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Wir mussten Lowins Planet noch einmal umkreisen, um unsere Geschwindigkeit aufheben zu können. Etwa zweieinhalb Stunden später standen wir wieder über dem bewohnten Kontinent und tauchten in die Atmosphäre ein.

Es ist immer eine missliche Sache, seinen bestimmten Punkt auf seinem Planeten ohne Hilfe eines Funkfeuers anzufliegen, doch mit Robbys Hilfe schaffte ich es glatt. Die DARKNESS war immer noch weit besser als der Frachter, auf dem ich zuletzt geflogen war, und es machte mir Freude, nach so langer Zelt wieder einmal Pilot spielen zu können.

Wir setzten nur dreihundert Meter von dem anderen Schiff entfernt auf der anderen Seite des Kontrollturms auf. Ich schaltete alle Geräte ab und erhob mich.

„So, Boy, auf ins Vergnügen. Sofern es eins wird, was sich erst noch herausstellen muss. Auf jeden Fall werden wir jeder einen Schockstrahler mitnehmen, um allen Eventualitäten gewachsen zu sein.“

„Ich kann aber keinesfalls auf Menschen damit schießen“, protestierte Robby sofort. Ich nickte nachdrücklich und mit grimmigem Gesicht.

„Doch, du kannst es, Boy! Dann nämlich, wenn mich irgend jemand bedroht, denn du bist in erster Linie dazu verpflichtet, mich als deinen Herrn vor Schäden zu bewahren. Außerdem ist ein Schockstrahler ein relativ harmloses Instrument, denn er lähmt nur vorübergehend das periphere Nervensystem, was keinerlei nachteilige Folgen für Gesundheit oder Leben eines Menschen hat.“

Nachdem ich Robby derart belehrt hatte, holte ich die Strahler aus einem Versteck in dem Schrank, in dem sich die Bordapotheke befand. Das Führen dieser Waffen war von einer besonderen Genehmigung der Unionsbehörden abhängig, die schwerer zu erhalten war, als die Strahler selbst. Wir verbargen die Strahler unter unseren Jacken und begaben uns hinunter zur kleinen Luftschleuse.

Rötliches Sonnenlicht empfing uns, als wir auf die Gangway traten. Aufmerksam spähten wir nach allen Seiten aus, doch weit und breit war kein Mensch zu sehen. Die Luft war angenehm warm und buntschillernde Insekten schwirrten umher, doch sonst war alles ringsum still.

„Weit und breit kein Schweber in der Luft“, stellte ich unbehaglich fest. „Auch auf den Straßen ist kein Verkehr, sonst müsste man es bis hierher hören. Und das in der planetaren Hauptstadt! Verdammt, irgendwo müssen die Menschen doch geblieben sein.“

Robbys Gefühlssektor schien infolge der anomalen Lage abgeschaltet und durch den Logiksektor ersetzt worden zu sein.

„Im Umkreis von drei Kilometern ist kein Fahrzeug in Betrieb“, teilte er mir mit unbewegtem Gesicht mit. „Dagegen kann ich menschliche Stimmen auf fangen, die aber ziemlich weit entfernt sind. Sie kommen aus der Stadt Lowins Port.“

Also war der Planet doch nicht ganz ausgestorben. Wenn Robby mit seinem extrem feinen Gehör das sagte, dann stimmte es auch, und so atmete ich erleichtert auf.

„Wir werden unseren Schweber benutzen, um nicht unnütz Zeit zu vergeuden“, sagte ich. „Bringe ihn heraus, ich passe solange hier auf.“

Robby nickte nur und eilte zurück ins Schiff. Eine halbe Minute später glitt die Schleuse des Laderaumes auf, der Schweber sank zum Boden hinunter, und das Schott schloss sich wieder. Nun stieg ich die Gangway hinab und betätigte das Schlüsselgerät, das sie einfahren ließ und die Mannschleuse schloss. Nun konnte niemand an Bord gelangen, solange wir es nicht wollten.

Zehn Sekunden später stieg unser selbst gebastelter aber sehr robuster Schweber auf und glitt langsam am Kontrollturm vorbei der Stadt entgegen.

Die Metropole Lowins Port erwies sich als nicht allzu beeindruckend. Ich hatte schon öfter ähnliche Städte auf anderen Kolonialplaneten gesehen und war daher moralisch auf das vorbereitet, was wir zu sehen bekamen.

Wie üblich war die Stadt nach einem Plan gebaut, nicht nach und nach von selbst gewachsen. Von einem kreisförmigen Zentralplatz aus liefen zehn Straßen in symmetrischen Abständen zur Peripherie hin, die wiederum alle zweihundert Meter von Ringstraßen geschnitten wurden. Die Häuser waren vier- bis achtstöckig, zahlreiche Grünanlagen lockerten das Stadtbild auf. Alle Fabriken und ähnlichen Anlagen waren in einem Vorort zusammengefasst, der dem Raumhafen entgegengesetzt lag.

Zwischen dem Haien und der Stadt erstreckte sich eine Parklandschaft über eine Distanz von ungefähr einem halben Kilometer. Dahinter begannen unvermittelt die Häuserblocks, und dort sahen wir auch die ersten Menschen.

Eigentlich hatte ich erwartet, eine ganze Anzahl von Schwebern in der Luft zu finden, doch es waren keine zu sehen. Der Verkehr wickelte sich ausschließlich auf den Straßen ab, wo Fußgänger und Elektrowagen unterwegs waren. Ich hielt unseren Schweber am Rande des Parks an, um erst einmal Eindrücke zu sammeln. Irgend etwas störte mich an dem Bild, doch ich kam nicht sofort darauf, was es war.

Dann aber hatte ich es herausgefunden: die Passanten waren ausschließlich Frauen und Kinder – nicht ein Mann war weit und breit zu sehen!

„Was mag das zu bedeuten haben, Boy?“, wandte ich mich an Robby.

Der wusste natürlich sofort, was ich meinte, denn sein Gehirn klassifizierte umgehend alle

Eindrücke und wertete sie aus. Seinem ausdruckslosen Gesicht sah ich an, dass es immer noch rechnete, als er mir seine Antwort gab.

„Bisher habe ich noch keinen plausiblen Grund gefunden, Finch. In Kriegs- oder anderen Notfällen mag es vorkommen, dass sämtliche Männer zu Einsätzen herangezogen werden. Hier ist aber kein Krieg, und wenn wirklich ein Notfall vorliegt, fehlen mir die Fakten, um ihm erkennen zu können. Ich schlage vor, dass wir jemand von den Leuten fragen, um die Wahrheit herauszubekommen.“

„Wie gut, dass ich dich habe“, knurrte ich sarkastisch. „Von selbst wäre ich nie auf diesen genialen Einfall gekommen.“

Robby wusste aus Erfahrung, wie das gemeint war und gab keine Antwort mehr. Ich ließ den Schweber in die vor uns liegende Straße gleiten, setzte am Straßenrand auf und stieg aus.

Ein Ozeanriese, der plötzlich hier aufgetaucht wäre, hätte nicht mehr Aufsehen erregen können, als wir.

Von allen Seiten her kamen die Frauen angelaufen, alte wie junge, mit und ohne Kinder. Einige jubelten und schrien, andere wieder hatten zu weinen begonnen. Im Nu war unser Schweber von allen Seiten her eingekeilt, und ich hatte zu tun, mich unter dem Ansturm auf den Beinen zu halten.

Unversehens hing mir ein junges Mädchen am Hals, lachte und weinte in einem und küsste mich ab, wo sie gerade hintraf. Das war mir nicht ausgesprochen unangenehm, doch ich hatte momentan anderes dm Sinn. So schob ich die Kleine sanft von mir weg, soweit das ging, denn das Gedränge wurde immer stärker.

„Ein Wunder!“, sagte sie mit tränenerstickter Stämme, doch ihre Augen leuchteten. „Männer – richtige Männer – jetzt wird alles wieder gut!“

Ich spitzte die Ohren.

„Einen Augenblick mal, Mädchen“, unterbrach ich sie. „Soll das heißen, dass es zur Zeit in Lowins Port keinen einzigen Mann gibt?“

Sie sah mich verwundert an und vergaß darüber sogar das Weinen.

„Ja, wissen Sie denn wirklich nicht, was hier passiert ist?“

„Keine Spur“, sagte ich wahrheitsgemäß. „Wir sind fremd auf Lowins Planet und eben erst angekommen. Es wäre sehr nett, wenn Sie mich über diese Dinge aufklären würden.“

Eine andere, ein älteres Mädchen oder eine junge Frau, drängte sich durch die Umstehenden und schob die erste beiseite.

„Du bist eine dumme Gans, Linda“, meinte sie vorwurfsvoll und wandte sich dann an mich. „Entschuldigen Sie. Sir, das ist mir ebenso herausgerutscht. Linda hätte doch sofort erkennen müssen, dass Sie von anderswo kommen, denn auf Lowins Planet hat es noch nie Schwarze gegeben.“

„Dann allerdings“, nickte ich. „Doch damit ist für mich immer noch nicht erklärt, was auf dieser Welt vorgegangen ist. Wo, um Himmels Willen, sind denn Ihre Männer alle geblieben?“

Nun wurden ihre Augen feucht. In einer rührenden Gebärde der Hilflosigkeit hob sie ihre wohlgeformten Schultern.

„Sie werden es nicht glauben, aber es ist so: Wir wissen es nicht!“

Geduld, alter Junge, sagte ich zu mir selbst. Die Leutchen hier sind noch vollkommen schockiert, und unser Auftauchen hat sie noch mehr durcheinandergebracht. Du musst ruhig bleiben und systematisch vorgeben.

„Doch, ich glaube es Ihnen“, erklärte ich. „Doch jetzt sagen Sie mir einmal, wann und unter welchen Umständen Ihnen die Männer abhanden gekommen sind. Irgendwelche Anhaltspunkte muss es doch geben – sie können sich doch nicht einfach von einem Augenblick zum anderen in Luft aufgelöst haben!“

Das Mädchen – ich sah jetzt, dass es keinen Ehering trug – beherrschte sich mustergültig. Auch die übrigen Frauen ringsum waren inzwischen verstummt und reckten nur die Hälse, um kein Wort von unserer Unterhaltung zu verpassen.

„Es geschah vor zehn Tagen“, setzte mir ihre Wortführerin auseinander. „Kurz nach Mittag legten plötzlich alle Männer ihre Arbeit nieder, stiegen in die nächsten Schweber und flogen in Richtung Nordwest ab. Keiner blieb zurück, sie nahmen auch alle Jungen von zehn Jahren ab mit. In ganz Lowins Port gibt es seitdem nur noch Frauen, Kinder, Greise und einige Schwerkranke in den Krankenhäusern, alle anderen sind fort. Auch die Besatzung des kürzlich angekommenen Frachtschiffes ist mit ihnen geflogen.“

„Ist ihnen niemand gefolgt?“, fragte Robby aus dem Schweber heraus. Das Mädchen schüttelte den Kopf.

„Wir wollten schon, wir konnten nur nicht. Es war kein einziger Schweber zurückgeblieben. Daraufhin haben wir die Orte und Farmen in der Nachbarschaft aufgesucht, um dort Hilfe zu bekommen, aber dort war es dasselbe. Alle Männer und älteren Jungen von Lowins Planet sind zur selben Zelt fortgeflogen und seitdem nicht wieder auf getaucht.“

Das war allerdings ein Ereignis, das unseren Empfang hier verständlich machte. Absolut unverständlich blieb nur, was so plötzlich in die Männer gefahren sein mochte. Ich forschte also weiter.

„.Sie sind nach Nordwest geflogen, sagten Sie. Was gibt es in dieser Gegend?“

Die ansehnliche Blondine hob die Hände.

„Nichts, was irgendwie interessant für jemand von uns sein könnte. Nur Wälder und Gebirge, die Gegend dort übst noch so gut wie unerforscht.“

Ich sah Robby an, denn er mochte vielleicht inzwischen etwas ausgetüftelt haben, doch er schüttelte ostentativ den Kopf, ein Zeichen, dass er noch kombinierte und vorerst nicht gestört werden wollte. So wandte ich mich wieder meiner Gesprächspartnerin zu.

„Und was haben Sie sonst noch unternommen? Ist niemand auf den Gedanken gekommen, über den Hypersender des Raumhafens Hilfe herbeizurufen? “

Das Gesicht des Mädchens zeigte tiefste Resignation.

„Natürlich sind wir auf diesen Gedanken gekommen, aber es war nichts zu machen. Der Sender im Kontrollturm ist zerstört, ebenso der im Raumschiff; selbst unsere Video- und Rundfunkanlagen sind restlos unbrauchbar gemacht worden. Wir konnten nichts weiter tun, als uns zu bemühen, die Versorgung der Zurückgebliebenen aufrechtzuerhalten. Ein Glück, dass unser Zentralkraftwerk automatisch arbeitet, sonst hätte es noch weit größere Schwierigkeiten gegeben.“

Ich nickte, denn ich wusste, in welchem Ausmaß das menschliche Dasein von der Elektrizität abhängig ist. Vermutlich hatte es auch so noch ein gewaltiges Durcheinander gegeben, doch inzwischen schienen sich die Frauen auf die veränderten Gegebenheiten eingestellt zu haben.

Inzwischen war mir aber klar geworden, dass hinter diesen Vorkommnissen weit mehr steckte als das Bestreben der Männer von Lowins Planet, einmal gemeinsam Eheferien zu machen. Das alles konnte unmöglich mit rechten Dingen zugegangen sein! Hier musste eine riesengroße Schweinerei dahinterstecken.

Ich machte mir darüber meine Gedanken, doch ich hütete mich, sie vor den Frauen auszusprechen. Schon ein flüchtiger Blick auf Robby zeigte mir, dass er inzwischen aufgrund seiner Berechnungen zu einem ähnlichen Resultat gelangt sein musste, aber auch er schwieg. So versuchte ich also, mich so optimistisch wie möglich zu zeigen und lächelte das Mädchen am.

„Sie scheinen die Dinge gut gemeistert zu haben, und das freut uns. Ich hätte nun gern die Frau oder das Gremium gesprochen, die jetzt die Verantwortung für Lowins Port übernommen haben. Können Sie uns den Weg dorthin zeigen?“

Die Blonde nickte, und wir stiegen zusammen in den Schweber, der uns gerade so Platz bot. Draußen bildete sich rasch eine Gasse, Robby ließ das Fahrzeug aufsteigen und nahm Kurs zur Stadtmitte.

Das Mädchen erzählte unterwegs noch einiges, doch ich ließ Robby die Unterhaltung führen, den sie nicht als Roboter erkannt hatte, und brütete stumm vor mich hin.

Ich würde tun, was ich nur konnte, nur fürchtete ich, dass meine Bemühungen zu spät kommen würden. Die Männer waren bereits seit zehn Planetentagen verschwunden, das entsprach zwölfeinhalb Standardtagen. Vieles konnte in dieser Zeit geschehen sein, das sich nicht mehr rückgängig machen ließ. Wenn meine Vermutungen stimmten, befanden sich diese Männer längst nicht mehr auf dieser Welt.

Dann waren sie entführt worden – entführt von einem nicht-menschlichen Feind.

Wir landeten vor dem Stadthaus, einem schmucklosen, nur vierstöckigen Bau, der offenbar zu den ältesten von Lowins Port gehörte. Das Gebäude lag am Zentralplatz und einige weibliche Polizistinnen hielten davor Wache.

Auch hier löste unser Auftauchen einen Volksaufstand aus, doch unsere Begleiterin sorgte dafür, dass wir rasch ins Innere des Stadthauses gelangten. Zwei Minuten später standen wir dann vor der Frau, die im Augenblick die Verwaltung von Lowins Port leitete.

Mrs. Langly war eine Matrone von etwa sechzig Jahren und zweihundert Pfund Lebendgewicht. Sie war bereits telefonisch auf unser Eintreffen vorbereitet worden. Als Gattin des mit den anderen Männern verschwundenen Gouverneurs von Lowins Planet verfügte sie über ausreichend Erfahrungen, um dessen Amt vorübergehend ausüben zu können.

„Endlich sieht man wieder einmal Männer bei uns“, stellte sie erfreut fest und reichte uns beiden die Hand. Auch sie bemerkte nicht, dass Robby nur ein Maschinenmensch war, denn das konnte auf Anhieb nur ein Fachmann feststellen. Ich dachte nicht daran, sie darüber aufzuklären, sondern stellte meinen Gehilfen als Bob Factor vor (diesen Namen improvisierte ich aus den Begriffen Robby und Perfecto). Robby wiederum konnte diesen Irrtum nicht richtigstellen, obwohl es nach dem Kodex der Roboter seine Pflicht gewesen wäre. Dadurch hätte er mich bloßgestellt, und das verbot ihm das erste Grundgesetz.

„Wie geht es Ihnen, Mrs. Langly?“, fragte ich höflich.

Die Gouverneurin sah mich schief an.

„Dumme Frage“, grollte sie mit ihrer tiefen Stimme. „Ich fühle mich ebenso unbehaglich wie alle anderen Weiblichkeiten hier auf Lowins Planet. Mögen wir auch zuweilen mit unseren Männern unzufrieden gewesen sein – seit zehn Tagen gäben wir eine ganze Menge dafür, wenn sie schnellstens zurückkämen!“

Ich nickte mitfühlend.

„Das kann ich gut verstehen, Mrs. Langly. Vor langer Zeit habe ich einen klassischen utopischen Roman gelesen, der Das große Verschwenden hieß. Darin geschah es, dass von einem Augenblick zum anderen für beide Geschlechter das jeweils andere plötzlich aus ihrer Welt verschwand. Die Konsequenzen glichen weitgehend denen, mit den Sie sich jetzt herumzuschlagen haben. Die Frauen waren naturgemäß erheblich schlechter dran als die Männer, die auf ihre Frauen verzichten mussten. – Man hat mir erzählt, dass im Gegensatz zum Roman doch noch einige Männer zurückgeblieben sind. Handelt es sich dabei wirklich nur um Greise und Invaliden?“

„Ausschließlich“, nickte die Matrone. „Jeder nur halbwegs arbeitsfähige Mann und selbst die älteren Jungen haben schlagartig das Weite gesucht. Das und die seltsamen Umstände, unter denen es geschah, hat mir reichlich zu denken gegeben, Mr. Barkley.“

„Und zu welchen Schlussfolgerungen sind Sie gelangt?“, forschte ich gespannt.

Mrs. Langly hob die Hände.

„Es mag verrückt klingen, aber es muss sich ungefähr so verhalten: Irgendeine unbekannte Macht hat den männlichen Bevölkerungsteil von Lowins Planet suggestiv beeinflusst! Sie hat sie ihres freien Willens beraubt und dazu gezwungen, diesen Massenflug in die unerforschten Regionen im Nordwesten anzutreten.“

Ich nickte ihr anerkennend zu.

„Sie haben es erfasst, Mrs. Langly. Derselbe Gedanke ist uns nämlich auch schon gekommen. Wie das bewerkstelligt wurde, kann ich mir auch nicht vorstellen, dafür aber, zu welchem Zweck es geschehen ist. Irgendeine geistig hochbegabte Intelligenz hat sie als Arbeitssklaven sozusagen rekrutiert.“

Die Gouverneurin schlug mit der Faust auf den Tisch, dass einige Gegenstände ins Hüpfen kamen.

„Das müssen skrupellose Scheusale sein“, empörte sie sich. „Wir Menschen haben schon viele geistig tief erstehende Rassen entdeckt, aber nie etwas nur entfernt so Scheußliches getan. Was wollen diese Unbekannten nur mit all den Leuten anfangen? Es handelt sich schließlich um rund eine halbe Million, die Jugendlichen inbegriffen.“

Ich pfiff gedehnt durch die Zähne.

„Das ist allerdings ein starkes Stück. So viele Menschen könnte selbst eine große Raumflotte nicht innerhalb kurzer Zeit abtransportieren. Vermutlich wird man sie auch längst nicht alle brauchen. Meiner Ansicht nach wird eine Auslese nach bestimmten zweckgebundenen Gesichtspunkten vorgenommen werden, und die Fremden werden nur die tauglichsten Objekte für sich verwenden. Es könnte also sein, dass über kurz oder lang ein Großteil der Verschwundenen sich wieder in den Heimatorten einfindet.“

Mrs. Langlys Gesicht zeigte sekundenlang einen hoffnungsvollen Schimmer, verdüsterte sich aber sofort wieder.

„Ich fürchte, so einfach werden sie es uns wohl doch nicht machen. Die Zurückkehrenden könnten dann nämlich angeben, von wem und zu welchem Zweck sie entführt wurden und so unsere Raumflotte auf die Spuren der Fremden bringen. Viel einfacher wäre es für diese, alle nicht Tauglichen einfach umzubringen.“

Ich schüttelte den Kopf.

„So schwarz sehe ich nun wieder nicht, Mrs. Langly. Es reicht für ihre Zwecke vollkommen, wenn sie sie ein paar tausend Kilometer von hier ohne alle Hilfsmittel zurücklassen. Bis sie sich wieder in bewohnte Gegenden durchschlagen können, muss eine erhebliche Zeit vergehen, und die Spuren der Sklaventreiber sind bis dahin längst restlos verwischt.“

Die Züge der Gouverneurin blieben ernst.

„Und selbst, wenn es so wäre, es wäre schlimm genug. Können Sie sich vorstellen, wie es dann den Untauglichen ergehen müsste – ein paar hunderttausend Männer und Jungen mitten in der Wildnis? Ohne Waffen, ohne Ausrüstung und ohne Lebensmittel! Keine zehn Prozent davon hätten unter diesen Umständen die Chance, nach Hause zurückzukehren.“

Sie war den Tränen nahe. Ich überlegte noch, als sich Robby zum Wort meldete, der solange den stummen Zuhörer gespielt hatte.

Das erste Robotergesetz trieb ihn dazu, die Initiative zu ergreifen.

„Wir müssen schnellstens etwas unternehmen, um den Leuten zu Hilfe zu kommen, Finch“, sagte er. „Ich schlage vor, dass wir sofort mit der DARKNESS in das betreffende Gebiet fliegen und möglichst viele Waffen und sonstige Hilfsmittel mitnehmen, sowie eine große Menge konzentrierter Lebensmittel.“

„Schön und gut“, knurrte ich. „Dasselbe habe ich mir auch eben überlegt, aber auch noch etwas anderes: Was ist, wenn die Fremden sich noch dort aufhalten? Bei ihrer mehr als zweifelhaften Mentalität würde es ihnen wohl kaum etwas ausmachen, unser Schiff kurzerhand zu vernichten – womit unsere Hilfsaktion eine erstklassige Pleite würde!“

Sekundenlang herrschte Schweigen in dem Raum. Mrs. Langly starrte mit blicklosen Augen auf die Tischplatte und Robbys Positronengehirn arbeitete so intensiv, dass ich ein leises Summen zu hören glaubte.

„Der erfolgversprechendste Weg wäre“, fuhr ich fort, „mit der DARKNESS den nahegelegenen Flottenstützpunkt anzufliegen und dort die Ereignisse zu schildern. Ein kampfstarkes Kreuzergeschwader, von einigen Lazarettschiffen begleitet, könnte in einigen Tagen hier sein und ...“

Der Summer des Visiphons auf dem Tisch unterbrach mich. Mrs. Langly tastete das Gerät ein, und auf der Sichtscheibe erschien das strahlende Gesicht einer jungen Polizistin.

„Die Männer“, jubelte sie, „die Männer kommen zurück!“

Space Opera Großband September 2018: 1226 Seiten SF Sammelband

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