugehörigen Klassennummern. Ich hielt es für eine schicksalhafte Fügung, dass die Unbekannte mit mir in eine Klasse kam. Schnell wusste ich, dass sie Romika hieß und bei einem Notar lernte. Da es in Bergheim nur einen Notar mit Lehrling gab, wurde sie bei den Kaufleuten eingeschult.
Nach den einleitenden Worten des Direktors wurde uns der Klassenlehrer vorgestellt und die üblichen Anweisungen, was Bücher, Stundenplan, Schulzeiten etc. betraf, verlesen. Dann durften wir den Klassenraum wieder verlassen. Aber auf dem Schulhof konnte ich sie nicht finden, obwohl ich überall nach ihr suchte. Ich ging dann zu meiner Lehrstelle, wissend, dass ich sie beim Schulbeginn wiedersehen würde.
Genau das passierte auch und sie erschien mir noch begehrenswerter als am ersten Schultag. In den Pausen hielt sie sich immer bei den anderen Mädels auf, da war also kein herankommen. Außerdem war ich sehr schüchtern und hätte bei einer Ansprache in Anwesenheit von anderen wahrscheinlich kein Wort herausbekommen. Immerhin hatte ich herausgefunden, wo der Notar sein Büro hatte und auch, wie die Arbeitszeiten waren. Um 17: 30 h hatte ich Feierabend, der Notar schloss um 18: 00 h. Es waren ca. 20 Minuten zu laufen und so hielt ich mich dann eines Tages gegen 18: 00 h vor dem Notar auf und als sie herauskam, wollte ich sie dann endlich ansprechen. So nach dem Motto: Hallo, das ist ja ein Zufall, dass ich ausgerechnet jetzt hier vorbeikomme. Leider stieg sie sofort in einen schwarzen Mercedes ein und der verschwand mit ihr.
Es war ein Mercedes, Baujahr 1953, das hatte ich sofort erkannt. Und noch etwas war mir aufgefallen, was ich kaum glauben konnte. Mein Vater war neben seinen verschiedenen Tätigkeiten als Busfahrer auch Chef-Fahrer bei einem Direktor, dem ein schwarzer Mercedes gehörte. Dieser Mercedes hatte die Nummer SU-D 450. Etwa um 1960 wurde der Wagen dann verkauft. Der tauchte nun hier direkt hier vor mir auf und fuhr mit meiner Angebetenen davon. Wenn das keine Fügung des Schicksals war.
Beim nächsten „Date“ kam ich mit dem Fahrrad und fuhr dann dem Mercedes hinterher. Offensichtlich saß die Mutter am Steuer, was mich total beruhigte. Hätte ja auch irgendein Typ sein können. So fand ich heraus, wo sie wohnte. Aber viel weiter war ich damit auch nicht.
Das Schicksal half mir erneut: Ich hatte auf der Realschule Schreibmaschine und Steno gehabt, es darin aber nie zu meisterlichen Fähigkeiten gebracht. Mein Lehrherr fand das ganz schnell heraus und meldete mich auf seine Kosten in einer privaten Handelsschule an. Als ich den Klassenraum betrat, sah ich zu meiner Überraschung, dass Romika ebenfalls dort angemeldet war, um Schreibmaschine und Steno zu lernen.
Nun war es für mich von Vorteil, dass wir beide uns ja von der Berufsschule her kannten, von den anderen Schülern kannten wir niemanden. So nach und nach kamen wir ins Gespräch und verabredeten uns für einen Sonntagnachmittag, 15: 00 h, an der Straßenbahnhaltestelle. Sie erklärte mir direkt, dass sie einen sehr strengen Vater habe und auf jeden Fall um 18: 00 h wieder zu Hause sein müsse. Außerdem dürften wir uns nicht in Bergheim bewegen, denn ihr Vater würde das halbe Dorf kennen und wenn irgendjemand sie mit einem Jungen sah, würde das riesigen Ärger geben.
Der Sonntagnachmittag kam, und sie war pünktlich zur Stelle. Sie trug ein blaues Etuikleid mit weißem Kragen und ließ auch einiges vom Bein sehen. 1967 war die Zeit des Minirocks. Sie hatte ein sehr hübsches Gesicht, wundervolle Beine und auch eine ansprechende Oberweite. Ich war hin und weg. Wir dackelten also den Rhein entlang dann über die Felder, an der Siegmündung vorbei bis Mondorf und wieder zurück. Letztendlich landeten wir dann rechtzeitig an der Straßenbahn, von wo sie mit dem Bus nach Hause fuhr.
Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich mich verliebt!
Wir sahen und nun mehrmals die Woche: 2-mal Berufsschule und 2-mal Steno. Wir freundeten uns an.