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11. Betty Heine74

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1810?

[Mitteilung ihrer Enkelin Maria:] Es war Jahrmarkt; die Dienstboten erhielten die Erlaubnis, ein Tanzlokal zu besuchen, die Mutter und die Kinder mit einer alten tauben Magd blieben zu Hause. Die Kinder saßen bei der Mutter und hörten ihren Erzählungen zu, als plötzlich ein heller Lichtstrahl ins Zimmer drang und die Flammen aus dem Nachbarhause prasselnd emporschlugen.

Das Haus gehörte einem Bierbrauer, dessen ganze Malzvorräte sich entzündet hatten. Schleunige Hilfe tat not, und man eilte zum Nachbar, der noch nichts bemerkt hatte. Das Feuer wurde gelöscht, ohne viel Unheil angerichtet zu haben. Dankbar geleitete der Brauer meine Großmutter, von den Kindern gefolgt, bis an die Tür ihrer Wohnung.

Doch welche unangenehme Überraschung, die Haustür war ins Schloß gefallen, unmöglich, sie von außen zu öffnen. Man schellte und schellte, aber vergebens. Die alte Magd nähte in einer Hinterstube, ihre Taubheit verhinderte sie, uns zu hören.

„Mutter,“ sagte Heinrich, „sieh, die Tür des Wagenschauers ist unverschlossen; von hier aus können wir ins Haus gelangen.“

Eine große Reisekutsche stand hier, mit grauem Leinen behangen. Im Vorbeigehen bemerkte Heinrich, daß ein Mann unter den Wagen huschte. Weder mit einer Miene noch einem Ausruf verriet er, was er gesehen hatte. „Mütterchen,“ sagte er, „ich kehre gleich zurück, ich habe mein Taschentuch beim Nachbar vergessen.“

Die Mutter hatte keine Ahnung von dem, was ihr Sohn gesehen hatte, und wollte ihn zurückhalten, aber er lief lachend davon und berichtete dem Nachbar, was er gesehen hatte. Dieser versammelte seine Knechte, bewaffnete sie mit Knütteln und Heugabeln, folgte dem kleinen Heine in die Remise und fand den Mann, mit einem großen Messer bewaffnet, unter dem Wagen.

Er wurde hervorgezogen und geknebelt. Es war ein entlaufener Sträfling, und als die Polizeidiener ihn abholten, wandte er sich an den Knaben mit diesen Worten: „Erinnere dich, du kleine Canaille, wenn ich wieder frei werde, bringe ich dich um!“

Viele Jahre vergingen. Heine studierte in Bonn und reiste zum Vergnügen nach Aachen, um der Hinrichtung eines Missetäters vermittels der Guillotine beizuwohnen. Einer der Studenten, welcher Phrenologie studierte, erhielt die Erlaubnis, den armen Sünder im Gefängnisse zu besuchen, um wissenschaftliche Beobachtungen anzustellen.

Heines Neugier war erregt und er bat seinen Freund, ihn begleiten zu dürfen, doch wie unangenehm wurde er berührt, als der Mann einen Schrei ausstieß und Heine in ihm den Sträfling erkannte, der in der Remise festgenommen wurde. Am folgenden Tage wohnte er der Hinrichtung bei und behauptete, daß der zum Tode Verurteilte ihn erkannt und ihm einen haßerfüllten Blick zugeworfen habe.

Von dieser Zeit an konnte er nicht mehr von Hinrichtung und Schafott sprechen hören, sogar der Name Aachen versetzte ihn in nervöse Aufregung.

[Da Heine selbst diesen Vorfall nie erwähnt, dürfte die Erzählung seiner Nichte, die ebenso wie ihr Onkel Max Heine mancherlei über den Dichter zu fabulieren pflegte und es mit der Wahrheit nicht eben genau nahm, mit Vorbehalt aufzunehmen sein.]

Gespräche mit Heine

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