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Captain Kirk, bitte melden
Оглавление1994 hatten gerade einmal sechs Prozent der US-Bevölkerung ein Mobilfunkgerät. Die größte Handydichte fand sich in Los Angeles und New York. Österreich und Deutschland lagen damals noch ein wenig hinter diesem Verbreitungsgrad zurück. Nur wenige ahnten, dass es nur ein Jahrzehnt dauern sollte, bis das Statussymbol der Schönen und Reichen aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken war.
Seine Inspiration für die Erfindung des ersten »handheld mobile phones« bezog der Motorola-Techniker Martin Cooper aus der Science-Fiction-Serie »Star Trek«, in der Captain Kirk dank seines Communicators quer durch die Galaxie telefonieren kann. Der studierte Elektroingenieur Cooper hatte bei Motorola zuvor Autotelefone gebaut, jetzt wollte er ein Gerät, das Menschen mit sich führen konnten. In nur 90 Tagen entwickelte er 1973 mit seinem Team das erste »Handgerät«, das DynaTAC 8000, ein Kilogramm schwer und mit einer Akkulaufzeit von gerade 20 Minuten. Dennoch war ein kabelloses Mobiltelefon eine Sensation zu einer Zeit, da noch nicht einmal das Schnurlostelefon zum Festnetz erfunden war. »Als wir vor Motorolas New Yorker Büro auf der Straße unseren ersten Anruf machten, blieb den vorübergehenden Passanten der Mund offenstehen«, erinnerte sich Cooper Jahre später in einem Interview. Es dauerte weitere zehn Jahre, ehe das DynaTAC 8000 zu kaufen war und es – zumindest in Städten – ein Funknetz zum Telefonieren gab. Ende der 1980er-Jahre brachte Motorola das MicroTAC heraus, ein Klapphandy ganz in der Art von Kirks Communicator. »Als wir das erste Handgerät auf den Markt brachten, dachten wir schon, dass eines Tages jeder ein Mobiltelefon haben würde. Aber dass dies noch zu unserer Lebenszeit passiert, damit hat keiner bei Motorola gerechnet«, zeigte Cooper noch Jahre später sein Erstaunen über die rasante Entwicklung.
Ab Mitte der 1990er-Jahre startete Mobilfunk auch in Europa richtig durch. Zwei Umstände bildeten dafür die Grundlage: Erstens der neue Mobilfunkstandard GSM (Global System for Telecommunication), ein einheitlicher digitaler Standard. Und zweitens die »Deregulierung« des Telekom-Marktes in der Europäischen Union, die für lebhafte private Konkurrenz zu den einstigen staatlichen Monopolbetrieben sorgte. Dank GSM wurde es zum ersten Mal möglich, mit einem Handy nicht nur im eigenen Land zu telefonieren, sondern in ganz Europa zu »roamen«, später in den meisten Ländern der Welt.
GSM brachte den Produzenten von Mobilfunkgeräten einen enormen Vorteil: Sie mussten nicht mehr eine Vielzahl technisch unterschiedlicher Modelle zu hohen Kosten für zersplitterte Märkte erzeugen. Damit sanken die Handypreise rapide und wurden obendrein weitgehend in den monatlichen Gebühren für den Mobilfunkbetreiber versteckt. Für den Mobilfunkmarkt wurde das (scheinbar) um »Null Euro« erhältliche Handy so wichtig wie seinerzeit Fords günstiges Modell T für den automobilen Massenmarkt.
1995 gab es in Österreich 450.000 Teilnehmer beim (noch) einzigen Anbieter mobilkom austria, Tochter der staatlichen Telekom Austria. 1996 zog mit max.mobil (heute T-Mobile Austria bzw. Magenta) die erste private Konkurrenz ins Land, 1998 folgte One (später Orange, heute in Drei aufgegangen). Schon zur Jahrtausendwende hatte sich die Zahl der Anschlüsse auf 4,64 Millionen verfünffacht, 2005 kam mit 6,83 Millionen Anschlüssen praktisch ein Handy auf jeden Erwachsenen.
Nicht viel anders war das Bild in Deutschland, wo Mannesmann (später Vodafone), E-Plus (heute Telefónica) und Viag Interkom (wurde o2, gehört heute gleichfalls zur Telefónica) der teilstaatlichen Deutschen Telekom Konkurrenz machten. Von 1995 bis 2005 explodierte die Teilnehmerzahl förmlich, von weniger als vier Millionen auf 80 Millionen Anschlüsse.