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b) Nichtigkeit ex tunc

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Können hingegen dem Arbeitnehmer, der ein Zeugnis beantragt, persönlich erhebliche Vorwürfe gemacht werden im Hinblick auf den fehlerhaften Arbeitsvertrag bzw. stehen gewichtige Interessen der Allgemeinheit dem Vertragsinhalt entgegen – dann erfolgt eine Rückabwicklung und das Zeugnis entfällt, z.B.

 • Wurde die Einstellung mithilfe eines gefälschten Zeugnisses durch arglistige Täuschung erreicht105 (siehe hierzu Rn. 42), so erhält der Arbeitnehmer im Falle der Anfechtung des Arbeitsvertrages für die durch Täuschung erreichte Beschäftigungszeit kein Zeugnis. Denn wer arglistig handelt, dem kann nicht gestattet werden, dass er sich auf die durch seinen Betrug veranlasste Beschäftigungsdauer berufen kann und Vorteile zieht, indem diese erschlichene Zeit noch dokumentiert wird für Zwecke künftiger Bewerbungen. Die Tätigkeit wird zeugnisrechtlich so behandelt, als wenn sie nicht stattgefunden hätte, und dann gibt es nichts zu dokumentieren.

 • Das Zeugnis entfällt auch bei gesetzwidrigen Geschäften, bei denen die Arbeitsleistung also solche nach ihrer Art rechts- und gesetzeswidrig, die Vertragserfüllung verbotswidrig ist und der Leistungserfolg von der Rechtsordnung missbilligt wird.106 Wer sich außerhalb der Rechtsordnung stellt, kann nicht erwarten, dass seine Tätigkeit mit der Zeugnis-Dokumentation gewissermaßen legalisiert wird.Des Weiteren gibt es kein Zeugnis bei Nichtigkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) und bei Scheingeschäften (§ 117 BGB, es sei denn, das verdeckte Geschäft bietet die Grundlage für ein Zeugnis).

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Das LAG Hamm107 hatte einen speziellen Fall zu entscheiden:

Der Beklagte schloss mit einer Frau (die Grundsicherung für Arbeitssuchende bezog) zum Schein einen Arbeitsvertrag als Hauswirtschafterin, tatsächlich lag ein Prostitutionsvertrag zugrunde (sogenanntes Sugar-Daddy-Verhältnis). Als das Verhältnis gelöst wurde, verlangte die Frau ein Arbeitszeugnis, auf das sie nach Meinung des Gerichts gemäß § 109 GewO Anspruch hätte – dieses Ergebnis ist zweifelhaft:

Ein Zeugnis für die Tätigkeit als Hauswirtschafterin scheidet aus, da der Arbeitsvertrag als Scheinvertrag nichtig war, die Frau erbrachte auch keine Arbeitsleistung als Wirtschafterin (was ohnehin nicht vorgesehen war).

Auch ein Zeugnis für die sexuellen Dienstleistungen entfällt: Abgesehen davon, dass sexuelle Dienstleistungen hinsichtlich „Leistung und Verhalten“ schwierig zu beurteilen und zu formulieren sind (!), ist nach dem Prostitutionsgesetz nur das Entgelt von der „Sittenwidrigkeit“ ausgeschlossen, die restlichen Vereinbarungen sind nach § 138 BGB nichtig (umstritten), und für sittenwidrige Geschäfte gibt es kein Zeugnis. Außerdem wird eine im Wesentlichen unabhängige (siehe § 3 Prostitutionsgesetz) und auch finanziell nicht abhängige Prostituierte in dieser besonderen Vereinbarung eines Sugar-Daddy-Verhältnisses eher einer freien Dienstleisterin zuzuordnen sein und aus diesem Grund kein Zeugnis erhalten (siehe Rn. 86).

93 LAG Köln, 30.3.2001 (4 Sa 1485/00), BB 2001 S. 1959 (Zeugnis bejaht bei 6-wöchiger Beschäftigung). 94 ArbR-BGB (Eisemann), Rn. 8. Das LAG Düsseldorf (14.5.1963 – 8 Sa 177/63 – BB 1963 S. 1216 = DB 1963 S. 1260) hatte bei einem langfristig angelegten, jedoch bereits nach 2 Tagen beendeten Arbeitsverhältnis den Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis bejaht! 95 Reichsgericht, 6.12.1890, amtliche Sammlung in Zivilsachen, Band 27 S. 223. 96 BGH, 31.3.1967 (VI ZR 288/64), NJW 1967 S. 1416; siehe auch BAG, 12.7.2006 (5 AZR 277/06), BB 2006 S. 2199, unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung. 97 LAG Hamm, 24.5.1989 (15 Sa 18/89), BB 1989 S. 1759. 98 BAG, 27.7.2010 (3 AZR 317/08), BB 2010 S. 3147 = DB 2011 S. 943 = ArbRB 2010 S. 361. 99 So im Fall des BAG, 1.12.2020 (9 AZR 102/20), Pressemitteilung Nr. 43/20. 100 LAG Frankfurt, 14.2.2019 (10 Sa 350/18). 101 A. A. ErfK (Müller-Glöge), Rn. 2b = Anspruch auf ein einfaches Zeugnis. 102 ArbG Lübeck, 22.1.2020 (4 Ca 2222/19), BB 2020 S. 627 (das Berufungsverfahren endete beim LAG Kiel (4 Sa 113/20) durch Vergleich). 103 BAG, 3.11.2004 (5 AZR 592/03), BB 2005 S. 782 = DB 2005 S. 1334 = NZA 2005 S. 1409 = AP BGB § 134 Nr. 25. 104 ArbR-BGB (Eisemann), Rn. 10. 105 BAG, 3.12.1998 (2 AZR 754/97), BB 1999 S. 796 = DB 1999 S. 852 = NZA 1999 S. 584 = AP BGB § 123 Nr. 49. 106 BAG, 3.11.2004 (5 AZR 592/03), BB 2005 S. 782 = DB 2005 S. 1334 = NZA 2005 S. 1409 = AP BGB § 134 Nr. 25. 107 LAG Hamm, 6.6.2019 (17 Sa 46/19).

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