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Popmusik mit Botschaft:
»Underground«
ОглавлениеGleichzeitig mit dem Free Jazz dringt auch eine neue Popmusik an deutsche Ohren, die das musikalische und inhaltliche Format der Beat-Single sprengt. In »Kill For Peace« singen die New Yorker Fugs um den Beatnik-Poeten Tuli Kupferberg gegen den Vietnamkrieg an, Frank Zappa rüttelt an der bürgerlichen Sexualmoral und propagiert die Revolution. Diese »Underground-Musik« übt eine bislang ungekannte Faszination aus: »Sie ereignet sich innerhalb einer Gesellschaft, die dem Menschen verwehrt, über sich selbst zu verfügen«, schreibt Rolf-Ulrich Kaiser euphorisch. »Untergrund« sei die »direkte Beziehung der Musik zur politischen und sozialen Situation, in der die Gruppe agiert«.
Die gesellschaftskritischen Textbotschaften spiegeln sich in aggressiven Gitarrenriffs und drogenschwangeren Instrumentalteilen wider. Inhalt und Form verschmelzen zu einer Einheit, die den konservativen Vorgaben der Musikindustrie zuwiderhandelt und eine eigene Sprache sucht. Resultat ist eine Musik, wie sie auch vielen deutschen Rockmusikern vorschwebt. »Irgendwann kommt eine Generation und sagt, ›Hoppla, wie lange soll diese Verarschung noch weitergehen‹«, kommentiert Othmar Schreckeneder, Betreiber von Schneeball Records, den raschen Siegeszug der »neuen Popmusik«. »Das war bei uns genau dasselbe. Es gab eine Popmusik, die war so schlimm und verlogen, dass sich niemand mehr mit ihr anfreunden konnte. Plötzlich hörte man aus irgendwelchen Ecken etwas ganz anderes.«
MC5, Blue Cheer, die Doors oder Jimi Hendrix brechen Tabus – und geben ihren deutschen Eleven damit buchstäblich einen Baukasten für eine eigene Popmusik an die Hand. Roman Bunka schwärmt noch heute von den kostbaren Langspielplatten, die mit einem Preis von um die 20 Mark (bei einem Netto-Durchschnittsgehalt von knapp 700 Mark) regelmäßig Löcher in die Haushaltskasse reißen: »In der Rockmusik gab es wichtige Bewegungen: The Greatful Dead, die stundenlang improvisierten, Zappa mit seinen Endlos-Gitarrensoli, Cream – all diese Doppel-LPs mit den endlos langen Sessions.«
Zum eigentlichen Schlüsselerlebnis werden jedoch die Konzerte. Christian Burchard erzählt: »Als Jimi Hendrix noch gar nicht so bekannt war, ist er durch die Clubs getourt und hat dabei auch in München im PN gespielt. Das war etwas ganz Neues, selbst im Vergleich zum Free Jazz. Ganz neue Klänge.«