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Um Haaresbreite und nicht mehr

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stößt er die Tür auf

und hält die Klinke in der rechten Hand,

als die Granate durch die Wand schlägt.

In den Labyrinthen unter Dächern und in Kellern

staut sich die dicke Luft.

Aus den neuralen Vernetzungen

windet sich der Gedanke wie ein Wurm

zum sensorischen Sprachzentrum,

um das eine mit dem andern zu verbinden,

während die Sirene vom einbrechenden Turm herunter heult.

Der Tod, der als natürlicher in den Akten steht,

ist doch ein unnatürlicher gewesen.

Der Selbstmörder im anderen Bericht

kommt als Täter erst gar nicht vor Gericht.

Granaten zischen über Dächer und Köpfe,

eine nach der andern, Stunde um Stunde.

Splitter schlagen auf und in die Töpfe,

zu zählen sind sie nicht, abzuwarten bleibt die nächste Runde.

Die Städte waren zu enttrümmern,

Schuttberge von den Straßen wegzuräumen.

Frauen waren es, sie machten den Anfang,

denn die Männer und Söhne waren gefallen

oder in Gefangenschaft.

Es waren die Arbeitslager hinter dem Ural,

wo viele durch Hunger und Kälte das Leben verloren.

Die es überlebten, kamen mit Erfrierungen

und als körperlich-seelische Krüppel

verschlissen und erschöpft zurück.

Ihre Blicke waren die von Fremden.

Die Tränen der Angst und des Staunens vor dem Veränderten

hatten sich zum Salz des Schmerzes und der Trauer verkrustet.

Unfassbar war es für jene, die dennoch zurückkamen,

dass die Beteuerungen der Treue in den Wind geschlagen

und wie ein Stück Papier zerrissen worden waren.

Das Staunen vor dem veränderten Anderen erschütterte das Mark.

Die Folge war der Steilsturz einer hoffnungslosen Verwerfung.

Aus den Tiefen des Tages und der Geschichte

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