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c) Negative Prognose

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Als dritte Voraussetzung verlangt die Rechtsprechung die Befürchtung, dass weitere Straftaten begangen werden (BGH NStZ 1988, 498; BGHSt 16, 261). Erforderlich ist also eine negative Kriminalprognose i.S. einer persönlichkeitsspezifischen Rückfallgefahr. Angesichts der Probleme der Prognoseforschung (vgl. Meier Kriminologie, § 7; Boetticher u.a. 2006, S. 537 ff.: Mindestanforderungen für Prognosegutachten, mit krit. Anm. und Ergänzungen Bock StV 2007, 269 ff.) ist diese Gefahr nur schwer einzuschätzen, wobei Vorurteile zu vermeiden sind. Da diese persönlichkeitsspezifische Rückfallgefahr gleichzeitig in Beziehung gesetzt werden muss zu den Möglichkeiten des Jugendvollzugs, hat hier „ein weiteres Stück Entideologisierung des Begriffs der schädlichen Neigungen“ zu erfolgen (Kaiser 1982, S. 106). Ein längerer Zeitraum ohne erneute Straftaten ist sowohl für die Frage der schädlichen Neigungen als auch für die Prognose von Bedeutung, BGH NStZ-RR 2015, 155 u. 323. Außerdem muss eine Rückfallgefahr für erhebliche Straftaten bestehen (OLG Hamm StV 2001, 177 und NStZ-RR 1999, 377; LG Gera DVJJ-J 1998, 282), weil sich durch das 1. JGGÄndG das gesamte Sanktionsspektrum zu den alternativen ambulanten Möglichkeiten hin verschoben hat. Die häufig anzutreffende Formulierung „nicht unerhebliche Straftaten“ entspricht nicht mehr dem neuesten Gesetzesstand. Eine Begründung, der Angeklagte sei in der Vergangenheit immer wieder und „auch erheblich“ in Erscheinung getreten, genügt ohne Darstellung der Vorverurteilungen nicht für die Annahme schädlicher Neigungen, BGH NStZ 2010, 281. Leerformeln wie „hohe kriminelle Energie“ oder „Intensivtäter“ können eine exakte Subsumtion nicht ersetzen. Die Argumentation, dass der Angeklagte in wenigen Monaten über 50 Straftaten begangen habe und deswegen eine Jugendstrafe sowohl wegen schädlicher Neigungen als auch aufgrund der Schwere der Schuld zu verhängen und auch unter dem Aspekt des „gerechten Schuldausgleichs“ lang zu bemessen sei (so LG Berlin Urt. v. 27.9.2007 – 524–27/07), wird dem Erziehungsgedanken nicht gerecht.

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