Читать книгу Menschwerdung eines Affen - Heike Behrend - Страница 18
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ОглавлениеDa ich bis 1985 regelmäßig nach Bartabwa zurückkehrte, teilten die Ältesten mir einen jungen Mann mit Namen Naftali Kipsang zu, der mich bei all meinen Unternehmungen begleitete, mich beschützen sollte und als Übersetzer diente, mich aber vor allem kontrollierte. Kipsang wurde auch »Professor« genannt; er las viel und trug gern ein Buch als Zeichen seiner Belesenheit mit sich herum. Ein Kugelschreiber steckte in seinem Haar. Zusammen mit den Ältesten bestimmte er, was und wen ich zu sehen bekam und was ich in Erfahrung bringen durfte. Ich bezahlte ihm das vor Ort übliche Gehalt eines Lehrers. Doch das Geld verpflichtete ihn kaum zur Loyalität mir, einer Fremden, gegenüber. Die Illusion, Kontrolle über meine Arbeit zu haben, gab ich schnell auf.
Kipsang, mein galanter Begleiter, wurde zu einem der begehrtesten Gesprächspartner. Wenn wir von einem Treffen mit einem Ältesten zurück ins Dorf kamen, machte er die Runde. Er wurde zum Bier eingeladen, um die neuesten Geschichten über mich zum Besten zu geben. Sie hatten hohen Unterhaltungswert; ich hörte das laute Gelächter, das mit ihm von einem Haus zum nächsten wanderte.
In den folgenden Jahren entstand zwischen Kipsang und mir eine Freundschaft. Er war ein geschickter Vermittler, der zwischen meinen und den unterschiedlichen Interessen der Ältesten zu lavieren verstand. Auch begann er, sich zunehmend für die eigene Kultur und insbesondere ihre Rituale zu interessieren, und wurde selbst zu einem Ethnografen der Tugenberge. Wir wurden Komplizen und spiegelten einander in den unterschiedlichen Rollen, die wir übernommen hatten. Während er zum Ethnografen seiner eigenen Kultur avancierte, wurde ich zur Primitiven, zum Affen, allerdings mit Aufstiegschancen.