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143. Charlotte Embden-Heine74
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[Mitteilung ihrer Tochter Maria:] 1827... reiste meine Mutter nach Göttingen, wo sie Graf Platen kennenlernte; sie umging alle Fragen nach ihrer Familie, weil sie glaubte, der Name Heine würde bei Graf Platen keine angenehme Erinnerung erwecken, da der Dichter sich mit ihm entzweit hatte. Meine Mutter war entzückt von Platen, wünschte aber keine Erörterungen hervorzurufen und vermied ängstlich, von den berühmten Reisebildern zu sprechen.
Der Graf besuchte sie, und als er ihr beim Abschiede ehrerbietig die Hand küßte, sagte er:
„Gnädige Frau, wollen Sie mir eine Frage beantworten: Haben Sie je die Bibel gelesen?“
Meine Mutter sah ihn erstaunt an und wußte nicht, was sie antworten sollte.
„Kennen Sie, meine Gnädigste,“ fuhr er fort, „die Stelle in der Heiligen Schrift: ‚Bin ich der Hüter meines Bruders?‘ Seien Sie meiner höchsten Achtung versichert und genehmigen Sie die aufrichtigsten Wünsche für Ihr Wohl, mögen die Bäder von Schwalbach Ihnen Genesung bringen.“
Meine Mutter blieb stumm und entließ ihn mit freundlichem Kopfnicken. Als sie ihrem Bruder diese Szene erzählte, wurde er ernstlich böse und sagte:
„Aber, liebes Lottchen, du hast doch die Zunge am rechten Fleck, wie konntest du schweigen und nicht die Gelegenheit benutzen, ihm sein Unrecht gegen mich vorzuhalten?“
[Diese Mitteilung der Nichte Heines kann nur auf einem groben Mißverständnis beruhen. 1827 war von einem Zwist zwischen Platen und Heine noch keine Rede, erst 1829; Platen lebte seit 1826 in Italien und kam erst Ende Oktober 1832 wieder nach München. Eine Begegnung zwischen ihm und Charlotte Embden in Göttingen ist völlig ausgeschlossen, ebenso eine unmittelbar darauf folgende Unterhaltung beider Geschwister, denn Heine sah nach seiner Übersiedlung nach Paris im Mai 1831 die Schwester erst 1843 wieder.]