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230. Ludwig Börne71

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26. September 1831

[Börne an Jeannette Wohl, 27. September 1831:] Meine erste Frage an Madame Valentin* war, wie ihr Heine gefalle? Nun hat diese Dame etwas von Ihrer Art, nicht gerne Böses von den Leuten zu sagen; ich merkte ihr aber doch an, daß er dort im Hause nicht gefallen. Doch tadelte sie bloß, er spräche so ordinär, und von einem Schriftsteller erwarte man doch auch in der Unterhaltung gewählte Worte. – Gestern vormittag kam ein junger Mann zu mir, stürzt freudig herein, lacht, reicht mir beide Hände – ich kenne ihn nicht. Es war Heine, den ich den ganzen Tag im Sinne hatte! Er sollte schon vor acht Tagen von Boulogne zurück sein, aber „ich war dort krank geworden, hatte mich in eine Engländerin verliebt“ usw. Man soll sich dem ersten Eindrucke nicht hingeben; aber mit Ihnen brauche ich mich nicht vorzusehen, das bleibt unter uns, und wenn ich meine Meinung ändere, sage ich es Ihnen. Heine gefällt mir nicht. Sollten Sie wohl glauben, daß, als ich eine Viertelstunde mit ihm gesprochen, eine Stimme in meinem Herzen mir zuflüsterte: „Er ist wie Robert, er hat keine Seele?“ Und Robert [Robert der Teufel] und Heine, wie weit stehen die auseinander! Ich weiß selbst nicht deutlich, was ich unter Seele verstehe; es ist aber etwas, was oft gewöhnliche Menschen haben und bedeutendere nicht, oft böse und nicht gute, beschränkte und nicht geistreiche Menschen... Ich und meinesgleichen, wir affektieren oft den Scherz, wenn wir sehr ernst sind; aber Heines Ernst scheint mir immer affektiert. Es ist ihm nichts heilig, an der Wahrheit liebt er nur das Schöne, er hat keinen Glauben. Er sagte mir offen, er wäre vom Justemilieu, und wie nun alle Menschen ihre Neigungen zu Grundsätzen adeln, sagte er, man müsse aus Freiheitsliebe Despot sein, Despotismus führe zur Freiheit, die Freiheit müsse auch ihre Jesuiten haben. Recht hat er, aber der Mensch soll nicht Gott spielen, der nur allein versteht, die Menschen durch Irrtümer zur Wahrheit, durch Verbrechen zur Tugend, durch Unglück zum Heile zu führen. Wie ich hier von mehreren gehört, soll Heine sich gefallen, eine Melancholie zu affektieren, die er gar nicht hat, und soll grenzenlos eitel sein. *Ich sprach wegen gemeinschaftlicher Herausgabe eines Journals; damit will er aber nichts zu tun haben*. Herrliche Einfälle hat er, aber er wiederholt sie gern und belacht sich selbst.

*Gestern aßen wir beide und List zusammen. Sie hätten dabei sein sollen. Ich und er, einen Einfall schöner wie der andere und das Lachen des List, der nie weniger als ein halb Pfund Fleisch im Munde hat! Ich fürchtete im Ernst, er würde ersticken. Heine sagte, ich sei schuld, daß er überall für einen Narren gehalten, denn wenn er meine Witze aus meinen Werken angeführt, habe er immer so lachen müssen, daß man ihn für verrückt gehalten.

Heine soll gemein liederlich sein. Er wohnt am Ende der Stadt und sagt mir oft, es geschehe, um keine Besuche zu haben, und ich solle ihn auch nicht besuchen.

Übrigens habe ich eine kleine Tücke dabei, daß ich Heine bei Ihnen so verleumde. Ich habe erst jetzt bemerkt, was mir bei unserm früheren Zusammentreffen entgangen, daß er ein hübscher Mensch ist und eins von den Gesichtern hat, wie sie den Weibern gefallen. Aber glauben Sie mir, es ist doch nichts dahinter, gar nichts, ich muß das verstehen. Heine sagt mir auch, Campe wäre ein großer Lump und kein Geld von ihm zu bekommen.

... Heine sagte mir auch, er wolle sich mit Kunst beschäftigen, und er habe eine große Abhandlung über die letzte Gemäldeausstellung geschrieben.* – – Sonderbar – gestern abend hörte ich bei Valentins* wiederholt etwas darüber spötteln: Heine spräche so oft und so viel von seinen Arbeiten. Was doch die Naturen verschieden sind! Wenn ich etwas in der Arbeit habe, ist mir unmöglich, irgendeinen außer Ihnen zum Vertrauten meines Geheimnisses zu machen; mich hält eine gewisse Scham davon zurück.

[Von seinem ersten Besuch bei Börne im Hotel de Castille erzählt Heine zu Beginn des dritten Teiles seines Börnebuches. Börnes obige Schilderung läßt die Anwesenheit eines Dritten dabei kaum zu, auch Heine sagt nichts davon; in seinen „Besuchen im Jenseits“ („Erinnerungsblätter“ 1884, S. 185) erinnert aber Ferdinand Hiller daran, daß er Heine zuerst zu Börne geführt habe; er denkt vielleicht an die Verabredung am 24. Oktober und glaubte später, Heine habe erst an diesem Tage Börne kennengelernt.]

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