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Was der Polizei (nicht) erlaubt ist
ОглавлениеGemessen daran, was Smartphones heute über uns wissen und wir in den folgenden Kapiteln erfahren werden, ist dem Mobilfunkbetreiber nur eine Handvoll persönlicher Daten über das jeweilige Handy bekannt. Betreiber wissen, wer der Inhaber einer Mobilfunknummer ist, inzwischen auch bei registrierungspflichtigen Prepaid-Karten. Sie kennen den – mehr oder weniger genauen – Standort zu bestimmten Zeiten und können ein Bewegungsprofil über einen gewissen Zeitraum erstellen. Dazu kommen Verbindungsdaten: Wer wann angerufen wurde, wer wann welche SMS geschickt hat, welche Webseiten von einem Handy angesurft wurden. Und der Betreiber kennt Daten des konkreten Geräts wie dessen (manipulierbare) Seriennummer, das verbrauchte Datenvolumen, die Zahl der SMS, die Länge der geführten Gespräche.
Davon dürfen nur die sogenannten »Metadaten« gespeichert werden, also Daten über die aufgebauten Verbindungen, Standorte, Datenvolumen, Geräteinformation. Diese Information bleibt einige Monate gespeichert: So lange, bis Rechnungen bezahlt und nicht beeinsprucht wurden, oder allenfalls so lange, bis über einen Einspruch entschieden wurde. Die Vorratsspeicherung, die mehrjährige Speicherung dieser Daten, wurde hingegen vom Europäischen Gerichtshof als Verstoß gegen Grundrechte erkannt und beendet.
Der Zugriff auf diese Daten ist der Polizei nur aufgrund einer staatsanwaltlichen Anordnung mit richterlicher Genehmigung erlaubt. Die Betreiber müssen dafür rund um die Uhr bereitstehen. Im Falle einer richterlichen Erlaubnis können Inhalte mitgehört werden und SMS gelesen werden. Daten von konkreten Verdächtigen können »eingefroren«, das heißt so lange gespeichert werden, bis ein Ermittlungsverfahren beendet ist.
Manchmal kann dies eine alles entscheidende Hilfe sein, etwa als vor einigen Jahren in Österreich ein großer Hersteller durch die Vergiftung seiner Getränkegebinde in Supermärkten erpresst wurde. Erst durch die Lokalisierung, von wo SMS abgeschickt wurden, konnte der Erpresser schließlich durch die enge Zusammenarbeit von Polizei und Mobilfunker festgenommen werden, ehe jemand zu Schaden kam. Diese Möglichkeit der Ermittlung und Verfolgung verschließt sich jedoch der Polizei immer mehr durch die Verwendung von WhatsApp & Co. (auch darüber mehr in den folgenden Kapiteln).
Selbst wenn die Polizei ermächtigt wird, den Standort einer gesuchten Person zu ermitteln oder Telefonate mitzuhören: An den Schreibtischen im Kommissariat findet dies nicht statt, wie uns manche Sonntagskrimis suggerieren. Der Zugang zum Teilnehmer, dessen Daten überwacht und Gespräche belauscht werden sollen, muss zuerst vom »Interception Team« des Betreibers aktiviert werden. Dann werden diese Daten an eine zentrale Überwachungsstelle der Polizei ausgeleitet. Das Überwachungsteam des Betreibers selbst sieht und hört von der Überwachung nichts – dafür sorgen spezielle Verschlüsselungstechniken.
In Deutschland werden die Daten überwachter Teilnehmer an eines von neun Zentren geleitet, wo die weitere Bearbeitung durch die Ermittler erfolgt. In Österreich gibt es dafür ein polizeiliches Zentrum in der Meidlinger Kaserne in Wien. Dieses darf Information an jeweils eine Stelle bei den Landeskriminalämtern weitergeben. An dieser zentralen Stelle müssen die ermittelnden Beamten selbst vor den Bildschirmen sitzen, um im Falle eines Einsatzes Information telefonisch an die Einsatzkräfte weiterzugeben. Am Schreibtisch schnell nachschauen, wo der Täter sein könnte, oder dem pulsierenden Punkt auf dem Handy der Kommissarin folgen: Soviel Komfort gibt es nur im »Tatort«.
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