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4. Charlotte Embden-Heine74

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1805?

[Mitteilung ihrer Tochter Maria:] Schon als Kind war meine Mutter des Dichters Liebling, und des Morgens in aller Frühe, wenn die andern Mitglieder der Familie noch im tiefen Schlummer lagen, spielten Heinrich und Charlotte miteinander. Sie suchten Reime. Eines Tages quälte sich das kleine Mädchen vergebens, sie konnte die gewünschten Worte nicht finden. Sie wandte sich an den Bruder: „Dir ist es leicht, Reime zu finden, mir wird es sehr schwer, wir wollen lieber ein anderes Spiel spielen. Ich werde eine Fee vorstellen, wir bauen einen Turm, ich bewohne ihn; du bleibst draußen stehen, singst und findest Reime.“

Beinahe hätte dieses Spiel meiner Mutter das Leben gekostet.

Sie bauten einen Turm! Im Wagenschauer standen viele leere Kisten, die beiden Kinder arbeiteten unermüdlich, bis sie eine Kiste auf die andere gehoben hatten und ihr Gebäude zehn Fuß Höhe erreicht hatte. Dessenungeachtet fanden sie, daß der Turm noch immer nicht hoch genug war. Die Kleine kletterte hinauf bis an die letzte Kiste und sprang hinein. Die Fee verschwand, da die Kiste höher war als das Kind. Sobald Heinrich seine Schwester nicht mehr erblickte, wurde ihm bange, er lief nach Hause und rief um Hilfe. Charlotte versuchte sich zu befreien, die Kisten fingen an zu schwanken, und furchterfüllt kauerte sie, leise weinend, in einer Ecke. Um recht schön zu erscheinen, hatte sie ihr bestes Kleid angezogen und beim Hineinspringen bedeutend zerrissen. Sie fürchtete die Folgen, da meine Großmutter eine strenge Frau war und jeden Ungehorsam unerbittlich bestrafte.

Das Ende dieser Geschichte erzählte uns meine Mutter mit folgenden Worten: „Als man mir zu Hilfe eilte, blieb ich still und stumm in meiner Ecke sitzen, doch als ich das Klagen und Weinen meines Bruders hörte, rief ich ihm zu: ‚Ich lebe, aber mein Kleid ist zerrissen.‘ Nicht ohne Schwierigkeit wurde ich aus meinem sogenannten Turm hervorgeholt, und Heinrich umarmte mich stürmisch, überglücklich, sein Schwesterchen unbeschädigt wiederzusehen.“

1855, zwei Monate vor seinem Tode, als ich ihn zum letzten Male sah und wir von den glücklichen Tagen unserer Kindheit sprachen, erzählte er mir, daß er nie den freudigen Eindruck vergessen habe, den er damals als achtjähriger Knabe empfand.

[An diese Kinderspiele erinnert auch Heines Gedicht: „Mein Kind, wir waren Kinder.“]

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