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136. Hermann Schiff194. 47

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April 1827

[Mitteilung Schiffs an Strodtmann:]

Heine: „Was sagst du zu dem Buche Le Grand?“

Schiff: „Du hast nicht wohlgetan, deine musikalische Unwissenheit öffentlich kundzugeben.“

Heine: „Unverschämtester der Sterblichen, was meinst du damit?“

Schiff: „Daß du ein feines Ohr für Rhythmus und Wohllaut der Verse hast, müssen deine Todfeinde dir lassen, den langen Schaller aus Danzig miteingerechnet. Auch deine Prosa ist, wie Maler sagen, ein geleckter Stil, der in der niederländischen Schule zuweilen vorkommt... Dein großer Kaiser ist über alle Maßen bewundernswert, aber nicht jeder kann ihn lieben und verehren – zumal der Hamburger nicht, dem Davousts Schreckensregiment zu gut in der Erinnerung lebt... Aber ich will nicht pedantisch sein. Lassen wir das und reden wir von deinem Le Grand. Mir scheint, du kennst keinen Unterschied zwischen einer Militärtrommel und einem großen Orchester... Das ist keine Poesie, sondern Scharlatanerie.“

„Pah! gibt es eine Poesie ohne Scharlatanerie?“ frug Heine, der sehr ernsthaft geworden war.

„Nur keine poesielose Scharlatanerie. Ein Tambour, der aus heiler Haut stirbt und einen Wirbel dazu schlägt, ist ein Unding... Was sah dein Auge, hörte dein Ohr dabei? Du hast sicherlich nie eine Trommel gerührt. Aber du weißt doch vielleicht, daß die gedämpfte Trommel die militärische Totenglocke ist. Ein braver Tambour, der sich sterben fühlt, mag diese letzte soldatische Ehre sich selbst antun, ja, er mag seine letzte Kraft aufbieten, um mit einem tapferen Nachschlag zu enden. Ein Wirbel aber, diminuendo bis zum piano pianissimo, ist ein unmögliches Tambour-Schwanenlied; denn beim Wirbel müssen die Ellenbogen fix gerührt werden; das Piano ist schwieriger als das Forte, und die abnehmende Lebenskraft kann es nicht hervorbringen. Gesetzt aber, sie könnte es, so wäre ein solches Dahinscheiden lächerlich. Das wirst du zugeben, wenn du mit Phantasie gehörig an Aug’ und Ohr appellierst.“

„Hör’, Bursche!“ rief Heine mit scharfer Betonung, „das sagst du mir, aber keinem andern!“

Schiff: „Weshalb sollte ich dem Publikum seinen Spaß verderben? – Da ich obendrein weiß, daß es nutzlos für den einzelnen ist, sich der absoluten Majorität als Lehrmeister aufzudrängen – –“

Bevor der Satz beendigt wurde, trat Campe ein. Er machte Schiff aufmerksam auf den pelzgefütterten Schlafrock des Dichters und sagte mit komischer Gravität: „Ich bin ein persischer Schah, der Ehrenpelze verteilt.“

Schiff: „Jetzt glaub’ ich an die fünftausend Exemplare der ‚Reisebilder‘, da Campe seinen Autor warm hält.“

Heine aber sagte: „Hier stelle ich Ihnen einen jungen Schriftsteller vor, der eines soliden Verlegers bedarf. Nehmen Sie sich seiner an. Mein Freund Schiff ist mir besonders interessant, weil er sich nichts aus mir macht. Sie glauben nicht, wie wohl es tut, wenn man, wie ich, mit Lob überschüttet wird, auch einmal jemanden zu finden, der uns mit dreister Hand die Achillesferse zeigt, an der wir verwundbar sind.“

Gespräche mit Heine

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