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IV. Prozessuale Fragen
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Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO setzt die Erwartung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr voraus, die auf eine einschlägige rechtskräftige Verurteilung zu Freiheitsstrafe gestützt wird. Im Hinblick auf die unterschiedliche Zielrichtung und den unterschiedlichen Vollzug erfüllt eine Jugendstrafe (ebenso wenig wie Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel) diese Voraussetzung nach Ansicht von Eisenberg § 17 Rn. 36 unter Hinweis auf Nr. 1 S. 2 RiJGG zu § 17 JGG nicht. Die wohl h.M. sieht das anders; OLG Braunschweig StV 2009, 84; KK-Graf StPO, Rn. 21 m.w.N. Bei zu erwartender Jugendstrafe von mehr als einem Jahr darf eine rechtskräftig verhängte, aber nach § 31 Abs. 2 einzubeziehende Jugendstrafe nicht berücksichtigt werden (LG Itzehoe StV 2007, 84; HK-StPO-Lemke § 112a Rn. 10).
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Wird die Verhängung von Jugendstrafe sowohl mit schädlichen Neigungen als auch mit Schwere der Schuld begründet und erweist sich eine von beiden Annahmen im Rechtsmittelverfahren als fehlerhaft, so ist der Strafausspruch insgesamt aufzuheben, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Fehler sich zum Nachteil des Angeklagten auf die Höhe der erkannten Jugendstrafe ausgewirkt hat (BGH NStZ-RR 2007, 78; VRS 107, 39; BGH Beschl. v. 21.4.2005 – 3 StR 112/05; BGH StV 1998, 331; BGHSt 16, 262). BGH Urt. v. 14.12.1993 – 1 StR 656/93 – NStZ 1994, 529 [Böhm] stellt einen Ausnahmefall dar (ebenso wie BGH Urt. v. 25.11.1998 – 3 StR 456/98 – vgl. § 17 Rn. 23). Nach BGH NStZ 2010, 56, ist § 354 Abs. 1a StPO auch bei der Prüfung der Angemessenheit der Jugendstrafe anzuwenden, aber dabei ist wegen der Besonderheiten jugendstrafrechtlicher Sanktionierung „eine gewisse Zurückhaltung des Revisionsgerichts geboten“. Zulässiges Verteidigungshandeln (Leugnen, kein Bedauern gegenüber dem Opfer) darf der Schwere der Schuld nicht zu Grunde gelegt werden, BGH NStZ 2010, 88.
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Zum Verfahren der Beseitigung des Strafmakels nach Jugendstrafe vgl. §§ 97, 101.