Читать книгу Venezianischer Dämonenfluch: Gruselroman Großband 3 Romane 10/2021 - Hendrik M. Bekker - Страница 13
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VALERA SEMJEKA VERZOG das Gesicht. „Scheußlich, dieser Cappuccino! Wenn du den jemandem zu trinken gibst und ein Vampir fällt ihn an, stirbt der Vampir an dem Gesöff.“ Bedächtig kippte sie den Inhalt ihrer Tasse in einen Abfallbehälter. Joe sah sie strafend an.
„Vielleicht hättest du etwas Zucker hineintun sollen“, schlug er vor.
Mit grimmiger Miene zeigte ihm Valera die leeren Zuckertüten. „Offenbar hat der Bursche, der dieses Zeug gebraut hat, heute seinen schlechten Tag. Ich dachte immer, es gäbe Dosiermaschinen. Aber hier ist mehr Kaffeesatz drin als im stärksten Espresso! Trinken kann man’s nicht ... Schatz, bist du so lieb und beschaffst mir eine Cola?“
Joe war so lieb.
Plötzlich stutzte er. Er sah einen jungen Mann mit auffälligem Schnurrbart, der aufwärts gezwirbelt und an den Enden eingerollt war. Joe konnte selbst nicht sagen, was es war, das ihm an diesem Mann auffiel. Der Schnurrbärtige schlenderte, die Daumen hinter der Gürtelschnalle verhakt, zwischen den Menschen hin und her und verhielt sich eigentlich völlig normal.
Der Ritter des Nimrod zuckte mit den Schultern.
Die Coladose in der Hand, kehrte er zu Valera zurück. „Siehst du den Mann da? Nein? Weiter links ...“
Aber er war schon in der Menge untergetaucht.
„Schade“, sagte Joe. „Ich hatte gehofft, du könntest mir sagen, was mir an ihm auffiel.“
„Ach. Ich darf jetzt also schon für dich denken, ja?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn. Dann lächelte sie spitzbübisch. „Tief bist du gesunken, Joe ...“
„Im Gegenteil“, widersprach er. „Der Mann von Welt denkt nicht selbst, er lässt denken, ich hoffe, dass ich bei der Auswahl meines Zusatzgehirns Geschmack bewiesen habe.“
Valera lächelte. „Ausnahmsweise, mein Lieber, ausnahmsweise ... Was war mit dem Mann?“
Joe beschrieb ihn ihr. Aber die Hexe zuckte nur mit den Schultern. „Mir unbekannt ... falls du meinst, dass er zu einer Dämonensippe gehört, so bin ich ihm zumindest noch nie begegnet.“
„Wenn ich jetzt wüsste, was mit ihm los ist, hätten wir vielleicht bereits eine Spur“, sagte Joe nachdenklich. Er musterte die Auslagen in einem Schaufenster. Auch hier Murano-Glas und Kristalle: winzige Figürchen, darunter eine ganze Sippschaft daumengroßer Teufel in allen Variationen aus rotem Glas, dicht daneben eine Kolonie Gespenster, die aussahen, als seien sie alle gerade dem Film „Ghostbusters“ entsprungen, und das alles flankiert vom Rosaroten Panther in mindestens fünfzig Größen.
„Sieht direkt dienstlich aus“, murmelte Joe angesichts der Teufelchen und Gespenster.
„Vielleicht können uns ein paar Freunde helfen“, schlug Valera vor.
Joe schüttelte den Kopf. „Darauf können wir uns nicht verlassen, und ich habe auch nicht vor, die ganze Stadt erst einmal nach Freunden und Verbündeten abzusuchen.“
In ihrer Jugendzeit hatte Valera es hier einmal mit einem bösartigen Dämon zu tun gehabt; schon damals war sie das „weiße Schaf“ innerhalb der Hexenfamilie gewesen. Aber darauf, dass ihr jemand helfen würde, den sie von damals kannte, konnten sie nicht vertrauen. Sie mussten allein klarkommen.
Zur Polizei gab es ebenfalls keinen Kontakt. Joe konnte nicht einfach in der Questura aufkreuzen und erklären, er sei der Mann, der das Problem lösen könne. Erstens würde man ihn als Zivilperson, noch dazu als Ausländer, erst einmal auslachen, und zweitens würde man sich fragen, woher er von den Vorfällen wusste; Pressenotizen gab es bis jetzt immer noch nicht. Zudem sah es so aus, als wüsste die Polizei sowieso nicht mehr, als dass es die Toten gab.
Sie konnten sich also zunächst nur auf ihre Kombinations- und Beobachtungsgabe verlassen. Und so maß Joe der Tatsache besondere Bedeutung bei, dass ihm ausgerechnet dieser junge Mann aus einem unerklärlichen Grund besonders aufgefallen war.
„Lass uns hinterhergehen“, sagte er.
Aber sie fanden den Mann nicht wieder.