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211. Ludolf Wienbarg49

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Oktober 1830

Der Ausbruch der Julirevolution warf Heine aus einer mißmütigen unproduktiven Stimmung in eine fieberhafte Aufregung; er fühlte, daß sie auch in seinem Leben einen bedeutsamen Abschnitt bilden würde. Damals rekapitulierte er die ältere französische Revolution, namentlich zog ihn der klassische Mignet an. Als ich eines Morgens zu ihm kam – er hatte den Tag vorher seine Wohnung verändert –, fand ich ihn recht blaß und leidend, die kleine weiße Hand an das seidene Kopftuch geschmiegt. Meine Frage nach seinem Befinden klang diesmal ohne Spur von Ironie, wie wohl zuweilen, wenn sein ewiges morgenliches Jammern mir ein wenig an Koketterie zu streifen schien. „Ich bin abgeschlagen“, sagte er. „Das hat man von Mignet und der französischen Revolution. Ich las diese Nacht noch spät im Bett, nein, ich las nicht mehr, ich sah die Gestalten selbst aus dem Mignet emporsteigen, die edlen Köpfe der Gironde und das Fallbeil, das sie mit dumpfem Schlag vom Rumpfe trennt, und die heulende Volksmeute, da sah ich nieder und mein Blick fällt auf die Bettstelle, auf diese abscheuliche rote Bettstelle da, und ich komme mir vor, als liege ich auch schon auf der roten Guillotine, und bin mit einem Satz aus dem Bett. Seitdem habe ich kein Auge zugetan.“ – Mich rührte die nervöse Erregbarkeit der Phantasie des Dichters, die mir in ihrer ungeheuchelten Wahrheit vor Augen lag. Ich wurde seitdem duldsamer gegen manche grelle Gefühlspartien in seinen Dichtungen, die man nur zu leicht für künstlich chargiert hält.

[In einer Anekdotensammlung „Walter Kirchhoff“ spricht auch Lyser von dieser „blutrot angestrichenen Bettstelle“; Heine habe daher sein Zimmer die „Guillotinenkammer“ genannt. Er wohnte seit Anfang Oktober bei Dr. Kluth auf dem Neuen Wall.]

Gespräche mit Heine

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