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Der Feind auf deinem Touchscreen

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Doch jedem Anfang wohnt nicht nur ein Zauber, sondern auch der Kern eines späteren Rosenkriegs inne. In einer weitgehend vergessenen Szene der iPhone-Premiere hatte Google CEO Eric Schmidt einen Auftritt. Steve Jobs hatte voller Begeisterung zuvor Google Maps für das iPhone präsentiert, adelte es als eine unverzichtbare Anwendung des Internets in der Tasche und brachte das Publikum zum Lachen, als er den nächsten Starbucks auf der Karte suchte und dort anrief und »4000 Latte zum Mitnehmen« bestellte.

Jetzt durfte Schmidt zum Handshake auf die Bühne, Jobs und das iPhone preisen, um dann nahtlos zu Google Maps als zentralem Datenelement auf dem iPhone überzuleiten. »Wir könnten die beiden Firmen fusionieren und sie Applegoo nennen… aber mit Google am iPhone kommen wir zusammen, ohne zu fusionieren, und jeder tut dabei das, was er am besten kann«, sagte Schmidt, der damals Mitglied des Apple-Boards war (eine Mischung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat). Im Kern erklärte Schmidt damit, was Googles alchemistisches Geschäftsmodell am Handy werden sollte: Daten aller Art aufzusaugen, um sie in Gold zu verwandeln.

»Aus Google Maps bekommen andere Apps Daten, so wie Maps Daten von diesen Apps bekommen. Das ist der Beginn einer ganz neuen Generation von Datendiensten, mit mächtigen Computern in der Cloud, die diese Daten nutzen können.« Beim ersten iPhone erlaubte dies solch nützliche, aber noch einfache Funktionen, wie eine Adresse aus dem Adressbuch mit einem einzigen Fingerdruck in Maps zu finden. Nur wenige Jahre später ermöglichte dies, dass Google praktisch über jede Bewegung eines Nutzers von Google Maps Bescheid weiß und diese Information mit anderen Daten verbinden kann – wonach bei Google gesucht wurde, welche Einkäufe jemand mit Gmail tätigte, welche anderen Apps benutzt werden (eine reiche Datenspur, der wir in den folgenden Kapiteln folgen werden).

Es war dies der letzte öffentliche Handshake zwischen Jobs und Schmidt. Hinter den Kulissen war Google längst dabei, sein eigenes Betriebssystem für ein Smartphone zu entwickeln. Bereits 2005 hatte Google Android samt seinem Entwickler Andy Rubin gekauft, ein früherer Apple-Techniker. Wenige Monate nach dem Verkaufsbeginn des iPhones präsentierte Android seinen zum Verwechseln ähnlichen Gegenentwurf zum iPhone. 33 Firmen hatte der Suchmaschinenkonzern um sich geschart, die auf Basis von Android Smartphones bauen sollten. Im Herbst 2008, mehr als ein Jahr nachdem das iPhone Schlagzeilen und Herzen erobert hatte, kam das erste Android-Handy auf den Markt. Das als T-Mobile G1 verkaufte Dream des taiwanesischen Herstellers HTC war noch eine Art Hybrid aus alter und neuer Handywelt. Google Apps bestimmten das Angebot: Suche, Maps, Mail, Kalender.

Der Premiere des Geräts waren Schreiduelle am Google-Campus in Mountainview zwischen Steve Jobs und Eric Schmidt, den Google-Gründern Sergey Brin und Larry Page, sowie Andy Rubin vorangegangen. Jobs wollte verhindern, dass Google seine iPhone-Konkurrenz auf den Markt brachte, bot für den Verzicht sogar prominenten Platz (und damit Erträge) für Google-Apps auf dem Startschirm des iPhones an.

Vergeblich. Aus der Freundschaft zur Geburt des iPhones wurde eine epische Feindschaft. Nach und nach übernahm Android so gut wie alle Funktionen des iPhones – Wischen, Mehr-Finger-Touch, Apps in Rasteranordnung, einen App Store namens Play Store (eine Konzession an Apples Urheberrecht). 2010 kam das erste Samsung Galaxy auf den Markt, die Reihe, die zum Hauptkonkurrenten des iPhones werden sollte und diesem zum Verwechseln ähnlich sah. Apple klagte umgehend gegen das Design. Und Apple klagte HTC – und damit Android wegen der Verletzung von 20 Patenten. Es war dies der Startschuss für eine Dekade an Patentprozessen, bei denen jeder jeden in der Industrie klagte und die Streitwerte in Milliarden beziffert wurden. Andy Rubin, der Android zum überragenden Erfolg führte, verließ 2013 Google. Mit 90 Millionen Dollar auf dem Konto, aber nicht freiwillig, wie sich Ende 2018 herausstellte: Glaubhafte Vorwürfe sexuellen Missbrauchs führten zu seinem Abschied.

Am Erfolg von Android änderten all die Klagen nichts. So wie in den 1980er-Jahren Microsoft mit Windows den Mac kopiert hatte und hunderte Hersteller PCs bauten, für die eine Heerschar von Programmierern Software schrieben, machte sich jetzt Android auf dem Smartphone-Markt breit. Jedoch wiederholte sich die Geschichte nicht: Obwohl der Markt längst von Android zu 75 Prozent dominiert wird, geht der Löwenanteil der aus Smartphones erzielten Gewinne an Apple. Fast 90 Prozent des Nettoertrags landet in Apples Kassen, rechnen Marktbeobachter wie IDC. Bis zum Börsengang der saudischen Ölfirma Saudi Aramco Ende 2020 matchte sich Apple mit Microsoft um den Titel des wertvollsten Unternehmens der Welt mit einem Aktienwert von mehr als einer Milliarde Dollar.

Der Spion in meiner Tasche

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