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b) Schuldüberschreitungsverbot

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Aus der Tatsache, dass Strafrahmen und Strafänderungsgründe des allgemeinen Strafrechts nicht gelten, hat der BGH die Zulässigkeit einer achtjährigen Jugendstrafe in einem Fall hergeleitet, in dem ein Heranwachsender einen Totschlag unter den Voraussetzungen des § 213 StGB begangen hatte (zulässige Höchststrafe fünf Jahre) (BGH MDR 1955, 372; vgl. auch BGH StV 1982, 27). Diese Entscheidung ist falsch und dürfte inzwischen auch überholt sein. Es gibt zwar keine Bindung der Jugendstrafe an die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts, und die allgemeinen Zumessungskriterien sind auch keine Leitlinien, doch muss wegen der gesetzgeberischen Gewichtung des Tatunrechts eine Beziehung zu den Strafdrohungen des allgemeinen Strafrechts hergestellt werden (Schaffstein/Beulke/Swoboda S. 180 f.). Mit einer vergleichbaren Begründung hat der BGH eine Jugendstrafe von sechs Jahren wegen Totschlags i.S. von § 213 StGB aufgehoben (BGHR JGG § 18 Abs. 1 S. 3 minder schwerer Fall 2). Verhängt der Tatrichter eine verhältnismäßig hohe Jugendstrafe, so muss das Urteil erkennen lassen, dass er in seine Prüfung das Vorhandensein aller im Sinne des § 267 Abs. 3 StPO bestimmenden strafmildernden Umstände einbezogen hat, BGH StV 1993, 531; vgl. auch BGH StV 1996, 269 = DVJJ-J 1996, 300. Begrenzungen ergeben sich aus einer verfassungskonformen Auslegung von § 18 Abs. 2 gleich unter zwei Verfassungsgesichtspunkten. Das Schuldprinzip ist verfassungsrechtlich als Grundrecht anzusehen (BVerfGE 20, 329 f.; Loos 1990, S. 89 f.). Damit gilt auch im Jugendstrafrecht das verfassungsrechtliche Schuldüberschreitungsverbot (grundlegend Miehe 1964, S. 118 ff.). Auch bei einem besonderen Erziehungsbedürfnis darf deswegen die obere Grenze der schuldangemessenen Strafe nicht überschritten werden (BGH StV 1998, 334; NStZ 1990, 389 = StV 1990, 505 = DVJJ-J 1991, 167; BGH NStZ 1986, 71; BVerfGE 50, 214 f.). Trotz ihrer nur mittelbaren Bedeutung begrenzen die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts einschließlich ihrer Änderungen die Jugendstrafe nach oben.

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Eine Parallelwertung zwischen allgemeinem und Jugendstrafrecht ist auch unter dem verfassungsrechtlichen Verbot der Benachteiligung junger Menschen gegenüber Erwachsenen in vergleichbarer Verfahrenslage geboten (Albrecht S. 255; Eisenberg § 18 Rn. 11; Nothacker ZfJ 1985, 337; Ostendorf § 18 Rn. 5; Streng GA 1984, 149, 163f.). Problematisch ist aber, wann eine Benachteiligung gegeben ist. Miehe schätzt Jugendstrafe erheblich milder als Freiheitsstrafe ein und legt einen Maßstab von 2 zu 3 zu Grunde (Miehe 1964, S. 122). Eine Jugendstrafe von sechs Monaten würde einer schuldangemessenen Freiheitsstrafe von vier Monaten entsprechen. Maßgebend ist jedoch der Verlust an persönlicher Freiheit, so dass Jugend- und Freiheitsstrafe insoweit gleichzusetzen sind. Im Beispielsfall dürfte dann im Hinblick auf das Mindestmaß überhaupt keine Jugendstrafe verhängt werden.

Jugendgerichtsgesetz

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