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b) Gesamterziehung

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Zweite Voraussetzung der Annahme schädlicher Neigungen ist die Erforderlichkeit einer längeren Gesamterziehung. Dabei ist Gesamterziehung als Erziehung in einer Jugendstrafanstalt bzw. einer für den Vollzug von Jugendstrafe vorgesehenen Einrichtung oder (da auch die Vollstreckung der Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen zur Bewährung ausgesetzt werden kann) im Rahmen der Bewährungshilfe zu verstehen. Die schädlichen Neigungen müssen ein solches (besonderes) Ausmaß erreicht haben, dass Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht mehr ausreichen (eindrucksvoll AG Bremen-Blumenthal StV 1994, 600: Weisung, sich in eine betreute Wohngemeinschaft zu begeben). Hinter § 17 Abs. 2 und noch deutlicher hinter § 18 Abs. 2 steht die Vorstellung, dass ein stationärer Erziehungsaufenthalt erfolgversprechend sein kann. Die Realität im Vollzug (vgl. z.B. Dünkel/Geng 2007, S. 143 ff.; DVJJ (Hrsg.), 1990, S. 74 ff. und 356 ff.) beweist jedoch trotz aller Bemühungen des Personals das Gegenteil. Die kriminologischen Negativbefunde sind in der Entscheidung OLG Schleswig NStZ 1985, 475 anschaulich aufbereitet. Die Rückfallbelastung nach einer verbüßten Jugendstrafe bleibt weiterhin extrem hoch. Aktuell werden die nach verbüßter Jugendstrafe Entlassenen zu 77,8 % erneut straffällig und 45 % kehren wieder in den Vollzug zurück (Jehle/Heinz/Sutterer S. 55). Da inzwischen auch der Gesetzgeber des 1. JGGÄndG von den schädlichen Nebenwirkungen der Jugendstrafe für die jugendliche Entwicklung ausgeht, muss diese zweite Voraussetzung zukünftig ebenfalls noch restriktiver interpretiert werden. Freilich soll nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf weniger einschneidende Maßnahmen ausgewichen werden dürfen, wenn diese erkennbar nicht ausreichen, die schädlichen Neigungen zu verringern (OLG Zweibrücken NStZ-RR 1998, 118 bei einem Heranwachsenden, der drei Tage nach der Entlassung aus der Jugendstrafanstalt einschlägig rückfällig geworden ist. Negativen Wirkungen der Jugendstrafe als „ungeeigneter Reaktion“ kann mit den Möglichkeiten der Bewährung begegnet werden).

Jugendgerichtsgesetz

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